Beide stammen sie aus Arequipa, der Stadt im Süden Perus, die sich rühmt ein Freistaat im Staat zu sein. Beide sind weltweit bekannte Bestsellerautoren. Beide gehören sie dem liberalen Lager an. Der kleine Unterschied: der eine hat einen Nobelpreis, der andere nicht.
Böse Zungen in Peru meinen, es sei auf die langjährige Rivalität zwischen dem Schrifsteller Mario Vargas Llosa und dem Wirtschaftswissenschaftler Hernán de Soto zurückzuführen, dass Hernán de Soto für Keiko Fujimori Wahlkampf macht. Kurz nachdem Mario Vargas Llosa seine Unterstützung für Fujimoris Rivalen Ollanta Humala bekannt gegeben hatte, zog Keiko Fujimori ihr As aus dem Ärmel: Hernán de Soto würde ihr als Chefberater für die Armutsbekämpfung im Wahlkampf und danach im Amt beistehen.
Alle Lüge, sagt de Soto beim Gespräch mit der Auslandspresse am 26. Mai im Besprechungszimmer seiner Beraterfirma ILD (Instituo de Libertad y Democracia). Er unterstütze Fujimori , weil dies ein wegweisender Moment für Peru sei, weil die Armen vom peruanischen Wirtschaftsleben – trotz Wachstum – ausgeschlossen seien und weil Keiko Fuimori die besseren Rezepte habe. Die er, de Soto, ihr schreibt.
Das Rezept des 70-jährigen ist bestechend, weil es so einfach klingt: die Armen seien arm, weil ihre Häuser und Grundstücke nicht registriert seien. Wenn diese einmal in Grundbuch und Katasteramt eingetragen seien, könnte man damit Kredite aufnehmen und diese wiederum produktiv investieren. Regierungen aus der ganzen Welt hat de Soto damit schon bei der Armutsbekämpfung beraten, er wird als einer der bedeutendsten Wirtschaftswissenschaftler unserer Zeit gehandelt. Dabei ist de Soto seinem Thema „Titulierung von Eigentum“ treu geblieben – Kritiker sagen, er denke zu eingleisig. Selbst die Finanzkrise habe ihre Wurzeln in der fehlenden Registrierung wirtschaftlichen Wissens, schrieb de Soto jüngst in einem Artikel in der Bloomberg Businessweek . Sogar der Kampf gegen den Terror komme nur voran, wenn es Landtitulierungen gibt. Wäre Bin Laden in seiner nicht im Grundbuch eingetragenen Höhle geblieben, hätte man ihn nie geschnappt,liess er kurz nach Bin Ladens Tötung verlauten.
Nur in Peru haben de Sotos Rezepte noch wenig gefruchtet.
Sein erster peruanischer Klient war niemand anders als Keiko Fujimoris Vater Alberto. Von 1990 – 1992 hat de Soto die Regierung Fujimori bei der Reduzierung der Kokaanbauflächen beraten. Nachdem Fujimori den Kongress schliessen liess, trat de Soto von seinem Berateramt zwar zurück. Er ist heute noch überzeugt, dass „es der grösste Fehler Fujimoris war, nicht weiter mit uns zusammenzuarbeiten“ (mit dem plural majestatis meint er sich und sein Institut ILD). Für Fujimoris Vorgänger und Nach-Nach-folger Alan García handelte de Soto den Freihandelsvertrag mit den USA aus. Dem Wirtschaftswissenschaftler mit den Namen eines spanischen Konquistadoren fehlt es weder an internationalem Renommee, noch an Erfahrung und ganz gewiss nicht an Selbstbewusstsein.
Deswegen verwundert es, dass de Soto in seiner Heimat Peru mit wenig Begeisterung wahrgenommen wird . Sonst ist man in Peru nämlich überaus stolz auf jeden Landsmann, der es in der Welt zu etwas gebracht hat. Anders als sein Rivale Vargas Llosa hat sich de Soto jedoch nie einer peruanischen Sache ganz und gar verschrieben. „De Soto kommt eingeflogen und verlässt Peru rechtzeitig, wenn es brenzlig wird“, sagt ein peruanischer Analyst dazu.
Dieses Mal hat er sich eingelassen. „Das erste Mal, dass wir eine Wahlkampagne unterstützen“, sagt de Soto. Dabei könnte er von der Radikalität seiner Vorschläge her auch für den Linksnationalisten Humala arbeiten. Den indigenen Gemeinschaften will de Soto weitgehende Rechte einräumen, sogar das Vetorecht bei geplanten Bergbaukonzessionen. Wenn Humala so etwas sagen würde, würde er als „Investitionsverhinderer“ beschimpft. De Soto sieht das gelassen: „ Im Gegenteil, die Investoren begrüssen es, wenn sie endlich wissen, mit wem sie vor Ort verhandeln müssen“. Irgendwie bleibt es nebulös, wie Hernan de Soto mit Grundbucheinträgen die jahrhundertelange Gemengelage von Zentralregierung, lokalen Bürgermeistern, Regionalpräsidenten und Indianerführern ordnen will.
De Soto schaut auf seine Rolex. „Wenn sie keine Fragen mehr haben, dann verabschiede ich mich jetzt“, sagt der freundliche, rundliche und glatzköpfige ältere Herr. Letztlich bleibt unklar, was ihn dazu treibt, sein weltweites Renommée für eine Kandidatur aufs Spiel zu setzen, die zumindest für die Freiheit und Demokratie – die Insignien von de Sotos Institut – doch einige Risiken birgt. Ambitionen auf ein Ministeramt in einer möglichen Regierung Fujimoris weist er weit von sich.
Hinter der Rezeption des ILD hängen die Portraits von mindestens 80 Menschen, meist Männern, aus der ganzen Welt. Es sind die Regierungschefs, für die de Soto und das ILD bereits tätig waren. Eine Nobelpreisplakette würde sich dort sicher nicht schlecht machen.
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