Madame Inklusion
Von Hildegard Willer (KNA)
Lima (KNA)
Das Schlagwort von der "Inklusion" macht in Peru
die Runde, seit der Linksnationalist Ollanta Humala Präsident ist. Die
gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Einbeziehung bisher
ausgegrenzter Bevölkerungsschichten soll ein Schwerpunkt seiner
Regierung werden. Die Sängerin Susana Baca will ihm dabei helfen. Denn
die Diskriminierung als schwarze Peruanerin hat die 67-Jährige am eigenen Leibe erlebt. "Kein Kind soll jemals wieder in Peru mit diesen Erfahrungen aufwachsen müssen", meint sie."Du bist die Inklusion in Person, du musst zusagen", habe der Präsident zu ihr gesagt - und Susana Baca sagte Ja. Seit Juli ist sie nun Kulturministerin ihres Landes. Die elegante Frau mit dem kurzen schwarzen Kraushaar ist damit die erste schwarze Ministerin Perus. Das ist für das immer noch von kolonialen und rassistischen Mentalitäten geprägte Andenland eine kleine Sensation.
Dabei ist Susana Baca die wohl bekannteste peruanische Sängerin der Gegenwart. Ihre Neukreationen traditioneller afro-peruanischer Rhythmen und Melodien haben ihr zu einem festen Platz in der Weltmusik-Szene verholfen; sie ist gern gesehener Konzertgast auch auf europäischen Bühnen. Das wurde ihr zu Beginn ihrer Amtszeit als Kultusministerin fast zum Verhängnis.
Obwohl sie das Amt unter der Bedingung antrat, ihre für Herbst zugesagten Konzertengagements im Ausland erfüllen zu können, nahm ihr die peruanische Öffentlichkeit ihre Abwesenheit übel. Die Opposition bemängelte über die Medien, Susana singe, statt ihre Arbeit zu machen. Ihre für November geplante Tournee hat sie nun abgesagt. Sie werde sich ab jetzt voll auf ihre Arbeit als Ministerin konzentrieren.
Und damit hat sie alle Hände voll zu tun. Das Ministerium ist erst ein Jahr alt und muss noch noch um Anerkennung und Budget kämpfen. So gehört zu Bacas neuen Aufgaben der Schutz von Ausgrabungsstätten. "Ganz Peru ist voll von prähispanischen Heiligtümern. Das ist unser Gedächtnis", begeistert sich die Neupolitikerin. Allzuoft sind die Denkmäler bereits von Grabräubern besucht worden, bevor sich der peruanische Staat um die Stätten kümmert. Eine weit heiklere Aufgabe steht ihr mit der Umsetzung des neuen Gesetzes zur Konsultation indigener Völker ins Haus.
Bacas Staatssekretariat für Interkulturalität soll den Dialogprozess zwischen Regierung und Investoren einerseits und indigenen Gemeinschaften andererseits führen. Im August hat der peuranische Kongress ein Gesetz verabschiedet, das die Regierung zwingt, die indigenen Völker vor der Durchführung von Projekten auf ihrem Territorium zu konsultieren. Damit soll den mehr als 200 sozialen Konflikten die Spitze genommen werden. Was denn vorgesehen sei, wenn sich die Indigenen und die Regierung nicht einigen könne? "Sie müssen sich einigen, es geht gar nichts anders", ruft Baca emphatisch. "Wir brauchen Wirtschaftswachstum, um die Armut bekämpfen zu können."
Im Januar will eine Komission aus mehreren Ministerien die Umsetzungsverordnung vorlegen. Darauf warten viele indigene Gemeinschaften im Amazonasgebiet und in den Anden, die erfahren, dass auf ihrem Land Gold, Kupfer oder Erdöl gefördert werden oder ein Wasserkraftwerk oder eine Straße gebaut werden soll.
Susana Bacas später Wechsel in die Politik hat ihr Leben umgekrempelt. "Vorher habe ich viermal in der Woche mit meinen Musikern geprobt", erzählt die Ministerin. Nun wird sie morgens vom Chauffeur abgeholt und arbeitet im achten Stock des bunkerartigen Nationalmuseums, einem architektonischen Erbe des Kalten Krieges. Etwas verloren wirkt die kleine Frau dort, umgeben von sechs Telefonen und mit der Aussicht auf die Skyline von Lima. Obwohl sie sich ganz ihrer neuen Aufgabe widmet, wie die Ministerin betont, werde die Musik ihr Leben bleiben. "Zwei Stunden pro Woche möchte ich mir irgendwie fürs Üben abzwacken. Das darf ich doch noch als Ministerin, oder?"
(Quelle: KNA)
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