martes, 12 de abril de 2011

Wahlen 10: Ollanta und Keiko in der Stichwahl

Ollanta Humala und Keiko Fujimori in der Stichwahl

Keiko Fujimori / Conreso de la Rep. del Peru, Flickr

Noch vor einer Woche haben 41 Prozent der Peruaner in einer Wahlumfrage angegeben, sie würden nie für Ollanta Humala stimmen. 40 Prozent gaben an, auf gar keinen Fall ihre Stimme Keiko Fujimori zu geben. Die Prinzipienfestigkeit der Peruaner wird mit dem Wahlergebnis vom vergangenen Sonntag nun auf die Probe gestellt. Denn der ehemalige Offizier Ollanta Humala und die Autokraten-Tochter Keiko Fujimori haben die erste Wahlrunde gewonnen und werden sich am 5. Juni bei der Stichwahl gegenüberstehen.

Bei 88 Prozent der ausgezählten Stimmen hat Ollanta Humala 31,5 Prozent und Keiko Fujimori 23,28 Prozent erhalten. Der drittplazierte Pedro Pablo Kuczynski hat 18,9 Prozent der Stimmen auf sich versammelt und kann Keiko Fujimori den zweiten Platz nicht mehr streitig machen.

Wahl zwischen „Krebs und Aids“

Damit haben die Peruaner nun die Entscheidung zwischen „Krebs“ und „Aids“, wie ihr frischgekürter Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa vor der Wahl befürchtete. Warum ? Der 48-jährige Ollanta Humala war bereits vor 5 Jahren dem nun scheidenden Präsidenten Alan García in der Stichwahl nur knapp unterlegen. Damals zeigte sich Ollanta Humala noch im roten T-Shirt und zelebrierte seine Nähe zum venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez und dessen Modell eines bolivarianischen Sozialismus für ganz Lateinamerika.

Obwohl Humala sich heute nur noch in Anzug und Krawatte zeigt, sich jede Einmischung von Hugo Chávez verbittet und die Nähe zum beliebten ehemaligen Präsidenten Brasiliens Lula sucht, befürchtet eine große Zahl von Peruanern weiterhin, dass mit Humala auch Chávez in den Regierungspalast einziehen und das in ihren Augen so erfolgreiche wirtschaftsliberale Modell ändern wurde.

Dank einer investitionsfreundlichen Politik und der weltweiten Nachfrage nach Rohstoffen, verzeichnet die peruanische Volkswirtschaft ein stetiges Wachstum seit zehn Jahren.

Rückkehr der Korruption

Die Bedenken gegen die 36-jährige Keiko Fujimori richten sich gegen die Tochter ihres Vaters. Alberto Fujimori hat Peru von 1990 – 2000 regiert und sitzt heute wegen Vergehen gegen die Menschenrechte im Gefängnis in Lima.

Dies ficht jedoch viele Peruaner nicht an, die Fujimori den Sieg über den Terrorismus zu Gute halten. Dank einer guten Kampagne und ihrem Auftreten als loyale Tochter und junge Familienfrau konnte sich Keiko den zweiten Platz sichern.

Für viele Peruaner jedoch steht Keiko Fujimori für eine Amnestie ihres rechtskräftig verurteilten Vaters und für die Rückkehr der mafiösen Korruption in die Regierung.

Wirtschaftsaufschwung nicht angekommen

Der Wahlausgang vom Sonntag zeigt zum einen, dass der von der García-Regierung allenthalben verkündete Wirtschaftsaufschwung bei einem erheblichen Teil der Bevölkerung nicht angekommen ist. Dies geben auch die drei bürgerlich-liberalen Kandidaten Pedro Pablo Kuczynski, Alejandro Toledo und Luis Castaneda zu. Sie gehören zu den großen Verlieren dieser Wahlen, obwohl dank ihrer Wirtschaftspolitik Peru heute in Business-Kreisen zu den Top-Performern zählt.

Der Blogger Marco Sifuentes gibt noch eine andere Erklärung für den überraschenden Wahlausgang: Die García-Regierung habe Wirtschaftswachstum einfach mit Entwicklung gleichgesetzt. „ Mehr Handys, mehr Einkaufszentren, mehr SUV-Autos ersetzen nicht mehr und bessere Schulen, Gesundheitsposten und soziale Gerechtigkeit”.

Bürgerliche Mitte umwerben

Für die Wahl am 5. Juni werden sowohl Humala als auch Fujimori alles dransetzen, die bürgerliche Mitte Perus zu umwerben. Trotz moderater Diskurse von Seiten der Kandidaten ist zu befürchten, dass der Wahlkampf mit äußerst harten Bandagen geführt werden wird. Sowohl Humala wie auch Fujimori haben erbitterte Gegner.

Schriftsteller Mario Vargas Llosa hat inzwischen eine neue Metapher angeboten, die auch noch Raum für ein wenig Hoffnung lässt. Peru habe die Wahl, so sagte er der spanischen Tageszeitung „Vanguardia“ , entweder Selbstmord zu begehen oder auf ein Wunder zu hoffe.

(Quelle: www.blickpunkt-lateinamerika.de)

sábado, 9 de abril de 2011

Wahlen (9): China, Cholo, Comandante, Gringo - wie kulturelle Stereotypen den Wahlkampf prägen


Wen die Peruaner lieben, den nennen sie bei Vornamen oder geben ihm oder ihr einen Spitznamen. Damit ist man sozusagen in die Familie aufgenommen, im Guten wie im Schlechten. Oft verweisen die Spitznamen auf kulturelle Stereotypen, die im multikulturellen Peru äusserst vielschichtig und dynamisch sind. Die vier aussichtsreichsten Kandidaten für die morgigen Wahlen sind von den Peruanern deswegen längst "getaggt" worden: Comandate, Cholo, China, Gringo.

Schauen wir uns an, wie die Kandidaten diese Stereotypen bewusst einsetzen oder aber sich dagegen wehren.



El "Comandante" Ollanta Humala:

Der Übername "Comandante" rührt von der militärischen Vergangenheit Humalas und erinnert positiv an seinen Putschversuch gegen den in den letzten politischen Zügen liegenden Alberto Fujimori. Vor allem die Wähler in den ländlichen Gegenden wählen Humala eben deswegen: weil sie sich von ihm die Regierung der festen Hand erhoffen, die gegen Schlendrian, Korruption und sonstige Übel vorgeht. Im negativen jedoch erinnert "Comandante" an den karibischen Gevatter Hugo Chávez und unzählige Militärdiktatoren in der peruanischen Geschichte. Und von dem will und muss sich Humala unbedingt absetzen, will er in Peru gewinnen. Seine gesamte Wahlkampfstrategie fusste also darauf, sich vom "Comandante" Image zu befreien und sich als peruanischer Lula zu präsentieren. Bisher hat diese Strategie, auch dank Beratern der brasilianischen Arbeiterpartei, hervorragend funktioniert: Humala liegt in den Umfragen weit vorn und scheint den Einzug in die zweite Runde sicher zu haben. Dementsprechend gelassen zeigt er sich in der letzten Pressekonferenz vor der Auslandspresse. Wie immer im tadellosen dunkelblauen Anzug, nur Böswillige würden die tiefrote Krawatte als Ausdruck einer politischen Gesinnung missverstehen. Ob der "Comandante" in der Stichwahl wieder zum Vorschein kommen wird ? Oder ob ihm die Peruaner bis dahin einen neuen Übernamen gefunden haben ? Davon könnte sein Wahlerfolg am 5. Juni abhängen.

Der "Gringo" Pedro Pablo Kuczynski (PPK):

PPK steht vor dem gleichen Problem wie Ollanta Humala: sein Gringo-Typ ist Segen und Fluch zugleich, will er peruanischer Präsident werden. Die wirtschaftsliberale, gut ausgebildete Oberschicht wählt ihn gerade deswegen. Sie sieht im "Gringo" den Pragmatiker, den Technokraten mit besten Beziehungen zur globalen Wirtschaftselite, den das Land ihrer Meinung nach braucht. Aber in Peru gewinnt man keine Wahlen mit der dünn gestreuten Oberschicht. Und im Volksmund ist ein "Gringo" ein Fremder, niemandem, dem man seine Frau, sein Haus oder gar sein Land anvertrauen würde. Deswegen tut PPK alles, um sein "Gringo"-Image abzuschütteln. Nun kann Ollanta Humala einfach seine Uniform ausziehen, und hoffen, dass die Leute irgendwann mal vergessen, dass er Offizier war. Aber wie soll PPK mit seinen über 1 Meter 80 und seiner weissen Hautfarbe seine Herkunft vergessen lassen ? Aus diesem Grund ist die Kampagne PPKs diejenige mit den volkstümlichsten Symbolen. Alle Banner sind in schreienden Pink-Grün-Rot-Farben gehalten, die gleichen Farben mit denen informelle Geschäfte in den Vorstädten ihre Waren anbieten. Sein Maskottchen ist ein Meerschweinchen, Delikatesse der Bergbewohner, im spanischen "Cuy" genannt. Als "PPKuys" verkleidete Werbeträger verteilen Plüsch-Cuys. Und deswegen lässt sich PPK auch ungeniert an seine Weichteile fassen (siehe vorherigen Eintrag). Ein Gringo wird er für die Peruaner immer bleiben, aber je mehr sie ihn als einen der ihren ansehen, desto mehr steigen seine Wahlchancen.
An der letzten Pressekonferenz vor den Wahlen gibt er sich siegessicher. Eben hat er den Rückhalt der regierenden Apra-Partei zugesagt bekommen. Dafür hat er Alejandro Toledo mit seinem Vorschlag einer breiten demokratischen Front eine Absage erteilt.

La "china" Keiko Fujimori

Bei Keiko spielt ihre ethnische Zugehörigkeit keine Rolle. "China" ist sie nicht wegen der japanischen Abstammung ihrer Eltern, sondern weil sie die Tochter des "Chino" ist. Und el "Chino" ist in Peru nur einer, nämlich Alberto Fujimori.
Im Gegensatz zu Humala oder PPK will Keiko nur die sein, die sie immer war: die gute Tochter. Mit dieser Wahlstrategie fährt sie bestens. Für die Anhänger ihres Vaters verkörpert sie die Politik der festen Hand - und buhlt damit um die gleiche Wählerschaft wie der "Comandante" Humala, der eigentlich keiner mehr sein will.
Zugleich spielt Keiko geschickt auf der Klaviatur der jungen Mutter und Ehefrau. Die rundliche 36-jährige verkörpert so in ihren Worten die harte Hand ihres Vaters, wie auch die Mutter, die sich um ihre Kinder (sprich das Volk) sorgt. Die Strategie geht auf. Einige Umfragen sehen Keiko als Zweitplazierte hinter Humala. Als einzige der vier Kandidaten gab sie gestern keine Konferenz für die Auslandspresse. Bei der liberal-bürgerlichen Auslandspresse, so nimmt sie wohl richtigerweise an, kann sie sowieso nicht punkten. Bei ihren Landsleuten dagegen sehr.

Der "Cholo" Alejandro Toledo

2001 hat Alejandro Toledo die Wahl gewonnen, weil er seine indianische Herkunft als "Cholo" ganz bewusst eingesetzt hat. Geschätzte 80% der Peruaner dürften "Cholos" sein, also mehr oder weniger indianische Wurzeln haben und sich dementsprechend als "Underdogs" in der peruanischen Gesellschaft fühlen. Als "Cholo aus Harvard " verkörperte Toledo den Traum vieler Peruaner auf gesellschaftlichen Aufstieg durch Bildung. In den diesjährigen Wahlen trat er zuerst als Favorit an und muss nun um den Einzug in die Stichwahl-Runde bangen. Für viele Wähler sind die inhaltlichen Unterschiede zwischen Toledo und seinem früheren Premierminister Kuczynski nicht klar erkennbar. Toledo hat bisher vielleicht zu wenig auf sein positiv besetztes "Cholo" Image gesetzt. In seiner Abschlusskundgebung blitzte der alte "Cholo" Toledo wieder auf. Wenn die Demokratie in Peru gefährdet sei, dann würde er sich wieder seine "vincha", das Indio-Stirnband, anziehen und die Proteste anführen, wie damals gegen Fujimori. In solchen Momenten glaubt man dem "Cholo" und man könnte fast meinen, da sei ein Inka wieder auferstanden, um gegen die Conquista zu Felde zu ziehen. Mal schauen, ob es ihm am Sonntag reichen wird.


Wahlen im Macholand (8): Ist ein Gringo Mann´s genug Peruaner(innen) zu regieren ?

Am 1. April stellte das Ehrentribunal der obersten peruanischen Wahlbehörde (JNE) folgendes klar: es läge kein Beweis dafür vor, dass sich der Präsidentschaftskandidat Pedro Pablo Kuczynski (PPK) aus wahlkampftaktischen Gründen unsittlich betasten habe lassen. Das Ehrentribunal ermahnte des weiteren die Bevölkerung, seinen Kandidaten aufs höchste Amt im Staat den gebührenden Respekt zu erweisen.

Ein peruanischer Aprilscherz ? Weit gefehlt!

Das unziemliche Ereignis geschah Ende Februar. Der "Gringo" Kandidat PPK - ein 73-jähriger Peruaner europäischer Abstammung und US-amerikanischer Doppelbürger - hatte gerade eine Wahlkampfveranstaltung in der Hafenstadt Callao hinter sich und begab sich in die Volksmenge. Eine schon etwas ältere Frau mit Baselball-Mütze näherte sich ihm und fasste ihm an seine besten Teile, angeblich ein Zeichen ihrer Wertschätzung und, wie sie später sagte, weil sie fühlen wollte, wie es bei einem Gringo unten herum bestellt sei. PPK lächelte dazu und nahm die Sache mit Humor. Zufällig (?) war eine Kamera zugegen, am nächsten Tag war die "Tocada" PPKs Schlagzeile in allen Medien. Und der damals noch bei 6% der Wählerstimmen herumdümpelnde PPK machte einen Sprung in der Beliebtheitsskala. Seine Umfragewerte stiegen in den zweistelligen Bereich.

Alles Wahlkampfstrategie, witterte ein Kandidat der Opposition und zeigte PPK wegen der Verwendung unsittlicher Mittel bei der obersten Wahlbehörde an. Woraufhin das Ehrentribunal sich gezwungen sah, obiges Urteil zu sprechen.

PPK jedoch dürfte die beabsichtigte oder unbeabsichtigte "Tocada" mehr Wähler eingebracht haben als alle seine gesetzten Redebeiträge zusammen.

viernes, 8 de abril de 2011

Wahlen 7: Keine grüne Überraschung

Keine grüne Überraschung im Wahlkampf

Peruanischer Wald / Emmanuel Dyan, Flickr

Im Gegensatz zu Brasilien und Kolumbien sind „grüne Themen“ in Peru kaum ein Thema. Dabei ist das Land ganz besonders vom Klimawandel und den negativen Folgen des ungezügelten Abbaus natürlicher Ressourcen betroffen.

Wenn ein Volk um die Tücken der Natur weiß, dann sollten es die Peruaner sein: Erdstöße und Erdbeben gehören zum Alltag; alle paar Jahre wird die Küstenregion vom Klimaphänomen des „Niño“ heimgesucht, und auf 4000 Meter sterben jedes Jahr Kleinkinder ob einer Kältewelle.

In Peru stehen 70 Prozent der Tropengletscher, die am Abschmelzen sind. Und entweder es fällt zuviel Regen, wie jetzt gerade im Amazonasgebiet, wo Teile unter Wasser stehen. Oder es herrscht Trockenheit und nicht mal die heimischen Schamanan vermögen den Regen herbeizubeten, wie jetzt gerade in den nördlichen Küstengebieten.

„Aufgrund seiner geographische Gegebenheiten gehört Peru zu den Ländern, die am meisten vom Klimawandel betroffen sind“, sagt Rocío Valdeavellano von der Bürgerbewegung „Mocicc“, die sich mit den Folgen des Klimwandels auseinandersetzt.

Keine Stimmen zu gewinnen

Bei den am Sonntag stattfindenden Präsidentschaftswahlen ist der Klimawandel dennoch kein Thema. „Die Kandidaten sehen, dass es ein komplexes Thema ist, mit dem sie keine Stimmen gewinnen können“, erklärt Valdeavellano das Fehlen der Umweltpolitik in der öffentlichen Debatte. Zwar hätten die Präsidentschaftskandidaten diesbezüglich ein paar Vorschläge in ihr Wahlprogramm aufgenommen, wie die Wasserbewirtschaftung nach Einzugsgebieten. „Aber darüber, ob sie deswegen Bergbaukonzessionen in Quellgebieten aussetzen, haben sie nichts gesagt“, moniert Valdeavellano.

Bewegung „Tierra y Libertad“

Eine grüne Überraschung wie letztes Jahr bei den Präsidentschaftswahlen in Brasilien, als Marina Silva viele Stimmen bei der jungen urbanen Mittelschicht holte, wird in Peru wohl ausbleiben. Die politische Bewegung, die im peruanischen Parteienspektrum am ehesten als Grüne Partei in Frage kommen würde, ist die Bewegung „Tierra y Libertad“ . Ihr Präsident Marco Arana ist ein bekannter Bergbaukritiker und Umweltpolitiker. Letztes Jahr hat er für sein Engagement den Aachener Friedenspreis verliehen bekommen. Für die Registrierung seiner Gruppierung als politische Partei in Peru hat es jedoch nicht gereicht. Nachdem sich ein geplantes Wahlbündnis mit einer linken Partei zerschlagen hatte, erreichte „Tierra y Libertad“ nicht die erforderliche Zahl an Unterschriften, um mit einer eigenen Kandidatenliste am Wahlkampf teilnehmen zu können.

„Reichtümer nur rausholen“

Marco Aranas Sicht auf die umweltpolitischen Vorschläge der antretenden Kandidaten fällt nüchtern aus. „ Alle vertreten die Position, dass Peru ein reiches Bergbauland ist und man die Reichtümer nur rausholen muss“. Auch fehle es an institutionellen Mechanismen. Das vor zwei Jahren gegründete Umweltministerium sei schwach. Die Medien würden das ihre dazu tun, in dem sie nur punktuell über Naturkatastrophen berichten, aber ansonsten Umweltthemen außen vor ließen.

Keine Politische Plattform

„Es gibt zwar zunehmend Umweltgruppen in Peru, die sich lokaler Anliegen annehmen, aber sie haben noch keine nationale politische Plattform, und machen sich deshalb in gewaltsamen Zusammenstößen Luft“, analysiert Arana. Während er spricht, wartet er auf einen Anruf aus Mollendo im Süden Perus, wo der Protest der Bewohner gegen ein geplantes Kupferbergwerk soeben drei Menschenleben gekostet hat.

Rocío Valdeavellano von „Mocicc“, der Bürgerbewegung zum Klimawandel, sieht das ähnlich, die vorhandenen Gruppen seien nicht politisch vernetzt. Dennoch macht sie in der Stadt ein zunehmendes Interesse bei jungen Leuten an Umweltfragen aus. Nicht zuletzt zeigt sich das an der Kampagne „A votar en bici“, die von „Mocicc“ mitgetragen wird. Die Bürger, so der Aufruf, sollen ihr Auto zu Hause lassen und mit dem Fahrrad zum Wahllokal fahren.

(Quelle: www.blickpunkt-lateinamerika.de)

martes, 5 de abril de 2011

Wahlen 6: Die Peruaner und Hugo Chávez

Eine junge Leserin stellte mir die Frage, warum die Peruaner eine so grosse Abneigung gegenueber Hugo Chávez haben, wenn er doch sonst als Held präsentiert wird ?

Eine gute Frage. Nun ist mit Hugo Chávez heute kein grosser Staat mehr zu machen. Sein Status als Revolutionsheld a la Che Guevara verfällt immer mehr. Seit George W. Bush als hemdsärmliger Gegenspieler von der politischen Weltbühne abgetreten ist, steht Chávez heute ziemlich isoliert da als Haudegen mit diktatorischen Allüren in der politischen Landschaft Südamerikas. Seine Verbündeten sind zunehmend Diktatoren oder demokratisch gewählte Autokraten: Fidel Castro, Daniel Ortega, Gaddafi. Vor allem aber: Seinem Land, Venezuela, geht es trotz seines Ölreichtums, wirtschaftlich immer schlechter - nicht gerade ein Leistungsausweis für den bolivarianischen Sozialismus.

Dennoch ist die Frage der Leserin berechtigt, denn in Peru mochte man Hugo Chávez noch nie. Auch nicht zu den Zeiten, als der Bolivarianismus a la Chávez noch als hoffnungsvoller Gegenentwurf zum neoliberalen Washington-Consensus galt. Auch in Zeiten, in denen Chávez eine demokratische Wahl nach der anderen gewann - erwiesenermassen ohne Trickserei - sprach man in Peru schon vom "Diktator Chávez". Ich erinnere mich an die Schlagzeile der linken Tageszeitung "La República" im April 2002,nachdem Hugo Chávez für kurze Zeit von der Ultrarechten Venezuelas in einem Staatstreich abgesetzt wurde: "Cayó otro dictador", "Wieder ein Diktator gefallen".
Hugo Chávez war damals alles andere als ein Diktator, sondern ein Opfer eines Staatsstreiches. In Peru jedoch, noch berauscht vom eigenen Erfolgt den Fast-Diktator Alberto Fujimori durch friedliche Massenproteste abgesetzt zu haben, setzte man Hugo Chávez - willkürlich, unbewusst ? - mit Alberto Fujimori gleich. Die Anti-Chavisten aus Venezuela waren damals gern gesehene Gäste in peruanischen TV-Talkshows und die Putschisten gegen Cavez wurden dort als Helden der Demokratie gefeiert. Die Zivilgesellschaft , das waren in Peru damals die demokratisch und links Gesinnten , die gegen Alberto Fujimori auf die Strasse gingen. In Venezuela bezeichneten sich dagegen die dem rechten Langer angehörenden Anti-Chavisten auf der Strasse als Zivilgesellschaft. Die irrefürende Gleichung, dass Zivilgesellschaft gleich Zivilgesellschaft sei, dass die Bürgerbewegung gegen Alberto Fujimori verwandt sei mit der Bürgerbewegung gegen Hugo Chávez, wurde noch verstärkt, als der flüchtige peruanische Geheimdienstchef Vladimiro Montesinos nach Monaten in Venezuela aufgespürt wurde. Bis heute nicht ganz klar ist, ob Montesinos Deckung von Hugo Chávez hatte.

Beides führte dazu, dass es in Peru seit Jahren nicht möglich ist, positiv von Hugo Chávez zu reden, ohne politischen Selbstmord zu begehen. Die Rechte mochte Hugo Chávez sowieso noch nie, aber auch die Linke vermochte nie einigermassen objektiv oder gelassen über Chávez zu reden.

Einige Peruaner würden vielleicht sagen, dass sie es damals schon spürten, dass der Hoffnungsträger Chávez zum Diktator mutieren würde. In meinen Augen zutreffender ist die Hypothese, dass die Zeitgleichheit vom Kampf gegen das autoritäre Regime des Alberto Fujimori und die Selbstinszenierung der protestierenden Anti-Chavistas als Zivilgesellschaft gegen ihr Regime zu einem Trugschluss führte.

Ollanta Humala hat das begriffen. Ein Bild wie vor 5 Jahren von Hugo Chávez und Ollanta Humala im freundlichen Einvernehmen wird es in diesem Wahlkamp nicht geben.

Wahlen Peru 5: Zeitlupenfinale in Lima

05.04.2011

Peru

Zeitlupenfinale in Lima

Machu Picchu / Wikipedia

Ein ehemaliger Präsident, der Premierminister dieses ehemaligen Präsidenten, die Tochter eines anderen Ex-Präsidenten, der inzwischen wegen Menschenrechtsvergehen im Gefängnis sitzt, ein ehemaliger Offizier, der einst gegen den nun einsitzenden Ex-Präsidenten putschte, sowie ein früherer Oberbürgermeister von Lima: diese Kandidaten stehen zur Auswahl bei den Präsidentschaftswahlen am kommenden Sonntag in Peru. Nur zwei von ihnen werden es in die letzte Runde, zur Stichwahl am 5. Juni schaffen.

Aufstieg Humalas

Vor wenigen Wochen noch schien es, als ob der nächste peruanische Präsident auch der alte sein würde. Der 62-jährige Alejandro Toledo, der das Land von 2001 bis 2006 regierte, lag in der Wählergunst weit oben. Wenige Tage vor der Wahl am 10. April hat sich das Blatt gewendet. Der Linksnationalist Ollanta Humala führt mit 27% die Umfragen an, eng gefolgt von Keiko Fujimori, die Tochter des vormaligen Präsidenten Alberto Fujimori, Alejandro Toledo sowie sein früherer Premierminister Pedro Pablo Kucynski. Alle drei haben gute Chancen, in die zweite Wahlrunde am 5. Juni gegen den bisher führenden Ollanta Humala einzuziehen. Einzig der vorherige Oberbürgermeister von Lima, Luis Castanheda, scheint weiter abgefallen.

Alarmglocken beim Namen Hugo Chávez

Keiner der fünf Kandidaten ist neu im peruanischen Politikbetrieb. Dennoch hat der Aufstieg Humalas das politische Establishment durcheinandergewirbelt. Denn Ollanta Humala galt vor fünf Jahren, als er knapp dem scheidenden Präsidenten Alan García unterlag, als Günstling von Hugo Chávez. Und beim Namen Hugo Chávez läuten in Peru alle Alarmglocken. Denn das einstige Armenhaus Südamerikas gehört auch dank seiner nun 20 Jahre andauernden markt- und investitionsfreundlichen Politik zu den aufstrebenden Ländern Lateinamerikas.

Perus Wirtschaft ist seit zehn Jahren ständig gewachsen und wird heute in seiner Dynamik im gleichen Atemzug mit Brasilien genannt. Diese wirtschaftliche Erfolgsgeschichte möchten sich sowohl Alejandro Toledo, als auch der frühere Weltbankfunktionär und Investmentbanker Kuczynski wie auch Keiko Fujimori als politische Erbin ihres Vaters Alberto Fujimori auf die Fahnen schreiben.

Schattenseiten des Booms

Doch nun könnte es sein, dass ihnen Ollanta Humala den Rang abläuft. Der Aufstieg Ollanta Humalas steht für die Schattenseite dieses Wirtschaftsbooms, der auf dem Export von Edelmetallen sowie intensiv angebauten Agrarprodukten gründet. Die Armutsquote ist zwar in den vergangenen zehn Jahren von 50 Prozent auf ca. 35 Prozent gefallen, aber die Menschen in den ländlichen Gebieten haben wenig vom Aufschwung Perus profitiert.

Anzug statt rotes T-Shirt

Humala hat aus seinen Fehlern gelernt. Heute zeigt sich der ehemalige Offizier nicht mehr im roten T-Shirt sondern in Anzug und Krawatte. Er spricht von der Bedeutung der Auslandsinvestitionen und des Wirtschaftswachstums. Er sagt, wie wichtig das Unternehmertum sei, und dass sein Nationalismus ein rein kultureller sei, wie um jegliche Ähnlichkeit mit dem in Peru höchst unbeliebten venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez weit von sich zu weisen. Dennoch malen die politischen Gegner und die meisten Medien bereits das Gespenst des sozialistischen Chavismus in Peru an die Wand, das bei einem Sieg Humalas in Peru Einzug halten würde.

Die demokratische Mitte spaltet sich in Peru in die drei Kandidaten Toledo, Kuczynski und Castanheda auf, wobei Toledo eher dem Mitte-Links und Kuczynski und Castanheda dem Mitte-Rechts-Spektrum zugerechnet werden.

Von der Spaltung profitieren

Von dieser Spaltung könnte die 36-jährige Keiko Fujimori profitieren. Ihr Vater zeichnet zwar für den größten Korruptionsskandal der jüngsten peruanischen Geschichte verantwortlich und sitzt im Gefängnis , weil er Todesschwadronen auf Studenten schießen ließ. Für viele Peruaner zählt jedoch mehr, dass in seiner Präsidentschaft der Terrorismus des Leuchtenden Pfades besiegt wurde und dass er assistentialistische Sozialprogramme ins Leben rief.

Autorin: Hildegard Willer, Lima

(erschienen in: www.blickpunkt-lateinamerika.de)

lunes, 4 de abril de 2011

Wahlen-Peru 4: Die Tochter



"Ich wähle natürlich Keiko", teilte mir Antonio im Brustton der Überzeugung mit. Antonio repariert seit einem halben Jahrhundert alte Fahrräder am Markt von Pueblo Libre in Lima, und ich dachte, er sei die Ausnahme im Heer von Alejandro Toledo-Sympatisanten. Der galt vor ein paar Wochen schon fast als nächster Präsident Peru . Spätestens als Miguel, mein langjähriger Vermieter, ein ernstes Gesicht aufsetzte, um mir zu erklären, wem Peru seiner Meinung nach den sozialen Frieden und die wirtschaftliche Stabilität zu verdanken habe - nämlich Alberto Fujimori - , wurde mir klar, dass man bei den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen mit ihr zu rechnen hat. Keiko Fujimori, die Tochter des wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilten Alberto Fujimori. Der war von 1990 - 2000 Präsident von Peru, setzte sich vor dem grössten (dokumentierten) Korruptionsskandal der jüngsten peruanischen Geschichte nach Japan ab, verrechnete sich fünf Jahre später beim Versuch, von Chile aus in die Wahlen 2006 einzugreifen, wurde von den Chilenen an Peru ausgeliefert und 2009 zu 25 Jahren Haft verurteilt, weil eine von ihm befehligte bzw. geduldete Todesschwadron Studenten massakriert hatte.

Trotz seiner nachgewiesenen Verfehlungen kann Alberto Fujimori auch noch heute in Peru auf eine eingefleischte Anhängerschaft zählen. Vor allem aber kann er auf ein liebende Tochter bauen, die heute 36-jährige Keiko Fujimori. Sie lächelt von orangefarbenen Wahlplakaten, der Farbe des Fujiorismus. Inhaltlich hat sie nicht viel zu sagen, aber das was sie sagt, bringt sie mit voller Überzeugung vor: "Ich bin stolz auf meinen Papi und werde es genauso machen wie er". Sprich: Strassen bauen, Lebensmittel verteilen, den Kongress absetzen, wenn er zu aufrührerisch wird und mit eiserner Hand für Ruhe im Land sorgen. Ob sich aus der Staatskasse bereichern, auch dazu gehört, ist bis heute erbitterter Streitpunkt zwischen Fujimori-Anhängern und Gegnern. Anders als bei Fujimoris Chefberater Vladimiro Montesinos wurden von Alberto Fujimori bis heute keine Auslandskonten gefunden.Ebenso ungeklärt sind bis heute die Vorwürfe, dass Alberto Fujimori die teure Universitätsausbildung seiner 4 Kinder an nordamerikanischen Privatuniversitäten aus der Staatskasse bezahlt habe.


Keiko stammt aus einer dysfunktionalen Familie: Mutter Susana Higuchi wurde von Alberto Fujimori Anfang der 90-er Jahre des Palastes verwiesen und wurde selbst zur erbitterten Kritikerin des Präsidenten-Ehemanns. Die vier Kinder blieben beim Vater, die damals 19-jährige Keiko übernahm die Rolle der "First Lady". Die Rolle der liebenden Tochter und Anführerin des Fujimorismus hat sie seitdem nicht mehr abgelegt. 2006 wurde sie mit der meisten Stimmenzahl als Abgeordnete in den Kongress gewählt. Dass Keiko dort vor allem durch Abwesenheit glänzte, und statt Gesetze zu machen, auf Staatskosten in den USA ihren Master machte, nebenbei einen US-Amerikaner heiratete, zwei Töchter gebahr und ihre Wahlkampagne vorbereitete, scheint ihre Anhänger nicht zu stören.

Heute punktet sie nicht nur als loyale Tochter, die ihren Vater aus dem Gefängnis holen will, sondern auch als treusorgende Ehefrau und Mutter bei den Peruanern. Bisher hat ihre Wahlstrategie verfangen. In den letzten Umfragen liegt sie hinter dem Linksnationalisten Ollanta Humala gleich auf mit Alejandro Toledo und Pedro Pablo Kuczynski. Viele Peruaner bereiten sich bereits auf einen Showdown zwischen Ollanta Humala und Keiko Fujimori in der zweiten Wahlrunde vor und bringen ihre jeweiligen Geschütze in Stellung. Der einflussreiche Journalist Jaime Baily hat bereits eine Wahlempfehlung abgegeben: "Wenn ich einmal 73 Jahre alt bin (so alt wie Alberto Fujimori), dann hätte ich auch gerne eine so liebende Tochter wie Keiko".

Wahlen Peru 3: Ollanta und der Kardinal

28. März 2011

Endlich wird es spannend. Während sich der limenische Sommer dem Ende zuneigt, wird es im Rennen um die Präsidentschaftswahl am 10. April nochmal richtig heiss.

Nachdem es wochenlang danach aussah, als ob Alejandro Toledo auf jeden Fall in die zweite Runde kommen würde, und Ollanta Humala und Pedro Pablo Kuczynski (auf Grund seines für Peruaner unaussprechlichen Namens nur PPK genannt) weit abgeschlagen waren, ist 2 Wochen vor den Wahlen wieder alles offen. Die letzte Umfrage von Datum S.A. sieht Toledo mit 19,4% knapp vor Ollanta Humala und PPK mit 17,6% der Stimmen. Keiko Fujimori, die Tochter des einsitzenden Ex-Präsidenten Alberto Fujimori, folgt mit 16,1%, der vormalige OB von Lima, Luis Castañeda, dicht dahinter mit 15%.

Zum einen ist dies ein guten Zeichen: Endlich könnte über Inhalte geredet werden. Denn der Links-Kandidat Ollanta Humala und der als Vertreter der Wirtschafts-Elite angesehene PPK vertreten ursprünglich antagonistische Positionen, auch wenn beide Kandidaten mit sozialdemokratisch eingefärbten Diskursen erkenntlich um die Mitte buhlen. Ein heisses Thema könnte und müsste die Regulierung und Besteuerung der mächtigen Bergbaukonzerne mit ihren für sie sehr günstigen Steuerverträgen und laxen Umweltauflagen werden.

Könnte: Denn die Kandidaten und ihre medialen Sprachrohre bringen sich mit wahltaktischen Überlegungen schon in Stellung für die zu erwartende Schmutzkampagne.

Der erste war Ollanta Humala: Am 21. März überraschte er samt Ehefrau Nadine mit einem Coup. Eben hatten sie mit dem höchsten Würdenträger der katholischen Kirche in Lima, dem Opus-Dei-Kardinal Juan Luis Cipriani gefrühstückt. "Wir sind eine konservative katholische Familie", betonte Ollanta, und dass die Ehe zwischen Mann und Frau die einzige sei. Seine Worte bekräftigte der Kandidat demonstrativ mit einem Rosenkranz in seiner Hand, wie um zu sagen, dass er vor jeder Wahlkampfveranstaltung ein Ave Maria beten und um den Segen des Kardinals bitten würde.


Ollanta und Nadine Humala nach ihrem Besuch bei Kardinal Cipriani

Dass der rechte Opus-Dei-Kardinal, der sich immer wieder in die Politik einmischt, gerade den linksnationalistischen Humala dermassen mit seiner Gunst segnet, versteht nur, wer die Anweisungen aus dem Vatikan kennt. Die Wirtschaftspolitik ist in den Augen des Vatikans letztlich zweitrangig. Die richtigen Geschütze fährt sie erst auf in den Themen Abtreibung und Homo-Ehe.

Da kennt der Vatikan kein Pardon, und jeder Kandidat , der die hierzu restriktive Gesetzgebung in Peru auch nur etwas aufweichen möchte (wie dies Alejandro Toledo angetönt hatte) , wird von der katholischen Kirche gnadenlos und mit allen Mitteln ins Visier genommen. Humala wollte sich hier schon mal vorsorglich absichern, könnte man meinen. Man könnte aber auch glauben, dass Ollanta Humala wirklich meint, was er sagt. Immerhin stammt er aus einer Familie, die dem Kardinal gefallen dürfte. Ollantas Mutter Elena hatte vor 5 Jahren im Wahlkampf lautstark verkündet, dass alle Homosexuellen erschossen werden sollten.

PPK dagegen steht vor der schweren Aufgabe eines jeden Politikers, seinen Versprechungen Taten folgen zu lassen. Normalerweise muss das ein Politiker erst tun, wenn er einmal gewählt ist. Bei PPK ist das anders, er muss vorher zeigen, ob er hält, was er verspricht. Grossspurig hatte PPK angekündigt, dass er seine US-amerikanische Staatsbürgerschaft - PPK ist Doppelbürger - aufgeben würde, um Präsident zu werden. Bisher hat er dies nicht getan.

Der Wahlkampf würde ihn so sehr in Anspruch nehmen, dass er keine Zeit habe, die entsprechenden Formulare auszufüllen, sagt der Kandidat, der wegen seiner Effizienz und seiner Honorigkeit als Wirtschaftsmanager gewählt werden möchte. Ob PPK noch vor dem 10. April die Zeit finden wird, die dementsprechenden Formulare aufzufüllen ? Davon könnte für ihn die Präsidentschaft abhängen. Den Peruanern ist nämlich in guter Erinnerung was ein Präsident mit Doppelbürgerschaft anrichten kann. Alberto Fujimori hatte sich 2000 ins Land seiner Eltern, nach Japan, abgesetzt. Dank seiner japanischen Staatsbürgerschaft hat ihn Japan nicht ausgeliefert.

Eine ist bisher recht unbeschädigt im Wahlkampf. Die ewig lächelnde Keiko Fujimori, die Tochter des eben desselben Präsidenten. Aber zu Keiko mehr im nächsten Post.

Wahlen Peru 2: Der Gringo

1. März 2011

Er bevölkert seit Wochen meine Facebook-Seite. Und ruft mich per Telefon an, ich solle ihm meine Stimme geben. Heute steht mein ungebetener Freund nun vor mir, und ich kann mir kaum jemanden vorstellen, auf den Facebook- und Telefonmarketing weniger passt denn auf Pedro Pablo Kuczynski, auch PPK genannt. Steif kommt er daher und heute zumindest sieht man ihm jedes seiner 72 Jahre an. Vielleicht liegt es an der Grippe, die ihn gestern im Bett hielt, wie er betont. Oder aber auch an den mickrigen 6% der Wählerstimmen, die ihm die jüngste Umfrage bescheinigt.

Pedro Pablo Kuczynski ist der älteste Kandidat, der um die peruanische Präsidentschaft ins Rennen geht. Auch der politik-erfahrenste. Ende der 60-er Jahre war er Perus jüngster Zentralbankpräsident, in den 80-er Jahren war er Energieminister unter Belaunde Terry, von 2000-2005 unter Alejandro Toledo sowohl Finanz- wie auch Premierminister. Wenn er nicht gerade ein politisches Amt in Peru begleitete, amtete er bei Weltbank, IWF und diversen weiteren Banken in den USA. Dort hat er auch die nordamerikanische Staatsbürgerschaft angenommen, was bei gar so manchem Peruaner nicht gut ankommt. Das wusste auch Kuczynski - und hat sich für sein Wahlbündnis "Alianza para el Gran Cambio" beliebte Provinzpolitiker sowohl von links wie von rechts ins Boot geholt, von Yehude Simon aus Chiclayo bis zu Máximo San Román in Cusco und dem evangelischen Pastor Humerto Lay.

PPK steht im Ruf, gut zu sein. Zu wissen, wie man erfolgreich wirtschaftet. Zumindest verkauft er sich als solcher und hat manchen, die nicht aus der liberalen Ecke kommen, doch einigen Respekt abgenötigt. Ob er der Trumpf ist, der insgeheim Sympathien sammelt, die sich erst in der Wahlurne zeigen ? Ist er der Kandidat des "voto escondido" , den alle abgeschlagenen Kandidaten beschwören ?

Um es vorwegzunehmen: der PPK , der sich heute der Auslandspresse stellt, reisst mich nicht vom Hocker. Seine Rezepte klingen nach verstaubter Sozialdemokratie. Das mag für einen alten Neoliberalen wie PPK ein erstaunlicher Wandel sein, aber passen sie auf das heutige Peru ? Berufsschulinternate möchte er einführen, nach deutschem Vorbild, damit ein Esprit de Corps unter Technikern entsteht. Sogar eine Arbeitslosenversicherung für neue Arbeitnehmer. Formalisierung der Arbeitsverhältnisse, ein langsames Ansteigen des Mindestlohnes und Modernisierung sind sein Credo. Und wenn mehr Leute Steuern bezahlen, könne man diese auch senken. Investitionen in Bildung - wie sie alle Kandidaten versprechen. Das Wirtschaftswunderland Peru soll sich jetzt auch moderne Strukturen zulegen. Ganz falsch klingt das ja nicht.


Spannend wird es bei der Frage, ob die Bergbauunternehmen nun mehr Steuern zahlen sollen. PPK hatte sich immer dagegen ausgesprochen. Nun kommt er ins Überlegen: in den nächsten fünf Jahren würden einige Steuerverträge auslaufen, dann sollten die Unternehmen ihre Royalties - Lizenzgebühren - bezahlen, das würde ihre Steuerlast von 33 auf 42% heben. Ein interessanter Vorschlag für einen ehemaligen Neoliberalen.

Bei den Megaprojekten und Investitionen möchte er aber dann doch das Volk außen vor halten. Die lokale Bevölkerung sei schlecht informiert, um wirklich über Großprojekte von nationaler Bedeutung abstimmen zu können. Und mit den Brasilianern hat es PPK auch nicht. "Lyrisch" seien ihm die Verträge mit den Brasilianern immer vorgekommen. Viel schöne Worte und wenig Konkretes. So sei auch das Energieabkommen Peru-Brasilien zu bewerten. Ob er sich da bei der neuen Hegemonialmacht Brasilien nicht etwas verrechnet? 72 Jahre Fixierung auf die USA machen vielleicht blind für die aktuellen machtpolitischen Veränderungen, die auf dem Kontinent ablaufen.

Überhaupt läuft die Kampagne für ihn nicht so, wie er es sich gedacht hatte. Bei 6% dümpelt er dahin, während sein ehemaliger Chef Toledo, dessen Regierung er, PKK, die nötige Portion Disziplin verlieh, wie er en passant vermerkt, unangefochten an erster Stelle steht. Da hilft ihm auch der Bestseller-Autor und Motivationstrainer Miguel Angel Cornejo aus Mexiko bisher nicht, der mit ihm zum Stimmenfang durchs Land tourt . "Aber die Leute sind ja nur aufs Fernsehen fixiert", lamentiert PKK. An jenem Morgen scheint es, als ob Miguel Angel Cornejo erst mal den Kandidaten selbst neu motivieren muss.

Wahlen Peru 1: Todos vuelven ....... Respektlose Bemerkungen zu den peruanischen Präsidentschaftskandidaten

25. Februar 2011

Alle kehren zurück, beginnt ein bekanntes peruanisches Lied. Der Titel könnte auch für die Wahlkampagne 2011 stehen. Auf der politischen Bühne machen sich die Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen am 10. April bereit, und, siehe da, es sind alles alte Bekannte: Alejandro Toledo, peruanischer Präsident 2001-2006; Ollanta Humala, der 2006 die Wahlen knapp gegen Alan García verloren hat; Luis Castañeda, bis vor kurzem Bürgermeister von Lima; Keiko Fujimori, die Tochter des verhafteten ExPräsidenten Alberto Fujimori, sowie Pedro Pablo Kuczynski, Wirtschafts- und Premierminister in der Toledo-Regierung: sie alle wollen am 10. April von den Peruanerinnen und Peruanern gewählt werden.

Die besten Chancen hat gemäß den Umfragen Alejandro Toledo. Er hatte sich vor 10 Jahren um die Rückkehr Perus zur Demokratie verdient gemacht, hat Fujimoris liberales Wirtschaftsprogramm weitergeführt und die Grundlagen für das anhaltende Wirtschaftswachstum gelegt. Trotz dieser unbestrittenen Erfolge wurde Alejandro Toledo während seiner Präsidentschaft viel gescholten und wenig geliebt. Zu liederlich, zu wenig charakterfest, zu peruanisch aussehend, war er für viele Peruaner, denen Jahrhunderte lang eingeimpft wurde, dass das Heil weißhäutig und möglichst europäisch daherkommt.


Der Alejandro Toledo, der sich am Morgen des 27. Januar der Auslandspresse präsentiert, erinnert an einen in die Jahre gekommenen Hollywood-Star, der sich nach einer durchzechten Nacht eben frisch gemacht hat: nasses (oder frisch gegeltes) Haar, offener Hemdkragen, fehlt nur die spiegelnde Sonnenbrille und das Goldkettchen zum Mel Gibson-Verschnitt. Er habe eine Schuld offen mit seinem Land, verkündet Toledo mit gewohnt pompöser Stimme: das Wachstum, das in seiner ersten Regierung begonnen habe, müsse nun verteilt und allen Peruanern zu Gute kommen. Die Bildung sei deswegen sein erster Regierungspfeiler: 20% des Haushaltes bzw. 6% des BIP.

Weitere Vorhaben: Industrialisierung, Umverteilung, Justizreform, Umwelt. Sein Plan klingt gut und seine Worte werden immer feierlicher. „Aggressive Investition“ und „zutiefst entschlossen“ sind seine Lieblingsworte, wie um mit ihnen vergessen zu lassen, dass es während seiner ersten Präsidentschaft eben daran mangelte. Warum er eigentlich in die Politik zurückgekehrt sei, fragt ihn ein Journalist, warum er sich das wieder antun wolle, die Schmähungen, die Hetzkampagnen etc, die ihm in seiner ersten Regierung widerfahren sind.

Toledo holt tief Luft. Redet davon, wie schön er sich im kalifornischen Stanford eingerichtet hatte, wo er nach seiner Präsidentschaft lehrend überwinterte. Aber „jeder hat seine Verrücktheiten im Leben“ , sagt er. „ In meiner ersten Regierung habe ich das Wachstum in Gang gesetzt, nun möchte ich es gerecht verteilen“. Eines ist auf jeden Fall klar: Toledos Ego hat in Stanford bestens überwintert. Und angesichts der letzten 5 Jahre mit Alan Garcia in der Regierung, erscheint die Regierung Alejandro Toledos vielen Peruanern auf einmal in einem milderen Licht: weder wurde er der Korruption noch des Autoritarismus bezichtigt.

Ein zweiter Kandidat ist auf die politische Bühne zurückgekehrt: Ollanta Humala. Der tapfere Fallschirmspringer, der vor 10 Jahren mit einer Operettenrevolte gegen Alberto Fujimori zum jungen Nationalhelden aufstieg, und der es vor fünf Jahren mit einem linken Programm fast an die Macht schaffte. Zum Verhängnis wurde ihm damals das rote T-Shirt und ein Diskurs, der doch verdächtig an den Venezolaner Hugo Chávez erinnerte. Und Hugo Chávez mochte man in Peru noch nie, selbst die Linke nicht.


Humala hat daraus gelernt. Zur Pressekonferenz am 22. Januar kommt er in Anzug und – im Gegensatz zu Toledo – in Krawatte und äußerst pünktlich. Ernsthaft sieht er aus, eben ist er zum dritten Mal Vater geworden, seine Worte klingen gesetzt und ruhig. Kein junger Revolutionär , sondern ein gesetzter mittelständischer Familienvater sitzt da vor uns. Genauso ist auch sein Diskurs. Seine Grundpfeiler ähneln Toledos Plan: Bildung, Kampf gegen Korruption, Investition in Infrastruktur, Gesundheit.

Die Worte „Wachstum“ und „Unternehmer“ kommen in jedem zweiten Satz vor. Sein Nationalismus, unter dessen Flagge er vor fünf Jahre segelte, ist ein kultureller Nationalismus, betont er. Unternehmer: ihr braucht keine Angst vor Verstaatlichungen zu haben, lautet die Botschaft. Alles in allem ein gewandelter, ernsthafter Humala. Auf seiner Kongressliste steht die Creme de la Creme der peruanischen Linken und einige alte Bekannte: Nicolás Lynch, Alberto Adrianzén, Javier Diez Canseco. Und ich frage mich: wenn dies das Äußerste ist, was die peruanische Linke zu bieten hat, dann ist es um die Linke wirklich arm bestellt.

Aber die Zeiten in Peru sind nicht nach links: Peru atmet zum ersten Mal nach vielen Jahren Selbstbewusstsein, das Wirtschaftswachstum spritzt aus allen Poren (auch wenn es noch bei viel zu wenigen unten ankommt), dazu der Boom der Gastronomie, und jetzt hat Vargas Llosa auch noch den Nobelpreis gewonnen..... was können angesichts dieser Bonanza die Linken den Peruanern noch an Heil versprechen ? Das hat sich wohl auch Humala gesagt und versucht, sich nun im umkämpften Mitte-Links-Feld zu positionieren.

Nächste Woche ist PPK dran. Der Vertreter des Wall-Street-Finanzimperiums in Peru, Pedro Pablo Kuczynski, wird sich dann der Auslandspresse stellen.