Die Peruaner haben am Sonntag (Ortszeit) voraussichtlich den Linksnationalisten Ollanta Humala zu ihrem neuen Präsidenten gewählt. Nach Auszählung von 75 Prozent der Wählerstimmen führt Humala mit 50,08 Prozent der Stimmen äußerst knapp vor Keiko Fujimori, die dato 49,91 Prozent Stimmen auf sich vereinen konnte. Es wird erwartet, dass sich der Abstand Humalas zu Fujimori noch vergrößert, da die Stimmen aus den ländlichen Gebieten noch nicht ausgezählt sind und diese zu Humalas Stammwählerschaft zählen.
Humala und Fujimori verkörpern zwei Extrempositionen im Politspektrum Perus. Die 36-jährige Keiko Fujimori ist die Tochter von Ex-Präsident Alberto Fujimori, der wegen Menschenrechtsverletzungen und Korruption eine 25-jährige Haftstrafe verbüßt. Der 48-jährige Ollanta Humala ist ein ehemaliger Offizier, der vor elf Jahren gegen das korrupte Fujimori-Regime putschte. In einem extrem polarisierten Wahlkampf hat es Humala besser als Fujimori verstanden, die Peruaner davon zu überzeugen, dass er die demokratischen Institutionen respektieren und die Korruption effektiv bekämpfen werde.
Unerwartete Schützenhilfe bekam er dabei von Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa. Der bekennende Liberale und Romancier hat für Militärs und deren Diktaturen, von denen die lateinamerikanischen Geschichtsbücher voll sind, wenig übrig. Noch weniger allerdings kann er der Familie Fujimori abgewinnen. Alberto Fujimori hatte in den 90er Jahren den Kongress vorübergehend geschlossen, hatte Todesschwadronen auf Studenten schießen lassen und Korruption im großen Stil erlaubt.
Für Vargas Llosa war die Aussicht, nach nur zehn Jahren Demokratie, in diese Zeit der Diktatur zurückzufallen, schlimmer als eine Präsidentschaft Humalas mit vielen Fragzeichen. Er und sein Sohn Alvaro Vargas Llosa haben sich aktiv für die Wahl Ollanta Humalas eingesetzt und eindrucksvoll gezeigt, dass wertliberal nicht dasselbe ist wie wirtschaftsliberal. Sehr wahrscheinlich haben sie damit Humala zu jenem Quäntchen Stimmen verholfen, das ihm letztlich den Sieg einbrachte.
Aus Protest gegen die Parteinahme der meisten Medien für Keiko Fujimori ging Vargas Llosa sogar mit der ältesten und angesehensten Tageszeitung Perus, "El Comercio" ins Gericht. Vargas Llosas wöchentliche weltweit erscheinende Kolumne ist nun im Konkurrenzblatt zu lesen. Die Wirtschaftseliten des Landes, bis dahin die ersten Bewunderer des peruanischen Nobelpreisträgers, unterstützten nämlich Keiko Fujimori, weil diese versprach, das liberale Wirtschaftsmodell weiterzuführen. Dank der globalen Rohstoffnachfrage verschafft es dem Staat und vor allem den Unternehmen hohe Gewinne.
Der Preis für das anhaltende Wirtschaftswachstum sind jedoch eine große Zahl sozialer Konflikte in den ländlichen Gebieten, in denen die Rohstoffe - Gold, Silber, Kupfer, Erdöl, Erdgas - abgebaut werden. Die Schürfrechte werden vom Zentralstaat vergeben, ohne dass die lokale Bevölkerung gefragt wird. Hier findet Humala seine Anhängerschaft. Mit einem gemäßigten Diskurs hat er zudem viele Peruaner überzeugen können, dass er kein peruanischer Hugo Chavez ist.
Der venezolanische Präsident gilt vielen Peruanern als Inbegriff eines wirtschaftsfeindlichen Diktators - , sondern dass er dem in Lateinamerika hoch angesehenen ehemaligen brasilianischen Präsidenten und Gewerkschafter Luiz Inacio Lula da Silva nacheifern möchte. Dieser hat es geschafft, marktwirtschaftliche Freiheit mit einer staatlichen Umverteilungspolitik und einer nationalen Industriepolitik zu verbinden. Dass Humala zwei hochrangige Berater aus dem Umfeld Lulas in seinem Team hatte, wird auch als strategische Annäherung Humalas an den großen Nachbarn Brasilien gesehen. Innerhalb Südamerikas bedeutet die Wahl Humalas, dass sich der Linksruck in den Regierungen fortsetzt. Nur noch Kolumbien und Chile werden von Konservativen regiert.
(Quelle: KNA)
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