domingo, 18 de septiembre de 2011

Currywurst mit Pommes erobert peruanische Küche

Gestern habe ich ein kulinarisches Opfer gebracht: Anstatt für umgerechnet 2 Euro so klangvolle Gerichte wie "Japanisches Schwein mit Thai-Reis", "Lasagne a la Huancaina mit geschmorten Brustspitzen und Butterkäse aus Cajamarca" oder "Schwarze Nudeln auf Macho-Art" der besten Restaurants Lima zu kosten, habe ich eineinhalb Stunden angestanden, um eine Portion Pommes mit Currywurst für 3 Euro zu essen. Grund dafür waren nicht etwa heimatliche Gefühle beim Anblick der Würstchenbude, sondern journalistische Neugier. Der Hit auf der grössten Kulinarik-Messe Lateinamerikas "Mistura" waren nämlich nicht die Gerichte der Edelrestaurants sondern die Pommesbude. Schmeckt Currywurst mit Pommes in Lima - der Heimat so schmackhafter Gerichte wie "Ceviche" (Roher Fisch, besser als jedes Sushi!), des Kartoffelgerichtes "Causa Limenha" oder der Fischsuppe "Parihuela" - etwa besser als in Berlin oder Brüssel? Ich machte die Probe aufs Exempel.
"Die Kartoffeln sind mit Schale, das macht sie besonders krustig", sagt die 19-jährige Adriana, die vor mir in der Schlange steht,um eine Portion "Salchipapas" zu er"stehen". Salchipapas - als die Mischung von salchicha, Wurst, und Pommes, papas fritas - ist sonst ein Strassengericht, das vor allem abends für den kleinen Geldbeutel und kleinen Hunger auf fahrbaren Wägelchen angeboten wird. Die Würstchen schmecken meist nach Sägespänen und Hormonen und die Pommes triefen vor Fett. Dafür kostet eine Portion "Salchipapas" sonst denn auch nur umgerechnet 50 Cent.
Bei Mistura kostet die Portion umgerechnet drei stolze Euro. "Die sind hier einfach besonders lecker", meint das 12-jährige Mädchen, das hinter mir steht. "Sie wollte unbedingt salchipapas", sagt fast entschuldigend ihre Mutter. Die beiden jungen Männer vor mir schlagen die Wartezeit mit ihren iphones tod. Nach einer Stunde in der Schlage feixen sie, dass sie jetzt eigentlich auch keine Salchicpapas mehr wollen, aber jetzt, wo man dem Ziel so nahe ist....

Das Ziel ist eine Würstchengrillerei in einem VW-Bus. Umgebaut hat ihn Juan Giuseppe Montalván, Industrie-Design-Student der Katholischen Universität von Lima. " Wir haben einen Wettbewerb gewonnen, wie man am besten einen VW-Bus zu einer Würstchenbude für Lima umfunktionieren kann", macht der junge Designer Werbung bei den Wartenden.  Der Salchipapa-Bus ist ein weiteres Projekt ("proyecto papeo") - wie könnte es anders sein -  des Begründers des peruanischen Gastronomie-Wunders, Gaston Acurio. Was dieser sympathische Koch-Unternehmer in die Hände nimmt, verwandelt sich in Gold. Mit dem Salchipapa-Bus sollen nun die bisher informellen Würstchen-Verkäufer in die formelle kulinarische Kette des Landes eingebunden werden. Die Stadt Lima will die ersten 10 Konzessionen für Würstchenbuden vergeben. Wird damit Limas Küche revolutioniert ?

Gleich werde ich es selbst probieren. Nach 90 Minuten bin ich am Ziel, sehe zu, wie ein junger verschwitzter Mann in Kochuniform drei Sorten geschnittener Würstchen  in eine Fritteuse tut, dasselbe macht er mit daumendicken Kartoffelstiften (mit Schale!). Die frittierten Kartoffeln werden auf einen Pappkarton getan, die frittierten Wurstscheiben (chorizo, chorizo picante und Wiener Würstchen) draufgeschichtet. Fünf Saucen machen die Salchipapa perfekt: Mayonnaise, Senf, Huancaina, Aji und Aji Rocoto. Wer möchte kann noch eine Extra-Portion scharfe Sauce dazunehmen. Die Vielfalt der Saucen ist dann das peruanische an der Wurst.

Schmecken tut das ganze für eine  peruanische Salchipapa ....... na ja. Die Würstchen schmecken immerhin nicht ganz so sägespan-mässig wie ihre Billigvariante, und die Pommes sind knusprig und schmecken tatsächlich nach Kartoffel. Ansonsteá: viel Fett, viel Kohlehydrate, und viel bunte Sauce. Warum jemand dafür 90 Minuten ansteht, bleibt mir ein Rätsel.  Ich zumindest halte mich  beim Dessert für die verpasste kulinarische Gelegenheit schadlos: ein deliziöser Flan aus Quinoa, gefolgt von einem Pisco Sour mit Pisco aus Lunahuaná und, als zweites Dessert noch eine Creme aus Aguaymanto (Kapstachelbeere) gekrönt mit Eiweissschaum beweisen mir, dass Lima zurecht gastronomische Hauptstadt Amerikas genannt wird.




miércoles, 14 de septiembre de 2011

Peruvian Honeymoon

Ollanta Humala verkündet das "Gesetz zur Konsultation" in Bagua, 6. September 2011
Nein, es ist kein Oxymoron, keine rhetorische Verschleifung zweier Gegensätze: Peru erlebt Flitterwochen. Mit seinem neuen Präsidenten, mit seiner Fussballmannschaft und natürlich mit seiner Gastronomie. Etwas ungewohnt für ein Land, das sich so lange als Armenhaus und "failing state", als Land der Extreme vorkam. Zuletzt als sich der Linksnationalist und ehemalige Putschist Ollanta Humala und die Diktatorentochter Keiko Fuijmori in der Stichwahl gegenüber standen. Humala gewann, unter grössten Bedenken sowohl aus Wirtschaftskreisen wie auch aus Kreisen derjenigen, die um die Demokratie in Peru fürchteten.  6 Wochen nach seinem Amtsantritt kann Ollanta Humala auf den Rückhalt von 70% der Bevölkerung zählen, wie eine jüngste landesweite Umfrage ergab. Das sind fast 20% mehr als die 52%, die vor drei Monaten für Humala gestimmt haben. Drei Gründe mögen den Ausschlag geben für diese hohe Beliebtheit:
Zum einen hat Humala mit der Ernennung eines marktfreundlichen Finanzministers die aufgeschreckten Wirtschaftskreise beruhigt. Nachdem Miguel Castilla im Finanzministerium und Julio Velarde als Direktor der Zentralbank ernannt wurden, stiegen die Wachstumsraten und der Konsum wieder heftig an. Zur gleichen Zeit als eine Ratingagentur die Bonität der USA herunterstuften, wurde die Bonität von fünf peruanischen Banken heraufgesetzt.
Daran hat - oh Wunder! - auch die Tatsache nichts geändert, dass Humala gleich zwei seiner Wahlversprechen umgesetzt hat, die im Vorfeld von Humalas Gegnern als Schreckgespenst einer kommunistischen Herrschaft an die Wand gemalt wurden: mit den Bergbauunternehmen hat die Regierung eine neue Sondersteuer vereinbart, die mindestens 800 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich in die Staatskassen bringen wird. Am 6. September hat Humala zudem ein Gesetz verkündet, das von Seiten der indigenen Bewegungen sehnsüchtig erwartet wurde. Die "Ley de Consulta Previa" schreibt nun vor, dass der peruanische Staat vor jeder Massnahme, die in den Lebensraum indigener Völker eingreift, einen interkulturellen Dialogprozess in Gang setzen muss. Damit, so hoffen alle, werden die über 200 örtlichen sozialen Konflikte im Vorfeld und auf friedliche Art und Weise gelöst werden können!

Zu Humalas Beliebtheit mag auch sein Regierungsstil beitragen: Ollanta Humala zeigt sich wenig in den Medien, reist dafür öfter in die Provinzen und gibt das Bild eines, der weniger redet aber dafür etwas tut. Nach dem grossprecherischen Vorgänger Alan García empfinden dies viele Peruaner als einen wohltuenden Regierungsstil.

Wenn man noch dazu nimmt, dass die peruanische Nationalmannschaft den dritten Platz bei der Lateinamerika-Meisterschaft im Fussball errungen und den Torschützenkönig gestellt hat, und dass sich momentan die besten Köche der Welt ein Stelldichein in Lima geben, um die grandiose peruanische Gastronomie zu feiern, dann fällt es nicht schwer, sich die momentane Hochstimmung in Peru vorzustellen.

Das Hochgefühl ist gewöhnungsbedürftig, ist Peru doch ein Land auch der geographischen Extreme, wo hinter dem erklommenen Gipfel gleich der steile Abgrund lauert. Die Analysten weisen denn auch darauf hin, dass die Flitterwochen von kurzer Dauer sein werden: die ersten lokalen Protestbewegungen bringen sich schon in Stellung, weil ihre Forderungen nicht zu 100% erfüllt werden. Die Rechte wartet nur auf den ersten Ausrutscher Humalas um neue Schreckgespenster heraufzubeschwören. Und Humalas schreckliche Verwandtschaft - ein wegen Aufstand mit Todesfolge einsitzender Bruder, ein faschistischer Vater, eine homophobe Mutter, ein russenfreundlicher Bruder, der Staatsgeschäfte mit privaten Geschäften verwechselt - ist eine wandelnde Zeitbombe. Nicht zu reden von der (noch) weit weit weg erscheinenden Weltwirtschaftskrise.

Die Flitterwochen mögen kurz sein - geniessen sollte man sie umso mehr.