lunes, 28 de noviembre de 2011

Gold

Gold

  Ein Diskussionsbeitrag


Drei Meldungen, die erst mal nichts miteinander zu tun haben:

1) Die Raiffeisenbank in meinem Allgäuer Heimatdorf verkauft ihren Kunden normalerweise  solide Sparbriefe und finanziert die lokalen Betriebe oder den beliebten Häuslesbau. Gross war mein Erstaunen, als  der Bankangestellte bei meinem letzten Besuch einen  Prospekt hervorzog und meinte, da gäbe es auch noch sichere Anlagen in Minenprojekten in fernen Ländern….

2) Meldung in der peruanischen Wirtschaftszeitung “Gestion” vom 28. November 2011: Die USA  hat ihre Platz als zweites Hauptexportland für peruanische Produkte eingebüsst.  Die meisten peruanischen Ausfuhren gehen weiterhin nach China. Den zweiten Platz hat die kleine Schweiz den USA abgerungen.

3) Seit einer Woche tobt in Peru eine heftige Auseinandersetzung ob der Umweltgenehmigung für das geplante Grossabbauprojekt “Conga” in der nordperuanischen Provinz Cajamarca. Teile der lokalen Bevölkerung wehren sich mit Strassenprotesten und Blockaden gegen das Projekt. Für die seit Juli amtierende Regierung Humala steht die Entscheidung an, ob sie sich auf Seiten der Protestierenden stellen – die ursprünglichen Wähler Humalas – oder das Grossprojekt, das von der Vorgängerregierung genehmigt wurde, durchziehen werden.



Goldamalgam aus illegaler Goldproduktion in Nordperu

Was haben alle drei Meldungen gemein ? Es geht um´s Gold.  Ob der aktuelle Goldboom für Länder wie Peru eine Riesenchance oder ein Riesendesaster ist, hängt davon ab, wie sehr der peruanische Staat die Macht hat, regulierend einzugreifen, und die Umweltschäden auf ein Minimum zu reduzieren und andererseits die Gewinne fürs Allgemeinwohl zu maximieren.  Angesichts der dramatischen Meldungen über die Umweltschädes des Goldabbaus weltweit möchte ich hier das Augenmerk mal auf die Nachfrageseite richten:

- InPeru und anderswo ist das Goldfieber ausgebrochen, weil die Leute in Europa wie verrückt Gold kaufen wollen.  Die Antwort darauf, warum die kleine Schweiz die USA als zweites Exportland in Peru abgelöst hat, sind die Goldexporte in die Schweiz. Die bleiben nicht unbedingt in Schweizer Tresoren sondern werden von dort über ganz Europa verteilt. Wer kauft Gold  ? Schliesslich sind solide Mitteleuropäer wie die Deutschen keine Inder, die ihren Reichtum gerne mit goldbehängten Ehefrauen zur Schau stellen.  Nein, das Gold  ist die Sicherheits-Reserve für den deutschen Sparer, den kleinen wie den grossen, der angesichts der Euro-Krise meint, mit Gold seine Ersparnisse sichern zu können. Jeder, der heute Gold kauft oder Anteile an Goldminen oder Aktien in einem Anlagenfonds hat, der auch in Gold investiert, trägt dazu bei, dass in Ländern wie Peru das Goldfieber ausbricht – mit allen Vor- und Nachteilen.

- Nachdem ich zig Goldminen in Peru besucht habe, illegale wie legale, ein-quadratmeter-grosse Schächte wie kilometerlange Tagebauten, fairtraide-zertifizierte wie übel beleumdete, kann ich vor allem eines sagen: ökologisch unbedenkliches Gold ist ein Widerspruch in sich. Ich zumindest habe keines gefunden. Ohne Quecksilber oder Zyanid ist keine Goldproduktion möglich, alternative Technologien stecken in den Babyschuhen. Man kann die Beeinträchtigungen für die Umwelt mittels gewisser Technologien reduzieren und kontrollieren, aber nicht umweltneutral produzieren.  “Öko-Gold” ist so unsinnig wie ein “Öko-Auto”.
( Die einzige Ausnahme dürfte Recycling-Gold sein ).  Das muss jeder wissen, der – in welcher Form auch immer – Gold kauft.

Nicht immer sind die grossen multinationalen Unternehmen die grössten Umweltschänder. Sie haben die Mittel, neueste Technologien einzusetzen und haben das Risiko des Imageverlustes, wenn sie hier Pfusch betreiben. Andererseits stellen die Bergbauvorhaben der Multis schon aufgrund ihrer Grösse einen enormen Eingriff in ein komplexes Öko-System und die Langzeitfolgen sind, mangels Erfahrungswerten, nicht abzuschätzen. Wichtig wäre hier, dass der zuständige Staat im Vorfeld  mögliche Langzeitschäden in Rechnung stellt und unabhängige und umfassende Umweltgutachten für die Bewertung als Grundlage nimmt.

- Illegal oder informell hergestelltes Gold zerstört nicht nur die Umwelt in grossem Masse und bringt dem peruanischen Staat keine Steuer-Einnahmen. Es bringt auch – ähnlich wie das Koka-Geschäft – Zwist, kriminelle Strukturen und grosse Ungleichheiten in traditionelle Dorfgemeinschaften. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen, ob  die Bewohner eines Dorfes angesichts der hohen Gewinne im Goldabbau nun nach Gold schürfen statt Ziegen hüten sollen, ziehen sich mitten durch die Dörfer hindurch.

- Ist ein Kompromiss zwischen den Einnahmen aus der Goldproduktion und dem Verlust an Umweltqualität möglich ? Der peruanische Präsident Ollanta Humala sagt ja, er wolle “Wasser und Gold”. Leider haben diesen Spruch vor ihm schon die grossen Bergbaufirmen im Munde geführt, die sich mit ihrem einseitigen Gewinnstreben das Vertrauen der lokalen Bevölkerung verscherzt haben. Die Gegner des Bergbaus interpretieren Humalas Worte deswegen als Zugeständnis an die Unternehmerseite. Dennoch möchte ich glauben, dass ein solcher Kompromiss möglich ist. Die Polarisierung zwischen einerseits Modernisierung durch Einnahmen aus der Goldproduktion und intakter Natur anderseits führt ins Abseits. Aus einem ganz einfachen Grund: gerade Länder wie die Schweiz oder Deutschland sind das beste Beispiel dafür, dass man Industrie und Modernisierung mit Schutz der Umwelt in Ausgleich bringen kann. Billig ist das nicht, okay. Aber:  warum sollen nur die Schweizer oder Deutschen einerseits Strom, fliessendes Wasser, eine Strasse und eine Schule im Dorf haben und gleichzeitig den Wald vor ihrer Haustüre?


Ich habe das Angebot des Bankangestellten meiner Raiffeisenbank, in Gold zu “machen”,  übrigens ausgeschlagen.  Wenn jemand jedoch partout nicht vom Gold lassen möchte, weil er oder sie es als beste Sicherheit für die eigenen Ersparnisse ansieht, würde ich um folgende Informationen bitten:

- Gold- oder Goldaktien mit Herkunftssiegel, am besten ein Fairtrade-Siegel: dies bedeutet, dass das Gold von  legalisierten Kleinbergleuten gefördert wird, die die staatlichen Umweltauflagen  und Arbeitssicherheitsauflagen einhalten und die Steuern zahlen. Das alles tun grosse Unternehmen auch, aber warum sollen nicht gerade die Kleinschürfer vom Goldboom profitieren ? Eine Umweltabsolution ist mit dem Fairtrade-Siegel aber nicht verbunden!

- Die rechtlich bindende  Zusicherung, dass kein informell gefördertes Gold in meinen Gold-Aktien, -münzen oder -barren enthalten ist.

Ich nehme an, dass ich mit diesen beiden Fragen nicht nur meinen Bankberater ins Schwitzen bringen würde!

lunes, 21 de noviembre de 2011

Ein gutes Leben, nicht ein besseres

Der Riss geht mitten durch Länder, Regierungen, Indigena-Gemeinschaften: bedeutet gutes, erstrebenswertes Leben, eine bessere Strasse zu haben und dafür Wald zu opfern ? Oder bedeutet gutes Leben den Wald zu erhalten und dafür einen Umweg in Kauf zu nehmen? In Bolivien ist die Frage zuerst mal zugunsten des Waldes entschieden. Staatspräsident Evo Morales musste aufgrund der Proteste den geplanten Bau der Strasse durch den Nationalpark Tipnis absagen.
Eine aus ihrer Spur geratene Moderne hat die westliche Zivilisation an ihre Grenzen geführt, sagt Josef Estermann, ein in Bolivien lebender Schweizer Philosoph. Er sieht in der andinen Philosophie, der „Pachasofia“, eine Korrektur zur übermächtigen westlichen Denkart. Der Mensch ist in der Kosmovision der andinen Völker nicht als Individuum, sondern nur in Beziehung zu anderen und zur Natur zu denken. Das andine „Buen Vivir“ hat als eigener Massstab für Entwicklung Einzug in die Verfassungen von Bolivien und Ecuador gehalten. In der Praxis stehen sich aber auch in Bolivien moderne und indigene Vorstellungen des „Guten Lebens“ gegenüber, wie das Beispiel des Tipnis-Nationalparks zeigt.
Wenn Vicente Alanoca vom „Guten Leben“ spricht, leuchten seine Augen. Er erzählt davon, wie in seinem Dorf am Titicaca-See alle Bewohner bei gemeinsamen Arbeiten oder Feiern mitmachen, niemand aussen vor bleibt. Wie auch noch die kleinste Kartoffel wertgeschätzt wird, denn „sie weint, wenn Du sie wegschmeisst“. Wie ihm als kleinen Jungen behutsam beigebracht wurde, die Natur, die Mutter Erde, zu schützen. Vicente Alanoca ist Ethnologe und selber Aymara. Er ist Bürgermeister in dem Dorf, in dem er geboren wurde. Das Gute Leben, das „Sumaq Jakanha“, wie es in Aymara heisst, hat aber auch mit dem Aufrechten Gang, mit einem Leben in Würde zu tun. Diese Würde wurde wurde den Indigenas 500 Jahre lang genommen, die Erinnerung daran ist noch sehr lebendig.
Werteentwicklung in den Großstädten
Taugen die andinen Vorschläge des „Guten Lebens“, die ihren Sitz im Landleben der Anden haben, auch für die Stadt ? Oder ist es etwa eine Romantisierung des ländlichen Lebens derer, die das Landleben geniessen, weil sie nach ein paar Tagen wieder in die Annehmlichkeiten der modernen Stadt zurückkehren ?
José Carlos Silva lebt in der Millionenstadt Lima. Der Volkswirt von der Universidad Ruiz de Montoya erntet keine Kartoffeln, hat aber sehr wohl eine Vorstellung, wie man in Lima gut lebt. Zum Beispiel, in dem er seine Wege mit dem Fahrrad zurücklegt. Oder indem er mit anderen in einer Wohngemeinschaft leben und damit Raum spart und Beziehungen lebt. Im wachstumsverrückten Peru schwimmt José Carlos Silva damit gegen den Strom, noch. „ Wir haben nicht nur materielle Bedürfnisse, sondern auch immaterielle Bedürfnisse, wie Zuneigung, Geselligkeit, Spiritualität, Musse – all das wird vom Markt nicht gedeckt“ , sagt der Ökonom.
In Peru macht sich die Auseinandersetzung zwischen den Entwicklungsmodellen vor allem am Gold fest. Mehr als die Hälfte der steigenden Staatseinnahmen kommen aus dem Goldexport. Präsident Humala will damit sein ehrgeiziges Sozialprogramm finanzieren. Der Preis dafür sind verschandelte Landschaften, tote Flüsse, zerstrittene Dorfgemeinschaften. Viele betroffene Dorfgemeinschaften protestieren deswegen gegen den Goldabbau. „Wir wollen beides, Gold und Wasser“, sagte Präsident Ollanta Humala dazu im peruanischen Fernsehen. „Und dass ein technologisch sauberer Bergbau möglich sei“.
Ressource Wasser
Vicente Alanoca, José Carlos Silva und Josef Estermann, alle drei Referenten bei einer Veranstaltung der Universität Ruiz de Montoya in Lima, stimmen überein, dass dies eine Illusion sein könnte. „An Mangel an Gold ist noch niemand gestorben“, sagt Vicente Alanoca, „wohl aber daran, dass es kein Wasser mehr gab“. José Carlos Silva hat einen viel radikaleren Vorschlag: anstatt das Gold in umweltschädigenden Verfahren aus der Erde zu holen, damit es letztlich wieder in einem Banktresor in der Schweiz landet, könnte man es in der Erde lassen, und die Investoren könnten eine Aktie des Fundortes kaufen. „Der Berg ist ein viel sicherer Ort für Gold als jeder Tresor“.
( Quelle: www.blickpunkt-lateinamerika.de)

sábado, 5 de noviembre de 2011

Kein Gold ohne Einwilligung der Indianer

Neues Mitspracherecht für Indigene in Peru wird zum Zankapfel

Von Hildegard Willer (KNA)
Lima (KNA) "Bist Du ein Indigena", oder gar: "bist Du ein Indio?" Wer diese Frage einem Peruaner stellt, wird sehr wahrscheinlich ein empörtes "Nein" zur Antwort bekommen. Nur in der Touristikwerbung werden Peruaner als bezopfte, barfüßige Lamatreiber dargestellt, als stolze Nachfahren der Inka. Die Realität ist eine andere: Zwar gibt es kaum einen Peruaner, der nicht auch indigene Vorfahren hat; aber stolz darauf durfte er bislang nicht sein. Das könnte sich jedoch bald ändern.
Künftig muss der peruanische Staat die indigenen Völker befragen, bevor er auf ihrem Gebiet ein Projekt umsetzen will. Das Gesetz zur Konsultation hat der frisch amtierende Präsident Ollanta Humala Anfang September verkündet. Das Ziel: den sozialen Frieden im Land wiederherzustellen. Denn bislang werden indigene Dorfgemeinschaften in den Anden und im Amazonasgebiet vor vollendete Tatsachen gestellt, wenn ihr Terrain für ein Bergwerk, eine Erdölbohrung oder ein Wasserkraftwerk genutzt wurde. Das eigenmächtige Vorgehen der Regierungsbeamten aus der Hauptstadt Lima im Verbund mit privaten Investoren führte zu mehr als 200 teils gewaltsamen Protesten im ganzen Land.
Kein Wunder, dass bei den Umsetzungsbestimmungen des neuen Gesetzes jeder ein Wörtchen mitreden möchte: die Indigenas ebenso wie die Unternehmen oder die verschiedenen Ministerien. Betraut mit der Ausarbeitung wurde eine auch in Deutschland bekannte Peruanerin: die afroperuanische Sängerin und neue Kulturministerin Susana Baca. In ihrem Ministerium sind die Indigena-Behörde INDEPA wie auch das Staatssekretariat für interkulturelle Angelegenheiten angesiedelt. Deren Leitern, die mit der Erarbeitung der Ausführungsbestimmungen beauftragt waren, hat Baca vor einer Woche kurzerhand den Laufpass gegeben.
Die Gründe dafür sind vielfältig; die Maßnahme zeigt aber, wie sensibel das Thema in der peruanischen Öffentlichkeit ist, noch bevor das Gesetz überhaupt in Anwendung kommt. "Das Wichtigste ist, dass wir in Peru eine starke Indigena-Behörde schaffen", kommentiert Rocio Silva-Santisteben vom Dachverband der peruanischen Menschenrechtsgruppen. Diese setzen sich seit Jahren für die Rechte der Indigenas gegenüber den Bergbau- und Erdölfirmen ein - und feiern das neue Gesetz als eine wichtige Errungenschaft.
Eine der ersten Aufgaben wird sein, überhaupt ein Verzeichnis der Indigenas in Peru zu erstellen. Bislang gibt es etwas Ähnliches nicht. Denn vor 40 Jahren schaffte eine linke Militärregierung die Kategorie "Indigena" kurzerhand ab und erklärte alle Landbewohner zu sozialistischen Bauern.
Dabei sind die "Bauern" oder "Indigenas" in Peru äußerst vielfältig. Von rund 15 nicht kontaktierten Indigena-Völkern im Amazonas bis zu den Nachfahren der Ureinwohner im Norden Perus, die ihre ursprüngliche Sprache und viele Sitten längst verloren haben, reicht die ganze Bandbreite peruanischer "Indigenas", die mit dem neuen Gesetz ein wichtiges Machtinstrument in die Hand bekommen. Nicht nur die Indigenas, sondern auch Privatinvestoren warten ungeduldig darauf, wie es nun umgesetzt wird. Am 10. Januar will der neue Staatssekretär für interkulturelle Angelegenheiten die Umsetzungsbestimmungen vorlegen.
In Peru boomt die Wirtschaft - dank der Rohstoffexporte. Peru gehört zu den großen Goldförderländern und ist attraktiv für Investoren, denen Europa oder die USA inzwischen zuwenig Rendite bieten. 42 Milliarden US-Dollar internationales Kapital warteten darauf, so die peruanische Tageszeitung "La Republica", sich in einer peruanischen Gold- oder Kupfermine wundersam zu vermehren.
Die Indigenas, bislang Bürger zweiter oder dritter Klasse, haben es nun in der Hand, diese Investitionen wenn nicht zu kippen, so doch zumindest zu verzögern. Schon möglich, dass in einigen Monaten mehr Peruaner als bisher auf die Frage, ob sie Indigenas seien, mit einem stolzen "Ja" antworten.

martes, 25 de octubre de 2011

Susana Baca als Kulturministerin

Madame Inklusion

Von Hildegard Willer (KNA)
Lima (KNA) Das Schlagwort von der "Inklusion" macht in Peru die Runde, seit der Linksnationalist Ollanta Humala Präsident ist. Die gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Einbeziehung bisher ausgegrenzter Bevölkerungsschichten soll ein Schwerpunkt seiner Regierung werden. Die Sängerin Susana Baca will ihm dabei helfen. Denn die Diskriminierung als schwarze Peruanerin hat die 67-Jährige am eigenen Leibe erlebt. "Kein Kind soll jemals wieder in Peru mit diesen Erfahrungen aufwachsen müssen", meint sie.
"Du bist die Inklusion in Person, du musst zusagen", habe der Präsident zu ihr gesagt - und Susana Baca sagte Ja. Seit Juli ist sie nun Kulturministerin ihres Landes. Die elegante Frau mit dem kurzen schwarzen Kraushaar ist damit die erste schwarze Ministerin Perus. Das ist für das immer noch von kolonialen und rassistischen Mentalitäten geprägte Andenland eine kleine Sensation.
Dabei ist Susana Baca die wohl bekannteste peruanische Sängerin der Gegenwart. Ihre Neukreationen traditioneller afro-peruanischer Rhythmen und Melodien haben ihr zu einem festen Platz in der Weltmusik-Szene verholfen; sie ist gern gesehener Konzertgast auch auf europäischen Bühnen. Das wurde ihr zu Beginn ihrer Amtszeit als Kultusministerin fast zum Verhängnis.
Obwohl sie das Amt unter der Bedingung antrat, ihre für Herbst zugesagten Konzertengagements im Ausland erfüllen zu können, nahm ihr die peruanische Öffentlichkeit ihre Abwesenheit übel. Die Opposition bemängelte über die Medien, Susana singe, statt ihre Arbeit zu machen. Ihre für November geplante Tournee hat sie nun abgesagt. Sie werde sich ab jetzt voll auf ihre Arbeit als Ministerin konzentrieren.
Und damit hat sie alle Hände voll zu tun. Das Ministerium ist erst ein Jahr alt und muss noch noch um Anerkennung und Budget kämpfen. So gehört zu Bacas neuen Aufgaben der Schutz von Ausgrabungsstätten. "Ganz Peru ist voll von prähispanischen Heiligtümern. Das ist unser Gedächtnis", begeistert sich die Neupolitikerin. Allzuoft sind die Denkmäler bereits von Grabräubern besucht worden, bevor sich der peruanische Staat um die Stätten kümmert. Eine weit heiklere Aufgabe steht ihr mit der Umsetzung des neuen Gesetzes zur Konsultation indigener Völker ins Haus.
Bacas Staatssekretariat für Interkulturalität soll den Dialogprozess zwischen Regierung und Investoren einerseits und indigenen Gemeinschaften andererseits führen. Im August hat der peuranische Kongress ein Gesetz verabschiedet, das die Regierung zwingt, die indigenen Völker vor der Durchführung von Projekten auf ihrem Territorium zu konsultieren. Damit soll den mehr als 200 sozialen Konflikten die Spitze genommen werden. Was denn vorgesehen sei, wenn sich die Indigenen und die Regierung nicht einigen könne? "Sie müssen sich einigen, es geht gar nichts anders", ruft Baca emphatisch. "Wir brauchen Wirtschaftswachstum, um die Armut bekämpfen zu können."
Im Januar will eine Komission aus mehreren Ministerien die Umsetzungsverordnung vorlegen. Darauf warten viele indigene Gemeinschaften im Amazonasgebiet und in den Anden, die erfahren, dass auf ihrem Land Gold, Kupfer oder Erdöl gefördert werden oder ein Wasserkraftwerk oder eine Straße gebaut werden soll.
Susana Bacas später Wechsel in die Politik hat ihr Leben umgekrempelt. "Vorher habe ich viermal in der Woche mit meinen Musikern geprobt", erzählt die Ministerin. Nun wird sie morgens vom Chauffeur abgeholt und arbeitet im achten Stock des bunkerartigen Nationalmuseums, einem architektonischen Erbe des Kalten Krieges. Etwas verloren wirkt die kleine Frau dort, umgeben von sechs Telefonen und mit der Aussicht auf die Skyline von Lima. Obwohl sie sich ganz ihrer neuen Aufgabe widmet, wie die Ministerin betont, werde die Musik ihr Leben bleiben. "Zwei Stunden pro Woche möchte ich mir irgendwie fürs Üben abzwacken. Das darf ich doch noch als Ministerin, oder?"
(Quelle: KNA)

miércoles, 19 de octubre de 2011

Mutige Fahrradfahrer im Verkehrsdschungel Limas

Verkehrsschild zur gegenseitiger Vorsicht in Lima / Carlos Caicedo, Flickr
Noch werden sie wie seltsame und unerwünschte Verkehrsteilnehmer betrachtet. Doch langsam wächst in Lima die Gruppe der Fahrradfahrer. Schließlich bietet die peruanische Hauptstadt gute Bedingungen dafür – gäbe es nicht die vielen Autos.
„Mir sagte ein Polizist, ich dürfe hier nicht Fahrradfahren auf der Straße, weil es keinen Fahrradweg gibt“, sagt José, ein rund 25-jähriger großgewachsener Mann. „Ich solle dafür ins Nachbarviertel Miraflores gehen“. Dubert Diaz, ein Biologie-Lehrer weiß von ähnlichem Unverständnis zu erzählen, wenn man in der peruanischen Hauptstadt mit dem Fahrrad unterwegs ist. Er machte einen Ausflug mit seiner Schulklasse zum etwas außerhalb von Lima gelegenen Heiligtum von Pachacamac. Die Schüler durften zwar die Inka-Stätte besuchen, ihre Fahrräder mussten sie allerdings draußen parken, obwohl der Auto-Parkplatz fast leer war.
Von Autofahrern abschirmen
Jeder, der in der peruanischen Hauptstadt mit dem Fahrrad unterwegs ist, kann von solchen Erlebnissen berichten. José, Dubert und acht weitere Vertreter der und 50 Fahrrad-Gruppen in Lima sind zum Treffen der Fahrrad-Aktivisten gekommen. Sie wollen eine Protestfahrt organisieren und der Oberbürgermeisterin ein Manifest überreichen. Zehn Leute sind nicht viel, aber vor fünf Jahren gab es in Lima noch gar keine Gruppen. Erst in jüngster Zeit bilden sich immer mehr Gruppen von Fahrradfahrern in Lima. Die meisten haben entweder sportliche Ambitionen, wie Dubert, der gerne mal mit dem Fahrrad an einem Wochenende 3.000 Höhenmeter überwindet. Oder sie benutzen das Fahrrad zum Freizeitvergnügen, organisieren gemeinsame Ausflüge. Bei denen fahren dann, wie bei einem Schulausflug, Lotsen mit, die die Fahrradfahrer vor den Autofahrern abschirmen.
Ideale Stadt zum Fahrradfahren
Die wenigsten sehen im Fahrrad ein alltägliches Verkehrsmittel ist, mit dem man in der Stadt einfach von A nach B gelangen kann. Dabei wäre Lima die ideale Stadt für Fahrradfahrer: Es regnet nie, die Stadt ist eben, der Wind vom nahen Pazifik hält sich in Grenzen, und die Temperaturen sind auch eher gemäßigt.
Carlos Caballero ist einer der wenigen Limenhos, die jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. 30 Kilometer legt er dabei jeden Tag zurück. Der größte Feind beim täglichen Fahrradfahren sind dabei die Autofahrer. „Mir haben sie schon alles mögliche gesagt, dass ich verrückt sei, dass ich zum Radfahren in den Park gehen soll, dass ich auf dem Gehweg fahren soll“. Der 42-jährige Softwareentwickler ist dennoch von den Vorteilen des Fahrrads als alltägliches Verkehrsmittel überzeugt.
Auf einer Website (www.cicloviasdelima.org) hat er die 125 Kilometer vorhandenen Fahrradwege in Lima aufgezeigt, und kämpft dafür, dass es mehr werden. 125 Kilometer sind viel zu wenig für eine Acht-Millionen-Stadt, in der sich im Zuge des Rohstoffbooms immer mehr Autos die Straße streitig machen.
Oberbürgermeisterin als Verbündete
Eine Verbündete haben die Fahrradaktivisten in der neuen Oberbürgermeisterin Susana Villarán. Die hat kurzerhand eine Hauptverkehrsstraße jeden Sonntagvormittag sperren lassen für den Autoverkehr, damit die Radler ungestört fahren können. Vorbild sind für Susana Villarán dabei Bogotá oder México D.F. , in denen das Fahrradfahren seit Jahren auch von offizieller Seite gefördert wird.
Die Hauptgefahr für Fahrradfahrer in Lima geht allerdings von den Autofahrern aus. Auf Limas Straßen gilt das Recht des Stärkeren, und stärker fühlt sich derjenige, der in einem möglichst großen Auto sitzt. Fahrradfahrer erhalten keinen Schutz von Seiten der Polizei, sie gelten immer noch als „seltene Vögel“ im Verkehrsdschungel von Lima.
Konkret heißt dies: Fahrradfahren in Lima ist lebensgefährlich. Dennoch gewinnt das gesunde und billige Verkehrsmittel gerade bei Jugendlichen der wachsenden Mittelschicht Limas an Attraktivität. Sehr zum Leidwesen ihrer Eltern , die – zurecht – um das Leben ihrer radfahrenden Kinder fürchten. Bis es soweit ist, dass die kleinen Peruaner mit dem Fahrrad in die Schule oder Uni fahren, werden noch einige Jahre ins Land gehen.
(publiziert in: www.blickpunkt-lateinamerika.de)

lunes, 17 de octubre de 2011

Kaffee mit Siegel

Kaffeebauer in Peru / Martin Steffen, Adveniat
Peruaner selbst trinken wenig davon, doch die Deutschen lieben peruanischen Kaffee. Am liebsten fair gehandelt. Über die zukünftigen Bedingungen des Fairen Handels diskutieren die Kaffeeproduzenten heftig.
Wenn man in einem traditionellen peruanischen Lokal eine Tasse Kaffee bestellt, so bekommt man entweder eine Art Parfümfläschchen mit einer dicken, kalten schwarzen Brühe vorgesetzt, die sogenannte Kaffee-Essenz, die man in aller Frühe aufgießt und die danach zu jeder Tageszeit mit heißem Wasser verdünnt werden kann. Oder aber es liegt ein Tütchen Instant-Kaffee von einer der weltweit bekannten Firmen auf der Untertasse. Nicht einmal ein Pfund Kaffee konsumiert ein Peruaner pro Jahr, und davon den größten Teil als Instant-Café. Ein Deutscher dagegen verbraucht pro Jahr elf Kilo Bohnenkaffee .
Auch wenn die Peruaner ihren Kaffee( noch) verschmähen – er ist inzwischen ihr wichtigstes Agrar-Exportprodukt, und Deutschland das wichtigste Exportland für peruanischen Kaffee. 35 Prozent aller peruanischen Kaffeeexporte enden in einer deutschen Tasse.
Für jeden Geschmack etwas
Peru ist vor allem für seinen organisch angebauten Kaffee bekannt, sagt Julián Aucca von der Kaffee-Kooperative „La Divisoria“ während der landesweiten Kaffee-Ausstellung „Expocafe Peru“, die im Oktober in Lima stattfand. Der Kaffeebauer ist auch gelernter Kaffee-Verkoster und erzählt, warum Peru mit seinen 35 Klimazonen besonders geeignet ist für den Kaffeeanbau am Ostabhang der Anden.
Peru ist führend bei der Produktion von Spezialkaffees, und davon gibt es jede Menge. Bei kaum einem Produkt herrscht ein solcher Wirrwarr an Labeln und Siegeln wie beim Kaffee. Organisch produzierter Kaffee ist nur ein Siegel unter vielen. Da gibt es das vogelfreundliche „birdwatch“ –Siegel, das Rainforest-Abzeichen für Kaffeeanbau, der den Regenwald schützt, dann die verschiedenen Abzeichen für die Güteklasse des Kaffees. Starbucks führt ein eigenes Siegel. Und natürlich das in Deutschland bekannte „Fair trade“-Siegel. All diese verschiedenen Kaffee-Sorten werden als Spezialkaffees oder Gourmet-Kaffees bezeichnet. Die meisten Kaffeebauern in Peru produzieren für mehrere Label.
Streit ums Fairtrade-Siegel
Der Kaffeeanbau liegt traditionell in den Händen von Kleinbauern. 150.000 Familien in ganz Peru leben vom Kaffeeanbau, rund 30 000 sind in Genossenschaften zusammengeschlossen. Einige Genossenschaften sind zu Exporteuren geworden, auch dank des Fairtrade-Labels. Denn dieses Label wird nur an Kleinproduzenten vergeben, schließlich sollen die vom Aufpreis profitieren, den der Käufer zahlt.
Dennoch zeigt sich auch in Peru eine zunehmende Konzentration von Kaffee-Exporteuren. Die zehn größten Kaffee-Trader exportieren 75 Prozent des peruanischen Kaffees. Und nur 20 Prozent der Exporte laufen über Genossenschaften, berichtet Aucca. Über die zukünftigen Bedingungen des Fairen Handels diskutieren die Kaffeeproduzenten heftig.
Gütezeichen „Kleinproduzent“
Um die große Nachfrage nach fair gehandeltem Kaffee in Europa bedienen zu können, hat die Fairtrade Label Organization FLO-Cert mit Hauptsitz Bonn, ihre Bedingungen aufgeweicht, so dass auch private Kaffee-Großhändler Kaffee als fair gehandelt anbieten können. Dagegen protestieren die peruanischen Kaffee-Genossenschaften. Das Fairtrade-Siegel werde damit entwertet und verbessere das Image der Firmen, für die Fairtrade-Kaffee nur ein Produkt unter anderen ist. Die Kaffee-Genossenschaften Lateinamerikas haben deswegen ihr eigenes Gütezeichen „Kleinproduzent“ eingerichtet, erzählt José Rojas, Geschäftsführer der Kooperative Cepicafé.
Wer in Deutschland peruanischen Kaffee trinkt, soll ihn sich nicht nur schmecken lassen, sondern auch nachfragen, wer ihn denn wirklich produziert hat.
(publiziert in: www.blickpunkt-lateinamerika.de)


miércoles, 5 de octubre de 2011

Der Tod der Heiler am Amazonas

Morde an Schamanen beschäftigen Peru

Von Hildegard Willer (KNA)
Lima (KNA) Ihr Amt ist, zu heilen. Und sie starben eines gewaltsamen Todes. Bis zu 14 Schamanen wurden seit 2010 in Peru ermordet, alle im Dorf Balsapuerto im Amazonas-Departament Loreto, drei Bootsstunden vom Städtchen Yurimaguas entfernt im Nordosten des Landes. Jetzt hat der peruanische Staatssekretär für Interkulturalität, Vicente Otta, in Lima eine rasche Aufklärung der Verbrechen angekündigt.
Rund 5.000 Mitglieder zählt das Volk der Shiwa, aus dem die Heiler stammten. Wie alle 13 indigenen Ethnien des peruanischen Amazonasgebietes leben sie unter ärmsten Bedingungen. Schamanen oder Medizinmänner gehören seit jeher zur Kultur Amazoniens, sie verfügen über uraltes medizinisches und spirituelles Wissen. In sieben Fällen wurden die verstümmelten Leichen gefunden, sieben weitere Medizinmänner sollen erschlagen und in den Fluss geworfen worden sein; er trug die Toten fort.
Für die Mordserie macht Staatssekretär Otta den Vorsteher des Dorfes und dessen Bruder verantwortlich. Als Mitglieder einer evangelikalen Gemeinschaft würden sie die traditionelle Kultur der Shiwa als Teufelswerk ansehen und zu deren Ausrottung aufrufen, erklärte Otta in der Hauptstadt Lima. Auslöser der Gewalt sei eine Ankündigung der Schamanen gewesen, sich zu einem Verein zusammenzuschließen.
Amazonas-Experte und UN-Berater Roger Rumrill ist überzeugt, dass eine neue Hexenjagd im Gange ist. "Mit jedem Schamanen, der stirbt, stirbt ein Jahrtausende altes Wissen", sagt er. Rumrill sieht nicht nur religiöse Differenzen als Ursache für die Mordwelle. Die Medizinmänner müssten auch als Sündenbock herhalten für die schlechten Lebensbedingungen.
"Die Kindersterblichkeit im Amazonasgebiet ist sehr hoch, viele Kinder haben Darm- und Bronchialinfekte. Die Schamanen werden spät gerufen, können aber gegen Infektionen nichts ausrichten, ihr Spezialgebiet sind psychosomatische Krankheiten" erklärt Rumrill. Wenn die Kinder stürben, werde den Schamanen die Schuld gegeben - ähnlich wie bei Anklagen gegen Hexen in Europa.
Cesar Llanco ist Pastor der methodistisch-evangelischen Kirche und arbeitet mit evangelikalen Gemeinden im Amazonasgebiet zusammen. Für diese sei "die Auseinandersetzung mit ihrer Herkunftskultur kein Thema". Es sei schwer, die Frage der kulturellen Identität unter evangelikalen Christen Amazoniens überhaupt zu erörtern, meint Llanco. Denn der Übergang zum neuen, christlichen Glauben werde ja gerade als totaler Bruch mit der alten Kultur vermittelt. Deshalb gälten auch traditionelle Riten wie das Kauen von Kokablättern oder der Konsum des halluzinogenen Ayahuasca-Gebräus als teuflisch, so der Theologe.
Dass es zwischen evangelikalen Neubekehrten und traditionellen Heilern zu Gewalt und Mord gekommen sei, hat Cesar Llanco nach eigenem Bekunden allerdings noch nie erfahren. Nur will er erlebt haben, wie Anhänger einer bibelfundamentalistischen Gruppierung zum Sturm gegen die Schamanen und Hexer aufgerufen hätten.
Bisher blieben die gewaltsamen Auseinandersetzungen unter den Bewohnern im fernen, weiten Amazonasgebiet von peruanischen Behörden mehr oder weniger unbeachtet. Dies soll sich unter der seit zwei Monaten amtierenden Regierung unter Staatspräsident Ollanta Humala ändern. "Es darf nicht sein, dass einige Peruaner keinen Schutz des Staates genießen", erklärte Humala. Mit Sonderermittlern in Balsapuerto und mobilen Eingreifteams soll der peruanische Staat nun auch für die Indigenas im Amazonas-Gebiet ein neues Gesicht bekommen.

Wissen und Macht

Vatikan greift in Konflikt um Katholische Universität Perus ein

Von Hildegard Willer (KNA)
Lima (KNA) Wenn ein peruanischer Abiturient die Aufnahmeprüfung für die "Catolica" schafft, ist die Freude bei der Familie groß. Die Päpstliche Katholische Universität Perus, im Volksmund einfach "Catolica" genannt, ist eine der renommiertesten und mit 20.000 Studenten auch größten Universitäten des Landes. Ob die "Catolica" allerdings auch in Zukunft katholisch bleibt und wie dieses Katholisch-Sein auszulegen ist - darüber driften die Meinungen zwischen der Universitätsleitung und dem Vatikan inzwischen weit auseinander.
Der Brief aus dem Vatikan kam für den Rektor der "Catolica", Marcial Rubio, einer Hiobsbotschaft gleich. Mitte August teilte die päpstliche Erziehungskongregation mit, dass die Statuten der "Catolica" in einem Punkt korrigiert werden müssten. Der Großkanzler der Universität würde den Rektor aus einer Dreierliste der Universität ernennen. Großkanzler der Katholischen Universität ist qua Amt der Kardinal von Lima. Dieser heißt seit 1999 Juan Luis Cipriani, ist bekennendes Mitglied des Opus Dei und nutzt seine geistliche Macht immer wieder, um sich in die peruanische Tagespolitik einzumischen.
Die Katholische Universität hingegen ist bekannt für ihre pluralistische, liberale und zuweilen auch linkspolitische Ausrichtung. Der Vater der Befreiungstheologie, der heutige Dominikanerpater Gustavo Gutierrez, hat jahrelang an der Theologischen Fakultät unterrichtet. Heute ist so manch einem katholischen Bischof vor allem ein Dorn im Auge, dass sich einige Professoren zustimmend zur "Pille danach" oder zur Anerkennung gleichgeschlechtlichter Lebensgemeinschaften ausgesprochen haben.
Die Universitätsleitung wirft Kardinal Cipriani vor, dass dieser gar nicht so sehr ideologische, sondern recht materielle Gründe habe, die Vorherrschaft über die "Catolica" zu reklamieren. Der Universität gehört der Grund, auf dem heute eines der größten Einkaufszentren Limas steht. Die Pachteinnahmen sind beträchtlich, und wer die Oberherrschaft über die "Catolica" hat, kann auch über die Verwendung des Vermögens bestimmen.
Kardinal Cipriani wiederum gibt an, dass er die falsche Zielscheibe sei: Er sei nur der Bote des Vatikans in dieser Sache und habe keine persönlichen Interessen. Rückendeckung bekommt er dabei von seinen Kollegen in der Peruanischen Bischofskonferenz, die die "Catolica" in einem Kommunique ermahnten, den Dialog mit dem Vatikan beizubehalten.
Doch die Zeit der Gespräche könnte schon beendet sein. Am 23. September hat die Universitätsversammlung, oberstes Gremium der universitären Selbstverwaltung, Kardinal Cipriani und dem Vatikan den Fehdehandschuh hingeworfen: Sie verkündete, die Korrektur des Vatikans bei der Ernennung des Rektors nicht anzunehmen. Die Universität sei autonom und richte sich nach den peruanischen Gesetzen. Ihre katholische Identität beziehe sie aus ihren Werten und christlichen Prinzipien.
Der Vatikan hat inzwischen angekündigt, einen Visitator nach Lima zu schicken, um den Streit an der "Catolica" zu klären. Der Name dieses Ermittlers und der Zeitpunkt seiner Ankunft sind noch unbekannt. Einst galt Peru als katholisches Stammland Lateinamerikas. Nun könnte dem Vatikan bei seinem Versuch, die katholischen Universitäten auf einen strengeren Kurs zu bringen, ausgerechnet in Peru ein neuer Konfliktherd entstehen.

domingo, 18 de septiembre de 2011

Currywurst mit Pommes erobert peruanische Küche

Gestern habe ich ein kulinarisches Opfer gebracht: Anstatt für umgerechnet 2 Euro so klangvolle Gerichte wie "Japanisches Schwein mit Thai-Reis", "Lasagne a la Huancaina mit geschmorten Brustspitzen und Butterkäse aus Cajamarca" oder "Schwarze Nudeln auf Macho-Art" der besten Restaurants Lima zu kosten, habe ich eineinhalb Stunden angestanden, um eine Portion Pommes mit Currywurst für 3 Euro zu essen. Grund dafür waren nicht etwa heimatliche Gefühle beim Anblick der Würstchenbude, sondern journalistische Neugier. Der Hit auf der grössten Kulinarik-Messe Lateinamerikas "Mistura" waren nämlich nicht die Gerichte der Edelrestaurants sondern die Pommesbude. Schmeckt Currywurst mit Pommes in Lima - der Heimat so schmackhafter Gerichte wie "Ceviche" (Roher Fisch, besser als jedes Sushi!), des Kartoffelgerichtes "Causa Limenha" oder der Fischsuppe "Parihuela" - etwa besser als in Berlin oder Brüssel? Ich machte die Probe aufs Exempel.
"Die Kartoffeln sind mit Schale, das macht sie besonders krustig", sagt die 19-jährige Adriana, die vor mir in der Schlange steht,um eine Portion "Salchipapas" zu er"stehen". Salchipapas - als die Mischung von salchicha, Wurst, und Pommes, papas fritas - ist sonst ein Strassengericht, das vor allem abends für den kleinen Geldbeutel und kleinen Hunger auf fahrbaren Wägelchen angeboten wird. Die Würstchen schmecken meist nach Sägespänen und Hormonen und die Pommes triefen vor Fett. Dafür kostet eine Portion "Salchipapas" sonst denn auch nur umgerechnet 50 Cent.
Bei Mistura kostet die Portion umgerechnet drei stolze Euro. "Die sind hier einfach besonders lecker", meint das 12-jährige Mädchen, das hinter mir steht. "Sie wollte unbedingt salchipapas", sagt fast entschuldigend ihre Mutter. Die beiden jungen Männer vor mir schlagen die Wartezeit mit ihren iphones tod. Nach einer Stunde in der Schlage feixen sie, dass sie jetzt eigentlich auch keine Salchicpapas mehr wollen, aber jetzt, wo man dem Ziel so nahe ist....

Das Ziel ist eine Würstchengrillerei in einem VW-Bus. Umgebaut hat ihn Juan Giuseppe Montalván, Industrie-Design-Student der Katholischen Universität von Lima. " Wir haben einen Wettbewerb gewonnen, wie man am besten einen VW-Bus zu einer Würstchenbude für Lima umfunktionieren kann", macht der junge Designer Werbung bei den Wartenden.  Der Salchipapa-Bus ist ein weiteres Projekt ("proyecto papeo") - wie könnte es anders sein -  des Begründers des peruanischen Gastronomie-Wunders, Gaston Acurio. Was dieser sympathische Koch-Unternehmer in die Hände nimmt, verwandelt sich in Gold. Mit dem Salchipapa-Bus sollen nun die bisher informellen Würstchen-Verkäufer in die formelle kulinarische Kette des Landes eingebunden werden. Die Stadt Lima will die ersten 10 Konzessionen für Würstchenbuden vergeben. Wird damit Limas Küche revolutioniert ?

Gleich werde ich es selbst probieren. Nach 90 Minuten bin ich am Ziel, sehe zu, wie ein junger verschwitzter Mann in Kochuniform drei Sorten geschnittener Würstchen  in eine Fritteuse tut, dasselbe macht er mit daumendicken Kartoffelstiften (mit Schale!). Die frittierten Kartoffeln werden auf einen Pappkarton getan, die frittierten Wurstscheiben (chorizo, chorizo picante und Wiener Würstchen) draufgeschichtet. Fünf Saucen machen die Salchipapa perfekt: Mayonnaise, Senf, Huancaina, Aji und Aji Rocoto. Wer möchte kann noch eine Extra-Portion scharfe Sauce dazunehmen. Die Vielfalt der Saucen ist dann das peruanische an der Wurst.

Schmecken tut das ganze für eine  peruanische Salchipapa ....... na ja. Die Würstchen schmecken immerhin nicht ganz so sägespan-mässig wie ihre Billigvariante, und die Pommes sind knusprig und schmecken tatsächlich nach Kartoffel. Ansonsteá: viel Fett, viel Kohlehydrate, und viel bunte Sauce. Warum jemand dafür 90 Minuten ansteht, bleibt mir ein Rätsel.  Ich zumindest halte mich  beim Dessert für die verpasste kulinarische Gelegenheit schadlos: ein deliziöser Flan aus Quinoa, gefolgt von einem Pisco Sour mit Pisco aus Lunahuaná und, als zweites Dessert noch eine Creme aus Aguaymanto (Kapstachelbeere) gekrönt mit Eiweissschaum beweisen mir, dass Lima zurecht gastronomische Hauptstadt Amerikas genannt wird.




miércoles, 14 de septiembre de 2011

Peruvian Honeymoon

Ollanta Humala verkündet das "Gesetz zur Konsultation" in Bagua, 6. September 2011
Nein, es ist kein Oxymoron, keine rhetorische Verschleifung zweier Gegensätze: Peru erlebt Flitterwochen. Mit seinem neuen Präsidenten, mit seiner Fussballmannschaft und natürlich mit seiner Gastronomie. Etwas ungewohnt für ein Land, das sich so lange als Armenhaus und "failing state", als Land der Extreme vorkam. Zuletzt als sich der Linksnationalist und ehemalige Putschist Ollanta Humala und die Diktatorentochter Keiko Fuijmori in der Stichwahl gegenüber standen. Humala gewann, unter grössten Bedenken sowohl aus Wirtschaftskreisen wie auch aus Kreisen derjenigen, die um die Demokratie in Peru fürchteten.  6 Wochen nach seinem Amtsantritt kann Ollanta Humala auf den Rückhalt von 70% der Bevölkerung zählen, wie eine jüngste landesweite Umfrage ergab. Das sind fast 20% mehr als die 52%, die vor drei Monaten für Humala gestimmt haben. Drei Gründe mögen den Ausschlag geben für diese hohe Beliebtheit:
Zum einen hat Humala mit der Ernennung eines marktfreundlichen Finanzministers die aufgeschreckten Wirtschaftskreise beruhigt. Nachdem Miguel Castilla im Finanzministerium und Julio Velarde als Direktor der Zentralbank ernannt wurden, stiegen die Wachstumsraten und der Konsum wieder heftig an. Zur gleichen Zeit als eine Ratingagentur die Bonität der USA herunterstuften, wurde die Bonität von fünf peruanischen Banken heraufgesetzt.
Daran hat - oh Wunder! - auch die Tatsache nichts geändert, dass Humala gleich zwei seiner Wahlversprechen umgesetzt hat, die im Vorfeld von Humalas Gegnern als Schreckgespenst einer kommunistischen Herrschaft an die Wand gemalt wurden: mit den Bergbauunternehmen hat die Regierung eine neue Sondersteuer vereinbart, die mindestens 800 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich in die Staatskassen bringen wird. Am 6. September hat Humala zudem ein Gesetz verkündet, das von Seiten der indigenen Bewegungen sehnsüchtig erwartet wurde. Die "Ley de Consulta Previa" schreibt nun vor, dass der peruanische Staat vor jeder Massnahme, die in den Lebensraum indigener Völker eingreift, einen interkulturellen Dialogprozess in Gang setzen muss. Damit, so hoffen alle, werden die über 200 örtlichen sozialen Konflikte im Vorfeld und auf friedliche Art und Weise gelöst werden können!

Zu Humalas Beliebtheit mag auch sein Regierungsstil beitragen: Ollanta Humala zeigt sich wenig in den Medien, reist dafür öfter in die Provinzen und gibt das Bild eines, der weniger redet aber dafür etwas tut. Nach dem grossprecherischen Vorgänger Alan García empfinden dies viele Peruaner als einen wohltuenden Regierungsstil.

Wenn man noch dazu nimmt, dass die peruanische Nationalmannschaft den dritten Platz bei der Lateinamerika-Meisterschaft im Fussball errungen und den Torschützenkönig gestellt hat, und dass sich momentan die besten Köche der Welt ein Stelldichein in Lima geben, um die grandiose peruanische Gastronomie zu feiern, dann fällt es nicht schwer, sich die momentane Hochstimmung in Peru vorzustellen.

Das Hochgefühl ist gewöhnungsbedürftig, ist Peru doch ein Land auch der geographischen Extreme, wo hinter dem erklommenen Gipfel gleich der steile Abgrund lauert. Die Analysten weisen denn auch darauf hin, dass die Flitterwochen von kurzer Dauer sein werden: die ersten lokalen Protestbewegungen bringen sich schon in Stellung, weil ihre Forderungen nicht zu 100% erfüllt werden. Die Rechte wartet nur auf den ersten Ausrutscher Humalas um neue Schreckgespenster heraufzubeschwören. Und Humalas schreckliche Verwandtschaft - ein wegen Aufstand mit Todesfolge einsitzender Bruder, ein faschistischer Vater, eine homophobe Mutter, ein russenfreundlicher Bruder, der Staatsgeschäfte mit privaten Geschäften verwechselt - ist eine wandelnde Zeitbombe. Nicht zu reden von der (noch) weit weit weg erscheinenden Weltwirtschaftskrise.

Die Flitterwochen mögen kurz sein - geniessen sollte man sie umso mehr.


lunes, 25 de julio de 2011

Wider den Opferkult


Mitglieder der ANFASEP aus Ayacucho demonstrieren für ihre verschwundenen Angehörigen / Karin Orr, 2010 Peace Fellow, flickr

Fast 30 Jahre ist es her, dass Angélica Mendoza auf dem Marktplatz von Ayacucho gegen das Verschwinden ihres Sohnes Arquimedes protestierte. Ihre Angehörigen haben Angélica Mendoza und ihre Mitstreiterinnen nicht wiedergefunden, aber die Kleidungsstücke ihrer verschwundenen oder getöteten Lieben hängen heute im „Museo de la Memoria“ der Opferorganisation ANFASEP in Ayacucho.

Seit dem Erscheinen des Berichtes der Wahrheitskommission vor acht Jahren weiß man in Peru, dass die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem maoistischen „Leuchtenden Pfad“ und der peruanischen Armee 70 000 Opfer gekostet haben, die meisten von ihnen, wie Angelica Mendozas Sohn, quechuasprechende indigene Bauern aus dem Hochland. Im Gefolge des Berichtes der Wahrheitskommission sind an vielen Orten Perus Gedenkstätten für die Opfer des Bürgerkrieges entstanden. Eine Tagung an der Universität Hamburg untersuchte kürzlich, wie Peru das Trauma des Bürgerkrieges verarbeitet und welche Rolle die Gedenkstätten dabei spielen.

Ausländer bauen Museen

Die Museen sehen alle sehr ähnlich aus, sagt Markus Weissert von der Berghof Stiftung für Konfliktforschung in Berlin: sie stellen Kleidungsstücke und Fotos der Verstorbenen aus sowie Kunsthandwerk, das erlebte Gräuelszenen darstellt. Das Museum der Asociación Nacional de Familiares de Secuestrados, Detenidos y Desaparecidos del Perú (ANFASEP) in Ayacucho ist wie die meisten jüngsten Erinnerungsstätten in Peru nur mit Hilfe der internationalen Entwicklungszusammenarbeit zustande gekommen. Oft kam sogar die Initiative zum Bau der Gedenkstätten aus dem Ausland.

Die nationale Gedenkstätte, die in Lima nächstes Jahr eingeweiht werden soll, wurde mit Hilfe einer Millionen-Spende der deutschen Bundesregierung erbaut. Dabei wollte die peruanische Regierung das Geschenk zuerst gar nicht annehmen, sagte, es gäbe in Peru wichtigere Dinge als ein Museum. Auch die Opfervereinigungen wurden nicht in das Vorhaben einbezogen. Markus Weissert sieht das Vorhaben des „Lugar de Memoria“ deshalb durchaus skeptisch: „Das ganze ist also eher ein top-down-Elitenprozess mit immer noch sehr offenem Ausgang, was den Erfolg anbelangt.“

Aufarbeitung in Schulen ungenügend

Gerade bei deutschen Initiativen zur Errichtung von Gedenkstätten wird mit dem vorbildhaften deutschen Prozess der Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit argumentiert. Eine Argumentation, die laut Weissert, falsch ist. Nicht der Bau von Denkmälern, sondern die Aufarbeitung im Schulunterricht sei für den deutschen Prozess ausschlaggebend gewesen. Und damit sieht es in Peru schlecht aus. „Wenn man in die Gästebücher der Erinnerungsmuseen in Peru schaut, dann stehen dort vor allem Namen von ausländischen Touristen und von Menschenrechtlern“.

In den peruanischen Gedenkstätten werden die Verschwundenen und Toten als unschuldige Opfer dargestellt, die zwischen die Fronten geraten sind. Dabei ist die Wahrheit nicht so einfach. „Es gibt kaum ‚chemisch reine’ Opfer“, sagt Rocio Silva-Santisteban, Literaturwissenschaftlerin und Generalsekretärin des Dachverbandes peruanischer Menschenrechtsgruppen. Sie hat sich mit weiblichen Angehörigen des „Leuchtenden Pfades“ beschäftigt und stellte fest, dass Opfer auch Widerstandsheldinnen oder sogar Täterinnen waren, und Täterinnen auch zu Opfern werden konnten. „Das kann ich aber in Peru noch nicht sagen, die Zeit ist dafür noch nicht reif. Das kann ich nur im Ausland sagen“, bemerkt Silva-Santisteban.

Fortwährende Erinnerung

Vielleicht ist es genau das, was Peru von der deutschen Vergangenheitsbewältigung lernen kann: 30 Jahre sind sehr wenig, um erlittene Traumata zu verarbeiten und ein differenziertes Bild auf die jüngste Gewalt-Geschichte zu werfen. In Deutschland hält die Diskussion darüber, ob im Zweiten Weltkrieg Opfer auch Täter und Täter auch Opfer waren, bis heute an.

(Quelle: www.blickpunkt-lateinamerika.de)

sábado, 25 de junio de 2011

Rios Wahrzeichen kommt in Kopie nach Peru - mit Beigeschmack


Ein Casino-Christus für Lima

Von Hildegard Willer (KNA)
Lima (KNA)

In Peru ist man daran gewöhnt, dass sich Präsidenten und Politiker gerne aus der Staatskasse bedienen. Dass hingegen ein scheidender Präsident seinem Volk ein Geschenk macht, ist eine neue Erfahrung für die Peruaner. Reichlich verdutzt nahmen sie deshalb die Ankündigung ihres Präsidenten Alan Garcia zur Kenntnis, dass er der Hauptstadt Lima zum Abschied eine Christusstatue stiften werde.

"Es war immer mein Wunsch, der Stadt ein Sinnbild zu schenken für den Segen Perus und den Schutz Limas", sagte der 62-jährige Garcia, dessen Amtszeit am 29. Juli diesen Jahres endet. Die Staatskasse soll das Projekt keinen Cent kosten. Der brasilianische Baumulti Odebrecht würde die 833.000 US-Dollar teure Christusfigur bezahlen, Alan Garcia aus eigenem Säckel umgerechnet rund 30.000 US-Dollar beisteuern.

Um die Bevölkerung von Lima zu fragen, ob sie das Geschenk überhaupt möchte, war es zu spät. Die 37 Meter hohe Christusstatue war bereits im Hafen Callao eingetroffen, und am 29. Juni, am kirchlichen Festtag des Heiligen Peter und Paul, will Garcia das Monument einweihen.

Denn es handelt sich nicht um irgendeine Statue. Über der Pazifik-Küste soll eine genaue Kopie des berühmten Cristo do Corcovado von Rio de Janeiro thronen - jene Skulptur, die vor zwei Jahren in einer Internet-Abstimmung zu einem der sieben neuen Weltwunder gekürt wurde. Als "Christus vom Pazifik" soll die Glasfaserkunststoff-Nachahmung des Originals etwas vom Ruhm der brasilianischen Metropole an den Pazifik bringen. Nachts wird sie, in 26 Farben beleuchtet, weit über den Pazifik strahlen.

Laut einer Umfrage finden 51 Prozent der Bewohner Limas die Initiative ihres Präsidenten gut. Auch die Peruanische Bischofskonferenz sieht die neue Christusstatue mit Wohlgefallen. Doch nicht alle sind begeistert. Zu den 37 Prozent der Kritiker gehört der Psychoanalytiker Jorge Bruce. "Diese billige Kopie erinnert eher an einen Casino-Christus in Las Vegas", findet er. So ein Ding könne man in einen Vergnügungspark stellen, es aber Lima als Geschenk aufzunötigen, sei unverschämt und ein Zeugnis abscheulich schlechten Geschmacks.

Die Oberbürgermeisterin von Lima, Susana Villaran, eine politische Gegnerin des scheidenden Präsidenten, legte ebenfalls Protest ein. Wenn die Christusstatue ein Sinnbild der brasilianisch-peruanischen Integration darstellen solle, dann müsse sie viel eher an der neuen Amazonas-Straße "Interoceanica" stehen, welche die beiden Länder verbindet.

Zufällig wurde der internationale Highway vom Konzern Odebrecht gebaut, dem Hauptsponsor der Monumentalstatue. Das erste Wunder hat Christus schon gewirkt, spottete das peruanische Internetmagazin "La Mula": Drei Tage nach der Ankündigung des Geschenks, erhielt Odebrecht auch den Zuschlag für den Bau der Hochbahn von Lima.

Die Gegner der Statue meinen, dass Garcia nicht so sehr Christus, sondern vor allem sich selbst ein Denkmal setzen möchte. Schließlich hat der Politiker es schon zweimal bis zum Präsidenten gebracht - wenn es auch bis zum zweiten Mandat 16 Jahre dauerte. So lange möchte der 62-Jährige nicht wieder warten. Laut peruanischer Verfassung darf er schon im Jahr 2016 wieder antreten. Und dreimal zum Präsidenten gewählt zu werden, das hat noch kein Peruaner bisher geschafft. Dafür braucht es wahrlich Beistand von oben.

martes, 7 de junio de 2011

Humala siegt (auch) dank sozialer Netzwerke

Gecco!, Flickr

Bei der Stichwahl am 5. Juni haben die Peruaner den Linksnationalisten Ollanta Humala zu ihrem Präsidenten gewählt. Voraussichtlich erzielte er drei Prozentpunkte mehr als seine Gegnerin, Keiko Fujimori. Dieses deutliche Wahlergebnis hat nicht nur die Anhänger von Humalas Gegnerin, Keiko Fujimori, überrascht, sondern auch viele Anhänger Humalas selbst. So klar es seit Wochen war, dass die Peruaner in den südlichen Andengebieten mit großer Mehrheit Humala wählen würden, so klar schien auch, dass Keiko Fujimori in der Hauptstadt Lima überragend gewinnen würde. Und ohne Lima gewinnt man in Peru keine Wahlen.

Dass Fujimoris Sieg in Lima mit 57 Prozent wesentlich geringer ausfiel als erwartet - oder befürchtet - ist den Menschenrechtsgruppen und den sozialen Netzwerken zu verdanken.

Bloggen gegen Fujimori

„Der Marsch vom 26. Mai war ausschlaggebend dafür, dass die Kampagne Ollanta Humalas nochmal an Fahrt gewann“. Davon ist Roberto Bustamente überzeugt. Er ist Dozent und Forscher für neue Kommunikationstechnologien an der Jesuitenuniversität Ruiz de Montoya in Lima und hat selbst unter dem Pseudony www.elmorsa.pe gegen die Kandidatur Keiko Fujimoris gebloggt.

Zwei Wochen vor dem Wahlsonntag war selbst bei eingefleischten Humala-Anhängern in der Hauptstadt Depression angesagt. Zu übermächtig erschien die Pro- Fujimori-Koalition aus Wirtschaftselite, Mittelschicht und der großen Mehrzahl der Mainstream-Medien. Deren Angstkampagne, dass mit Humala ein peruanischer Hugo Chávez sich ihres Eigentums bemächtigen würde, hatte in Lima mächtig eingeschlagen. Schließlich hat die Hauptstadt, anders als das andine Hinterland und Amazonien, vom bisherigen Wirtschaftsmodell profitiert. Die Erinnerung an die Menschenrechtsverletzungen und die Korruption unter der Regierung des Vaters von Keiko Fujimori, Alberto Fujimori, schienen dagegen zu verblassen.

Erfolgreicher Protestmarsch

Dennoch rief der Dachverband der peruanischen Menschenrechtsgruppen zum Protestmarsch am 26. Mai auf. Und, was niemand für möglich gehalten hatte – an die Zehntausend Limenhos kamen und skandierten, dass ihnen Demokratie und Transparenz wichtiger seien als der eigene Geldbeutel. Unter ihnen waren viele Studierenden, die die 90-er Jahren nur aus Erzählungen kannten. „Die Straße ist die Straße“, meint dazu Roberto Bustamante, „den Effekt von Tausenden von friedlichen Demonstranten kann kein Internet ersetzen“.

„Memorex“ über soziale Netzwerke

Ebenso wichtig wie der Marsch selbst, war die Vorbereitung und die Nachbereitung in den sozialen Netzwerken. Via Twitter , Facebook und youtube machten die berüchtigten „Vladi-videos“, die 2000 zum Sturz Fujimoris geführt hatten, wieder die virtuelle Runde. Eine Dosis „Memorex“ , eine Pille gegen den gesellschaftlichen Gedächtnisschwund verabreichten die alternativen digitalen Medien. Sie übernahmen zum Teil auch die Nachrichtenfunktion, die von den großen Tageszeitungen und Fernsehsendern in ihrer Panikmache vor Humala nicht mehr wahrgenommen wurden.

Zwei Internet-Plattformen taten sich besonders hervor: „La Mula“ (www.lamula.pe) , eine Plattform für Bürgerjournalismus und verschiedene Blogs, die von der gemeinnützigen „Red Científica Peruana“ gesponsert wird. Das investigative Journalismus-Projekt „IDL-Reporteros“ (www.idl-reporteros.pe) unter Leitung von Gustavo Gorriti stellte seine Recherchen online zur Verfügung.

Kapitale Kommunikationsfehler

Langsam wurde aus der virtuellen No-Keiko-Bewegung eine Pro-Humala-Bewegung. Nicht ohne Vorbehalt, denn schließlich ist Humala ein ehemaliger Putschist und Militär, dessen Demokratiefestigkeit durchaus Zweifel zulässt. In der letzten Woche vor der Stichwahl machten jedoch Fujimoris Sprecher kapitale Fehler: Sie sagten Sätze wie „Wir haben weniger gemordet als andere Regierungen“ oder „Sie wurden nicht gegen ihren Willen sterilisiert, sondern ohne ihren Willen“ als Rechtfertigung für Tausende zwangssterilisierter Bäuerinnen während des Fujimori-Regimes.

„Diese Sätze fielen zuerst in den großen Medien, aber dank der digitalen Netzwerke der Fujimori-Gegner machten sie schnell die Runde und brachten bis dahin Unentschlossene dazu, gegen Fujimori zu stimmen“, erinnert sich Roberto Bustamante. Sein Post am Abend des Wahltages: „Ich glaube , dass die No-Keiko-Kampagne ihr Ziel erreicht hat. Glückwunsch!“

(in: www.blickpunkt-lateinamerika.de)

lunes, 6 de junio de 2011

Nobelpreisträger hievt Ex-Militär ins Präsidentenamt

Von Hildegard Willer (KNA)
Lima (KNA)

Die Peruaner haben am Sonntag (Ortszeit) voraussichtlich den Linksnationalisten Ollanta Humala zu ihrem neuen Präsidenten gewählt. Nach Auszählung von 75 Prozent der Wählerstimmen führt Humala mit 50,08 Prozent der Stimmen äußerst knapp vor Keiko Fujimori, die dato 49,91 Prozent Stimmen auf sich vereinen konnte. Es wird erwartet, dass sich der Abstand Humalas zu Fujimori noch vergrößert, da die Stimmen aus den ländlichen Gebieten noch nicht ausgezählt sind und diese zu Humalas Stammwählerschaft zählen.

Humala und Fujimori verkörpern zwei Extrempositionen im Politspektrum Perus. Die 36-jährige Keiko Fujimori ist die Tochter von Ex-Präsident Alberto Fujimori, der wegen Menschenrechtsverletzungen und Korruption eine 25-jährige Haftstrafe verbüßt. Der 48-jährige Ollanta Humala ist ein ehemaliger Offizier, der vor elf Jahren gegen das korrupte Fujimori-Regime putschte. In einem extrem polarisierten Wahlkampf hat es Humala besser als Fujimori verstanden, die Peruaner davon zu überzeugen, dass er die demokratischen Institutionen respektieren und die Korruption effektiv bekämpfen werde.

Unerwartete Schützenhilfe bekam er dabei von Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa. Der bekennende Liberale und Romancier hat für Militärs und deren Diktaturen, von denen die lateinamerikanischen Geschichtsbücher voll sind, wenig übrig. Noch weniger allerdings kann er der Familie Fujimori abgewinnen. Alberto Fujimori hatte in den 90er Jahren den Kongress vorübergehend geschlossen, hatte Todesschwadronen auf Studenten schießen lassen und Korruption im großen Stil erlaubt.

Für Vargas Llosa war die Aussicht, nach nur zehn Jahren Demokratie, in diese Zeit der Diktatur zurückzufallen, schlimmer als eine Präsidentschaft Humalas mit vielen Fragzeichen. Er und sein Sohn Alvaro Vargas Llosa haben sich aktiv für die Wahl Ollanta Humalas eingesetzt und eindrucksvoll gezeigt, dass wertliberal nicht dasselbe ist wie wirtschaftsliberal. Sehr wahrscheinlich haben sie damit Humala zu jenem Quäntchen Stimmen verholfen, das ihm letztlich den Sieg einbrachte.

Aus Protest gegen die Parteinahme der meisten Medien für Keiko Fujimori ging Vargas Llosa sogar mit der ältesten und angesehensten Tageszeitung Perus, "El Comercio" ins Gericht. Vargas Llosas wöchentliche weltweit erscheinende Kolumne ist nun im Konkurrenzblatt zu lesen. Die Wirtschaftseliten des Landes, bis dahin die ersten Bewunderer des peruanischen Nobelpreisträgers, unterstützten nämlich Keiko Fujimori, weil diese versprach, das liberale Wirtschaftsmodell weiterzuführen. Dank der globalen Rohstoffnachfrage verschafft es dem Staat und vor allem den Unternehmen hohe Gewinne.

Der Preis für das anhaltende Wirtschaftswachstum sind jedoch eine große Zahl sozialer Konflikte in den ländlichen Gebieten, in denen die Rohstoffe - Gold, Silber, Kupfer, Erdöl, Erdgas - abgebaut werden. Die Schürfrechte werden vom Zentralstaat vergeben, ohne dass die lokale Bevölkerung gefragt wird. Hier findet Humala seine Anhängerschaft. Mit einem gemäßigten Diskurs hat er zudem viele Peruaner überzeugen können, dass er kein peruanischer Hugo Chavez ist.

Der venezolanische Präsident gilt vielen Peruanern als Inbegriff eines wirtschaftsfeindlichen Diktators - , sondern dass er dem in Lateinamerika hoch angesehenen ehemaligen brasilianischen Präsidenten und Gewerkschafter Luiz Inacio Lula da Silva nacheifern möchte. Dieser hat es geschafft, marktwirtschaftliche Freiheit mit einer staatlichen Umverteilungspolitik und einer nationalen Industriepolitik zu verbinden. Dass Humala zwei hochrangige Berater aus dem Umfeld Lulas in seinem Team hatte, wird auch als strategische Annäherung Humalas an den großen Nachbarn Brasilien gesehen. Innerhalb Südamerikas bedeutet die Wahl Humalas, dass sich der Linksruck in den Regierungen fortsetzt. Nur noch Kolumbien und Chile werden von Konservativen regiert.

(Quelle: KNA)

domingo, 5 de junio de 2011

Ein 5. Juni in Peru - eine Dosis "Memorex"


"Memorex" - die Pille für alle, die an gesellschaftlichem Gedächtnisschwund leiden. Als solcherart verpackte "Medizin" brachten die Keiko-Fujimori-Gegner in den letzten Tagen die Übeltaten des Fujimori-Regimes der 90-er Jahre wieder in Erinnerung.
Wenn man allerdings verstehen will, warum die Peruaner heute die Wahl zwischen zwei Präsidentschaftskandidaten der Extreme haben, dann reicht eine geringere Dosis Memorex: auf en Tag genau vor zwei Jahren kündigte sich im Massaker von Bagua bereits an, dass im neuen Wirtschaftswunderland Peru einiges faul ist.
Zur Erinnerung: die Indigenas des Amazonastieflandes hatten monatelang gegen die von Alan García vorgesehenen neue Eigentumsregelung des Amazonasgebietes protestiert. Der peruanische Staat wollte die Gemeinschaftsrechte der Indigenas einschränken, um einfacher Schürf- und Bohrrechte an in- und ausländische Investoren vergeben zu können. Protest heisst in Peru meist die Blockade einer der grossen und wenigen Überlandstrassen. So blockierten vor zwei Jahren auch die Indigenas die Strasse zu einem für die Hauptstadt wichtigen Erdöldepot. Als die Polizei die Blockade gewaltsam auflösen wollte, kam es zu gewaltsamen Zusammenstoss, 22 Polizisten und 11 Indigenas starben. Präsident García musste daraufhin seine Gesetzesvorlage zurückziehen.

Die Problematik der Einbeziehung lokaler Bevölkerung - sei sie nun indigen oder mestizisch - bei der Vergabe von Schürf-, Bohr- und sonstigen Nutzungsrechten des ressourcenreichen Anden- und Amazonasgebietes ist jedoch in Peru bis heute beileibe nicht gelöst. Denn zwar hat Peru den Artikel 169 der ILO unterzeichnet, der ein Mitspracherecht der indigenen Bevölkerung verbrieft. Der
Artikel wurde jedoch bis heute nicht in Peru in Kraft gesetzt. Diese fehlende Mitsprache ist der Hauptgrund für die über 250 sozialen Konflikte im Landesinneren. Beinahe hätten diese Konflikte sowohl die erste wie auch die zweite Wahlrunde in Bedrängnis gebracht. Zur Erinnerung: erst kurz vor der ersten Wahlrunde am 10. April kündigte Präsident Alan García die Genehmigung für ein grosses Kupferabbauvorhaben im Süden Landes. Tagelange gewalttätige Proteste waren vorhergegangen, drei Menschen kamen zu Tode.
Auch die Stichwahl am 5. Juni schien gefährdet. In der Region Puno, an der Grenze zu Bolivien, protestierten Tausende von Bauern und Gewerbetreibenden tagelang gegen die bereits vergegebenen Schürfrechte auf ihrem Land. Die Regierung setzte die Schürfrechte temporär aus, die Protestanten beruhigten sich - vorerst.
Wer immer auch am 5. Juni gewinnen wird, dem künftigen Präsidenten oder der Präsidentin wird die Regelung der Mitsprache bei der Vergabe von Nutzungsrechten noch einiges an Kopfschmerzen bereiten. Der springende Punkt ist ja nicht die Mitsprache, sondern ob den lokalen Gemeinschaften ein Vetorecht eingeräumt wird, und zu welchem Zeitpunkt der Projektentwicklung die explizite Zustimmung der lokalen Bevölkerung vorliegen muss.
Keiner der zwei Kandidaten hat sich ganz eindeutig bisher dazu geäussert, ob er der lokalen Bevölkerung ein Vetorecht einräumen möchte. Keiko Fujimori, die sich als Kandidatin der Investoren sieht, hat ihren Armutsberater Hernán de Soto vorgeschickt. Dessen Allheilmittel gegen jeglichen Konflikt ist die Landtitulierung. Die sei viel radikaler als der ILO-Artikel 169, sagte er in einer Pressekonferenz. Die Antwort darauf, wie er die verschiedenen Eigentumsansprüche und -vorstellungen (Gemeinschafts- gegen Individualbesitz) regeln will, blieb er schuldig.
Auch Ollanta Humala hat sich in der Pressekonferenz vom 3. Juni in Lima nicht eindeutig zu einem Vetorecht der lokalen Bevölkerung bekannt. Ollantas Stammwählerschaft sind genau die aufgebrachten lokalen Bevölkerungen in den südlichen Landesteilen. Will Ollanta die Wahl gewinnen, muss er jedoch auch unter den Hauptstadtbewohnern punkten. Und hier meinen viele, dass durch ein Vetorecht viele Investitionen auf Eis gelegt würden und damit auch die in ihren Augen so erfolgreiche Entwicklung Perus Schaden nehmen würde.

domingo, 29 de mayo de 2011

Der Armutsberater


Beide stammen sie aus Arequipa, der Stadt im Süden Perus, die sich rühmt ein Freistaat im Staat zu sein. Beide sind weltweit bekannte Bestsellerautoren. Beide gehören sie dem liberalen Lager an. Der kleine Unterschied: der eine hat einen Nobelpreis, der andere nicht.

Böse Zungen in Peru meinen, es sei auf die langjährige Rivalität zwischen dem Schrifsteller Mario Vargas Llosa und dem Wirtschaftswissenschaftler Hernán de Soto zurückzuführen, dass Hernán de Soto für Keiko Fujimori Wahlkampf macht. Kurz nachdem Mario Vargas Llosa seine Unterstützung für Fujimoris Rivalen Ollanta Humala bekannt gegeben hatte, zog Keiko Fujimori ihr As aus dem Ärmel: Hernán de Soto würde ihr als Chefberater für die Armutsbekämpfung im Wahlkampf und danach im Amt beistehen.

Alle Lüge, sagt de Soto beim Gespräch mit der Auslandspresse am 26. Mai im Besprechungszimmer seiner Beraterfirma ILD (Instituo de Libertad y Democracia). Er unterstütze Fujimori , weil dies ein wegweisender Moment für Peru sei, weil die Armen vom peruanischen Wirtschaftsleben – trotz Wachstum – ausgeschlossen seien und weil Keiko Fuimori die besseren Rezepte habe. Die er, de Soto, ihr schreibt.

Das Rezept des 70-jährigen ist bestechend, weil es so einfach klingt: die Armen seien arm, weil ihre Häuser und Grundstücke nicht registriert seien. Wenn diese einmal in Grundbuch und Katasteramt eingetragen seien, könnte man damit Kredite aufnehmen und diese wiederum produktiv investieren. Regierungen aus der ganzen Welt hat de Soto damit schon bei der Armutsbekämpfung beraten, er wird als einer der bedeutendsten Wirtschaftswissenschaftler unserer Zeit gehandelt. Dabei ist de Soto seinem Thema „Titulierung von Eigentum“ treu geblieben – Kritiker sagen, er denke zu eingleisig. Selbst die Finanzkrise habe ihre Wurzeln in der fehlenden Registrierung wirtschaftlichen Wissens, schrieb de Soto jüngst in einem Artikel in der Bloomberg Businessweek . Sogar der Kampf gegen den Terror komme nur voran, wenn es Landtitulierungen gibt. Wäre Bin Laden in seiner nicht im Grundbuch eingetragenen Höhle geblieben, hätte man ihn nie geschnappt,liess er kurz nach Bin Ladens Tötung verlauten.

Nur in Peru haben de Sotos Rezepte noch wenig gefruchtet.

Sein erster peruanischer Klient war niemand anders als Keiko Fujimoris Vater Alberto. Von 1990 – 1992 hat de Soto die Regierung Fujimori bei der Reduzierung der Kokaanbauflächen beraten. Nachdem Fujimori den Kongress schliessen liess, trat de Soto von seinem Berateramt zwar zurück. Er ist heute noch überzeugt, dass „es der grösste Fehler Fujimoris war, nicht weiter mit uns zusammenzuarbeiten“ (mit dem plural majestatis meint er sich und sein Institut ILD). Für Fujimoris Vorgänger und Nach-Nach-folger Alan García handelte de Soto den Freihandelsvertrag mit den USA aus. Dem Wirtschaftswissenschaftler mit den Namen eines spanischen Konquistadoren fehlt es weder an internationalem Renommee, noch an Erfahrung und ganz gewiss nicht an Selbstbewusstsein.

Deswegen verwundert es, dass de Soto in seiner Heimat Peru mit wenig Begeisterung wahrgenommen wird . Sonst ist man in Peru nämlich überaus stolz auf jeden Landsmann, der es in der Welt zu etwas gebracht hat. Anders als sein Rivale Vargas Llosa hat sich de Soto jedoch nie einer peruanischen Sache ganz und gar verschrieben. „De Soto kommt eingeflogen und verlässt Peru rechtzeitig, wenn es brenzlig wird“, sagt ein peruanischer Analyst dazu.

Dieses Mal hat er sich eingelassen. „Das erste Mal, dass wir eine Wahlkampagne unterstützen“, sagt de Soto. Dabei könnte er von der Radikalität seiner Vorschläge her auch für den Linksnationalisten Humala arbeiten. Den indigenen Gemeinschaften will de Soto weitgehende Rechte einräumen, sogar das Vetorecht bei geplanten Bergbaukonzessionen. Wenn Humala so etwas sagen würde, würde er als „Investitionsverhinderer“ beschimpft. De Soto sieht das gelassen: „ Im Gegenteil, die Investoren begrüssen es, wenn sie endlich wissen, mit wem sie vor Ort verhandeln müssen“. Irgendwie bleibt es nebulös, wie Hernan de Soto mit Grundbucheinträgen die jahrhundertelange Gemengelage von Zentralregierung, lokalen Bürgermeistern, Regionalpräsidenten und Indianerführern ordnen will.

De Soto schaut auf seine Rolex. „Wenn sie keine Fragen mehr haben, dann verabschiede ich mich jetzt“, sagt der freundliche, rundliche und glatzköpfige ältere Herr. Letztlich bleibt unklar, was ihn dazu treibt, sein weltweites Renommée für eine Kandidatur aufs Spiel zu setzen, die zumindest für die Freiheit und Demokratie – die Insignien von de Sotos Institut – doch einige Risiken birgt. Ambitionen auf ein Ministeramt in einer möglichen Regierung Fujimoris weist er weit von sich.

Hinter der Rezeption des ILD hängen die Portraits von mindestens 80 Menschen, meist Männern, aus der ganzen Welt. Es sind die Regierungschefs, für die de Soto und das ILD bereits tätig waren. Eine Nobelpreisplakette würde sich dort sicher nicht schlecht machen.

sábado, 28 de mayo de 2011

Tausende auf der Strasse gegen Fujimori


Am 26. Mai haben viele Peruaner wieder ein Stück Würde zurückgewonnen. 10 Tage vor der Stichwahl am 5. Juni zwischen Keiko Fujimori und Ollanta Humala sind gut Zehntausend Peruaner dem Aufruf des Dachverbandes der Menschenrechtsgruppen gefolgt und haben öffentlich gegen eine Rückkehr der Sippe Fujimori in den Regierungspalast protestiert.

Der Protestmarsch war bitter nötig, denn die Umfrageergebnisse zeigen seit Wochen Keiko Fujimori mit fünf Prozentpunkten vor Ollanta Humala. Keiko Fujimori, die Tochter des wegen Menschenrechtsverbrechen verurteilten Ex-Präsidenten Alberto Fujimori, hat nicht nur die Wirtschaftselite sondern auch die mächtigsten Medien Perus hinter sich. Aber auch bei vielen armen Bewohnern kommt Fujimori dank ihrer intensiven und assistentialistischen Basisarbeit gut an. Vor allem die Stadtbewohner der Küstenregionen wählen Keiko weil sie verspricht das liberale Wirtschaftsmodell nicht anzutasten, das Peru hohe Wachstumszahlen ebenso wie eine hohe Zahl sozialer Konflikte eingebracht hat. Die selben Medien, die vor 10 Jahren sich noch für die Demokratie einsetzten, rechtfertigen jetzt die Politik Fujimoris, um ja das gehätschelte Wirtschaftsmodell nicht zu riskieren. Dies hat dazu geführt, dass zwei Wochen vor der Wahl selbst die Humala-Anhänger und Fujimori-Gegner mit hängendem Kopf herumliefen, als sei die Schlacht schon verloren.

Dass Zehntausende dem Aufruf der Menschenrechtler Folge geleistet haben – unter ihnen zahlreiche Studierende, die die Erzählungen aus den 90-er Jahren nur vom Hörensagen kennen - richtet nicht nur die Moral auf, sondern verspricht auch, dass der Wahlausgang mit nichten sicher ist und dass am 5.Juni um jede Stimme gestritten werden wird.