viernes, 9 de noviembre de 2012

Bergbau-Boom ohne Kumpel

Rohstoffausbeutung als Entwicklungsstrategie in Lateinamerika

Von Hildegard Willer (KNA)
Lima (KNA) Umweltschutz und Wohlstand: Mit diesen Versprechen eröffneten vor 20 Jahren internationale Bergbaufirmen neue Minen in Lateinamerika. Keine ausgemergelten Kumpel mehr, die in engen kalten Stollen zu einem Hungerlohn nach Silber oder Gold schürfen; keine mit Quecksilber verseuchten Abraumhalden, versprachen die großen Firmen. Stattdessen würden die Bergleute nun im Führerhaus des Baggers oder Lastwagens sitzen und Berge im Tagebau abtragen. Und umweltschonend seien die hoch technisierten Anlagen sowieso.
Zumindest in einem Punkt erfüllten sich die Versprechen: Die meisten lateinamerikanischen Staaten verbuchen dank der hohen Rohstoffpreise einen Wirtschaftsboom ohnegleichen. Kein Wunder, dass alle Regierungen Lateinamerikas auf die Rohstoffförderung als Entwicklungsstrategie setzen. Sie bilde das ideologische Rückgrat aller Regierungen, ungeachtet ob rechter oder linker Ausprägung, kritisiert Eduardo Gudynas "Lateinamerikanischen Zentrum für soziale Ökologie" in Uruguay. Der Unterschied liege nur darin, welchen Teil der Gewinne der Staat und welchen die Firmen erhielten.
Umweltzerstörungen und soziale Auswirkungen der Großprojekte führen zu einer steigenden Zahl von Konflikten. 165 aktuelle Bergbaukonflikte zählt Cesar Padilla vom "Observatorio Latinoamericano de Conflictos Mineros", einer von Nichtregierungsorganisationen (NRO) finanzierten Beobachtungsstelle mit Sitz in Santiago de Chile. Die meisten Konflikte, 28 an der Zahl, verzeichnet Peru, gefolgt von Argentinien, Chile, Brasilien und Kolumbien.
Das Muster ist laut Padilla immer gleich. Staatliche Stellen verbünden sich mit den Bergbaufirmen gegen die lokale Bevölkerung. Wenn die sich wehre, schicke die Regierung Polizei oder Armee, so Padilla. Die meisten Bergbaustätten liegen in abgelegenen Gegenden, in denen indigene Bauern, die zu den Ärmsten im Land zählen, mühsam ihren Lebensunterhalt in der Landwirtschaft bestreiten. Dass der versprochene "neue Bergbau" so modern ist, hat für sie einen großen Nachteil: Er braucht keine Arbeitskräfte mehr. Einen großen Teil der Arbeit erledigen Maschinen und Computer.
"Früher waren Bergbaukonflikte Arbeitskämpfe zwischen Bergarbeitern und Bergwerkbesitzern", erzählt Jose de Echave von der auf Bergbaukonflikte spezialisierten NRO "Cooperaccion" in Lima. "Heute dagegen sind es Konflikte mit der Bevölkerung, die am Rande der Mine lebt und dort eben keine Arbeit bekommt, dafür aber die Umweltauswirkungen spürt." Denn trotz gegenteiliger Versprechungen bringt der angeblich so umweltfreundliche moderne Bergbau große Risiken für Wasser und Boden mit sich. Hinzukommt, dass die Umweltgesetze in den einzelnen Ländern weit hinter den Entwicklungen im Bergbau zurückbleiben.
Um das Zusammenleben von indigenen Bauern und den Betreibern hochmoderner Bergwerke in den abgelegensten Winkeln Lateinamerikas ist es meist schlecht bestellt. Zu unterschiedlich sind die Welten, zu abwesend der Staat, zu gering das Interesse der Bergleute, mit der Dorfbevölkerung in Kontakt zu kommen. "Die Krux ist, dass die Ingenieure nichts mit den Bauern zu tun haben wollen", sagt ein in Bergwerkskonflikten erfahrener Mediator in Lima. Doch auch die Bauern müssten erst lernen, als ernstzunehmende Verhandlungsgegner und nicht als fordernde Bittsteller aufzutreten.
Alternativen zur Rohstoffförderung sind vorerst nicht in Sicht. Zu üppig sind die Profite für die Staaten und die Firmen. Rund 320 Milliarden US-Dollar (Tageskurs 250 Milliarden Euro) wollen Bergbaufirmen bis 2020 in Lateinamerika investieren - 20 mal mehr als bisher. Gewinner sind nicht nur Privatfirmen, sondern auch Pensionsfonds lateinamerikanischer Staaten oder Staatsbetriebe, die - im Idealfall - der wachsenden lateinamerikanischen Mittelschicht zugutekommen. Im Nachteil sind die Landsleute, deren einziger Pensionsfonds die Kuh auf dem Feld ist, die sie im Notfall verkaufen können. Und die nun womöglich durch Bergbau verseuchtes Wasser trinkt.

Quelle: KNA

jueves, 1 de noviembre de 2012

Toten(un)ruhe in Lima

Zwei der faszinierendsten Orte der peruanischen Hauptstadt sind den Toten vorbehalten: die Friedhofstadt "Presbítero Maestro" in Barrios Altos sowie der Friedhof "Nueva Esperanza" (Neue Hoffnung) im Süden Limas.

Presbítero Maestro hiess der Architekt, der 1808 den Friedhof erbaute, in dem die peruanischen Noblen ihre letzte Ruhestätte finden sollten. Heute ist die Totenstadt etwas versteckt im übel beleumdeten Viertel Barrios Altos, nicht unweit der historischen Altstadt. Umgeben von baufälligen Lehmhäusern und abenteuerlichen Holzbauten und einer Strasse voller Hupen, Tuten und Ausrufern, wird es hinter der Friedhofsmauer auf einmal ruhig . Der Besucher findet sich ins LIma des 19. Jahrhunderst zurückversetzt. Villenartige Mausoleen im neoklassizistischen Stil beherbegen die Gebeine der einst mächtigen Familien Limas. In Mauergräbern ruhen die Überreste von Einwanderern jeglicher Provenienz, wie die deutschen, italienischen, slawischen, chinesischen und japanischen Namen verraten. Mitten in der Totenstadt steht das Pantheon, die Ruhmeshalle für die im Pazifikkrieg gegen Chile vor über 100 Jahren gefallenen Soldaten. Unzählige Marmor- und sehr viel mehr Gipsengel bewachen den Seelenschlaf der Verblichenen.

Im "Presbítero Maestro" sind die Nachfahren der spanischen Konquistadoren unter sich.  Die Nachnamen, die auf den Gräbern zu lesen sind,sind Goyeneche, Goycochea, Rospigliosi, Alvarez Diez Calderón, der eine oder andere deutsche, oder chinesische Nachname dazwischen.

Die Mehrzahl der Peruaner heisst jedoch nicht so, wie ein Strassenname in der peruanischen Hauptstadt, sondern Quispe, Mamani, Sánchez, Checca. Als Presbítero Maestro den nach ihm benannten Friedhof baute, lebte die indianische Mehrheit der Bevölkerung in den Anden. Erst seit den 50-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts kamen sie nach Lima und liessen sich an den Rändern der Hauptstadt nieder. Die ersten Siedler starben, die Toten wurden an ebenso dafür unbewilligten Orten begraben, wie sie in besetzten Häusern gelebt hatten. In den Hügeln der südlichen Vorstadt Villa Maria de Triunfo ist so der grösste informelle Friedhof Lateinamerikas zusammengekommen. Jeden 1. November ist im Friedhof "Nueva Esperanza" die Hölle los: alle Familien marschieren von der Oma bis zum Baby und bepackt mit Blumen, dem Lieblingsessen der Toten und vor allem mit viel Bier auf den Friedhof, um  ihrer Toten zu gedenken. Auch wenn die schon jahrzehntelang tot sind: von der Familie vergessen zu werden, ist das schlimmste, das einem Andenbewohner passieren kann.
Der 1. November in Nueva Esperanza ist Volksfest pur:  zuerst werden die Grabkreuze oder die Umrandungssteine neu gestrichen und dannwird getanzt, gesungen, gegessen.... und vor allem getrunken, im Gedenken an die Seligen. Auch wenn die im zarten Kindesalter oder als betagte Omas gestorben sind: eine "Chela" , ein Bier, zu ihren Ehren kann niemandem schaden.  Viva la muerte!