domingo, 29 de mayo de 2011

Der Armutsberater


Beide stammen sie aus Arequipa, der Stadt im Süden Perus, die sich rühmt ein Freistaat im Staat zu sein. Beide sind weltweit bekannte Bestsellerautoren. Beide gehören sie dem liberalen Lager an. Der kleine Unterschied: der eine hat einen Nobelpreis, der andere nicht.

Böse Zungen in Peru meinen, es sei auf die langjährige Rivalität zwischen dem Schrifsteller Mario Vargas Llosa und dem Wirtschaftswissenschaftler Hernán de Soto zurückzuführen, dass Hernán de Soto für Keiko Fujimori Wahlkampf macht. Kurz nachdem Mario Vargas Llosa seine Unterstützung für Fujimoris Rivalen Ollanta Humala bekannt gegeben hatte, zog Keiko Fujimori ihr As aus dem Ärmel: Hernán de Soto würde ihr als Chefberater für die Armutsbekämpfung im Wahlkampf und danach im Amt beistehen.

Alle Lüge, sagt de Soto beim Gespräch mit der Auslandspresse am 26. Mai im Besprechungszimmer seiner Beraterfirma ILD (Instituo de Libertad y Democracia). Er unterstütze Fujimori , weil dies ein wegweisender Moment für Peru sei, weil die Armen vom peruanischen Wirtschaftsleben – trotz Wachstum – ausgeschlossen seien und weil Keiko Fuimori die besseren Rezepte habe. Die er, de Soto, ihr schreibt.

Das Rezept des 70-jährigen ist bestechend, weil es so einfach klingt: die Armen seien arm, weil ihre Häuser und Grundstücke nicht registriert seien. Wenn diese einmal in Grundbuch und Katasteramt eingetragen seien, könnte man damit Kredite aufnehmen und diese wiederum produktiv investieren. Regierungen aus der ganzen Welt hat de Soto damit schon bei der Armutsbekämpfung beraten, er wird als einer der bedeutendsten Wirtschaftswissenschaftler unserer Zeit gehandelt. Dabei ist de Soto seinem Thema „Titulierung von Eigentum“ treu geblieben – Kritiker sagen, er denke zu eingleisig. Selbst die Finanzkrise habe ihre Wurzeln in der fehlenden Registrierung wirtschaftlichen Wissens, schrieb de Soto jüngst in einem Artikel in der Bloomberg Businessweek . Sogar der Kampf gegen den Terror komme nur voran, wenn es Landtitulierungen gibt. Wäre Bin Laden in seiner nicht im Grundbuch eingetragenen Höhle geblieben, hätte man ihn nie geschnappt,liess er kurz nach Bin Ladens Tötung verlauten.

Nur in Peru haben de Sotos Rezepte noch wenig gefruchtet.

Sein erster peruanischer Klient war niemand anders als Keiko Fujimoris Vater Alberto. Von 1990 – 1992 hat de Soto die Regierung Fujimori bei der Reduzierung der Kokaanbauflächen beraten. Nachdem Fujimori den Kongress schliessen liess, trat de Soto von seinem Berateramt zwar zurück. Er ist heute noch überzeugt, dass „es der grösste Fehler Fujimoris war, nicht weiter mit uns zusammenzuarbeiten“ (mit dem plural majestatis meint er sich und sein Institut ILD). Für Fujimoris Vorgänger und Nach-Nach-folger Alan García handelte de Soto den Freihandelsvertrag mit den USA aus. Dem Wirtschaftswissenschaftler mit den Namen eines spanischen Konquistadoren fehlt es weder an internationalem Renommee, noch an Erfahrung und ganz gewiss nicht an Selbstbewusstsein.

Deswegen verwundert es, dass de Soto in seiner Heimat Peru mit wenig Begeisterung wahrgenommen wird . Sonst ist man in Peru nämlich überaus stolz auf jeden Landsmann, der es in der Welt zu etwas gebracht hat. Anders als sein Rivale Vargas Llosa hat sich de Soto jedoch nie einer peruanischen Sache ganz und gar verschrieben. „De Soto kommt eingeflogen und verlässt Peru rechtzeitig, wenn es brenzlig wird“, sagt ein peruanischer Analyst dazu.

Dieses Mal hat er sich eingelassen. „Das erste Mal, dass wir eine Wahlkampagne unterstützen“, sagt de Soto. Dabei könnte er von der Radikalität seiner Vorschläge her auch für den Linksnationalisten Humala arbeiten. Den indigenen Gemeinschaften will de Soto weitgehende Rechte einräumen, sogar das Vetorecht bei geplanten Bergbaukonzessionen. Wenn Humala so etwas sagen würde, würde er als „Investitionsverhinderer“ beschimpft. De Soto sieht das gelassen: „ Im Gegenteil, die Investoren begrüssen es, wenn sie endlich wissen, mit wem sie vor Ort verhandeln müssen“. Irgendwie bleibt es nebulös, wie Hernan de Soto mit Grundbucheinträgen die jahrhundertelange Gemengelage von Zentralregierung, lokalen Bürgermeistern, Regionalpräsidenten und Indianerführern ordnen will.

De Soto schaut auf seine Rolex. „Wenn sie keine Fragen mehr haben, dann verabschiede ich mich jetzt“, sagt der freundliche, rundliche und glatzköpfige ältere Herr. Letztlich bleibt unklar, was ihn dazu treibt, sein weltweites Renommée für eine Kandidatur aufs Spiel zu setzen, die zumindest für die Freiheit und Demokratie – die Insignien von de Sotos Institut – doch einige Risiken birgt. Ambitionen auf ein Ministeramt in einer möglichen Regierung Fujimoris weist er weit von sich.

Hinter der Rezeption des ILD hängen die Portraits von mindestens 80 Menschen, meist Männern, aus der ganzen Welt. Es sind die Regierungschefs, für die de Soto und das ILD bereits tätig waren. Eine Nobelpreisplakette würde sich dort sicher nicht schlecht machen.

sábado, 28 de mayo de 2011

Tausende auf der Strasse gegen Fujimori


Am 26. Mai haben viele Peruaner wieder ein Stück Würde zurückgewonnen. 10 Tage vor der Stichwahl am 5. Juni zwischen Keiko Fujimori und Ollanta Humala sind gut Zehntausend Peruaner dem Aufruf des Dachverbandes der Menschenrechtsgruppen gefolgt und haben öffentlich gegen eine Rückkehr der Sippe Fujimori in den Regierungspalast protestiert.

Der Protestmarsch war bitter nötig, denn die Umfrageergebnisse zeigen seit Wochen Keiko Fujimori mit fünf Prozentpunkten vor Ollanta Humala. Keiko Fujimori, die Tochter des wegen Menschenrechtsverbrechen verurteilten Ex-Präsidenten Alberto Fujimori, hat nicht nur die Wirtschaftselite sondern auch die mächtigsten Medien Perus hinter sich. Aber auch bei vielen armen Bewohnern kommt Fujimori dank ihrer intensiven und assistentialistischen Basisarbeit gut an. Vor allem die Stadtbewohner der Küstenregionen wählen Keiko weil sie verspricht das liberale Wirtschaftsmodell nicht anzutasten, das Peru hohe Wachstumszahlen ebenso wie eine hohe Zahl sozialer Konflikte eingebracht hat. Die selben Medien, die vor 10 Jahren sich noch für die Demokratie einsetzten, rechtfertigen jetzt die Politik Fujimoris, um ja das gehätschelte Wirtschaftsmodell nicht zu riskieren. Dies hat dazu geführt, dass zwei Wochen vor der Wahl selbst die Humala-Anhänger und Fujimori-Gegner mit hängendem Kopf herumliefen, als sei die Schlacht schon verloren.

Dass Zehntausende dem Aufruf der Menschenrechtler Folge geleistet haben – unter ihnen zahlreiche Studierende, die die Erzählungen aus den 90-er Jahren nur vom Hörensagen kennen - richtet nicht nur die Moral auf, sondern verspricht auch, dass der Wahlausgang mit nichten sicher ist und dass am 5.Juni um jede Stimme gestritten werden wird.

viernes, 27 de mayo de 2011

Medien-Zensur à la peruana

Zeitungsverkauf in Peru / Gustavo Madico, Flickr

Im Vorfeld der Stichwahl am 5. Juni macht die Mehrheit der Medien Stimmung gegen den Präsidentschaftskandidat Humala. Journalisten werden in ihrer Pressefreiheit eingeschränkt, berichtet Hildegard Willer aus Peru.

Paul Lazo ist ein besonnener Mann in einem Umfeld, in dem es gar nicht besonnen zu und her geht. „Meine Devise ist es, die Leidenschaft aus der Nachricht zu nehmen und einfach sachlich zu berichten“, sagt der 42-jährige Journalist. Jeden Abend kommentiert er im Regionalfernsehen von Puno die Themen des Tages und bringt damit die erhitzten Gemüter wieder zu etwas Vernunft. Denn in Puno, der auf 4000 Meter Höhe am Titicacasee gelegenen Andenstadt, vergeht kaum ein Tag ohne Demonstrationen gegen die eine oder andere Sache.

Erinnerung an Verbrechen abträglich

Am 2. Mai allerdings half Paul Lazo auch seine Besonnenheit nicht mehr. Der Rektor der staatlichen Universität del Altiplano, auf dessen Fernsehsender Paul Lazos Programm ausgestrahlt wird, nahm seine Sendung aus dem Äther. Der Grund: Paul Lazo hatte den Dokumentarfilm „Der Schlund des Teufels“ ausgestrahlt. Der Film zeigt, wie der renommierte Journalist Edmundo Cruz die Massengräber erschossener Studenten der Universität La Cantuta findet, die Hintergründe des Verbrechens recherchiert und veröffentlicht.

Das Verbrechen der Paramilitärs geschah vor 18 Jahren. Der dafür zuständige Präsident Alberto Fujimori sitzt deswegen eine 25-jährige Haftstrafe ab. Seine Tochter Keiko Fujimori dagegen möchte am 5. Juni von den Peruanern zur nächsten Präsidentin Perus gewählt werden, und die Erinnerung an die Übeltaten ihres Vaters ist ihr dabei abträglich.

Offene Wahlwerbung für Keiko Fujimori

Der Wahlkampf zwischen Keiko Fujimori und dem Ex-Militär Ollanta Humala wird in den Medien mit ungleichen Bandagen geführt. Die Tatsache, dass Fujimori und Humala dem rechts- bzw. linksextremen Lager zugerechnet werden, hat die peruanische Gesellschaft polarisiert. Da Keiko Fujimori betont, das liberale Wirtschaftsmodell, mit dem Peru seit 20 Jahren einigermaßen gut fährt, nicht anzurühren, hat sich die Wirtschaftselite, aber auch weite Teile der städtischen Mittelschichten,auf Fujimoris Seite geschlagen. Alle Fernsehsender – die bis auf einen in privater Hand sind – sowie fast alle Tageszeitungen Perus machen inzwischen recht offene Wahlwerbung für Fujimori. Zwei Tageszeitungen haben sich ebenso vehement der Kandidatur Humalas verschrieben.

Selbst die angesehene Mediengruppe „El Comercio“ – die älteste und seriöseste Tageszeitung Perus – hat zum Kampf gegen Humala aufgerufen. Sie befürchten, dass Humala Peru in ein chavistisches Venezuela verwandeln könnte. Dabei beschränken sich die Medieneigentümer nicht auf die Leitartikel, sondern greifen auch in die Nachrichtenredaktion ein. Zwei langjährige Nachrichtenredakteure des angesehenen Senders „N“, der zur Comercio-Gruppe gehört, mussten gehen, weil sie die neue politische Linie ihres Mediums nicht mittragen wollten.

Die beliebte Nachrichtensprecherin Josefina Towsend kritisierte die Eingriffe in ihre journalistische Arbeit vor laufender Kamera - bisher ohne arbeitsrechtlichen Konsequenzen.

Freiwillige Kündigung

Bei den Lokalmedien außerhalb Limas wird zensiert. Ebenso wie Paul Lazo in Puno wollte der Lokaljournalist José Soriano aus Huancayo über die bevorstehende Vorführung des Filmes „Des Teufels Schlund“ in seinem Heimatort berichten. Nachdem seine Zeitung ihm das untersagte, weil diese Ankündigung nicht der politischen Linie entsprach, kündigte Soriano von sich aus.

Auslandspresse befremdet

Das Medien-Bashing gegen Humala löst inzwischen auch bei der in Peru akkreditierten Auslandspresse Befremden aus. Bei einer öffentlichen Debatte in der Jesuiten-Universität Ruiz de Montoya, äußerten sie ihr Unbehagen angesichts der so eindeutigen Parteinahme der Medien. „Die Parteinahme geht auch in die Nachrichten hinein, so dass selbst die Nachrichtenabdeckung subjektiv wird“, sagt Time-Korresponden Lucien Chauvin .

Das Medien-Bashing gegen Humala zeigt erste Früchte. Bei Meinungsumfragen führt Fujimori mit bis zu fünf Punkten vor Humala. Allerdings könnte Humala letztlich genau dies zugute kommen. Er wäre nicht die erste „mediale Zielscheibe“, mit der sich die Wähler solidarisieren aus Unmut gegenüber den als übermächtig empfundenen Medien.

Hildegard Willer, Lima

(Quelle: www.blickpunkt-lateinamerika.de)

miércoles, 25 de mayo de 2011

Wahlen Peru: Kardinal gegen Nobelpreisträger

Vor der Wahl beharken sich Kardinal und Nobelpreisträger

Von Hildegard Willer (KNA)
Lima (KNA)

Gemocht haben sie sich noch nie. Kardinal Juan Luis Cipriani, Erzbischof von Lima und Mitglied der konservativen katholischen Vereinigung Opus Dei, der sich gerne zur Tagespolitik des Landes äußert, und der Schriftsteller Mario Vargas Llosa, der sich als bekennender Liberaler für eine strikte Trennung von Kirche und Staat ausspricht. Die am 5. Juni anstehende Präsidentenwahl in Peru hat die beiden Antagonisten wieder einmal in Stellung gebracht. Und wieder einmal geht es um die Menschenrechte.

Dem Kardinal hängt dieser Tage ein Satz nach, den er nach eigenem Bekunden so nie gesagt hat: "Menschenrechte sind eine Lappalie", so wurde Cipriani zitiert, als er Anfang der 90er Jahre Bischof der Andendiözese Ayacucho war. Dort tobte damals ein Bürgerkrieg zwischen der maoistischen Terrorgruppe "Leuchtender Pfad" und der peruanischen Armee, der bis zu 70.000 Todesopfer unter den indigenen Bauern forderte. 17 Jahre später schreibt der Kardinal von Lima in der Tageszeitung "El Comercio", er habe mit seinen Worten damals den peruanischen Menschenrechtsverband gemeint, der sich seiner Meinung nach nur um die Verbrechen der Militärs, nicht aber um die Nöte der Landbewohner gekümmert habe.

Viele der so von Cipriani kritisierten Menschenrechtsgruppen seien damals von Katholiken initiiert worden, die dem Befreiungstheologen Gustavo Gutierrez nahestanden, betont Nobelpreisträger Vargas Llosa: Bewundernswert sei die Arbeit der Menschenrechtsgruppen gewesen, schreibt er in einem Zeitungsbeitrag. Cipriani verkörpere vielmehr eine "Tradition der Inquisition" in der Kirche.

Ein gutes Jahrzehnt nach Beendigung des Bürgerkriegs und mitten im peruanischen Wirtschaftsboom erhitzt der Streit um die Vergangenheit die politische Landschaft. Denn am 5. Juni wählen die Peruaner entweder Keiko Fujimori oder Ollanta Humala zu ihrem Präsidenten. Keiko ist die Tochter von Alberto Fujimori, der Peru von 1990 bis 2000 regierte und der heute wegen Menschenrechtsvergehen eine Gefängnisstrafe absitzt. Humala ist ein ehemaliger Militär mit einem linksnationalistischem Programm. Seine Vergangenheit als Offizier bei der Aufstandsbekämpfung der 90er Jahre gibt ebenfalls Anlass zu Zweifeln an seiner rechtsstaatlichen Gesinnung.

Was Limas Kardinal besonders erzürnt, ist, dass Vargas Llosa sich öffentlich für Humala ausgesprochen hat. Eine Regierung Fujimori wäre, so meint der Schriftsteller, ein Rückfall in mafiöse und autoritäre Strukturen. Bei Humala dagegen bestehe die Hoffnung, dass er sich zu einer Art "peruanischem Lula" entwickeln würde. Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva, ein linker Gewerkschaftler, genießt großes Ansehen im In- und Ausland und gilt als Verkörperung der erneuerten Linken Lateinamerikas, die eine bessere Verteilung des Wachstums unter Respektierung der freien Marktwirtschaft anzielen.

Bislang jedoch scheinen die Peruaner ihrem berühmtesten lebenden Schriftsteller in Sachen Politik nicht zu folgen. In jüngsten Umfragen führt Fujimori mit bis zu fünf Prozentpunkten vor Humala. Erstere gelobt, das neoliberale Wirtschaftsmodell Perus nicht anzutasten. Damit hat sie die Ober- und Mittelschicht Perus sowie die größten Medien hinter sich, die vom Wirtschaftswachstum besonders profitieren. Aber auch viele Arme fühlen sich von Fujimoris angekündigten Sozialprogrammen angesprochen.

Der Wahlkampf in den peruanischen Medien wird indes mit ungleichen Mitteln geführt. Die größte Mediengruppe des Landes um die Tageszeitung "El Comercio" hat zwei langjährige Mitarbeiter wegen inhaltlicher Differenzen entlassen, weil sie nicht bereit waren, die interne politische Linie gegen Humala mitzutragen. Humala, der seine Wählerschaft vor allem in den ländlichen Gebieten hat, kann nur auf einen Bumerang-Effekt hoffen: dass die Wähler der Medienkampagne, wen sie zu wählen haben, überdrüssig werden und sich mit ihm solidarisieren. Wer am Ende der bessere Kandidat gewesen wäre, bleibt ohnehin Hypothese.

(Quelle: KNA)

viernes, 20 de mayo de 2011

Wie man in Peru Panik schürt



"Hugo Chávez bringt kleine Kinder um", mischt sich auf einmal die 8-jährige Leticia in das Gespräch ein, das ich mit ihren Eltern führe. Wir sprachen über die peruanischen Wahlen und dabei fiel der Name Ollanta Humalas, eines der Kandidaten. Worauf Leticia aufhörte, verträumt aus dem Fenster zu starren und Hugo Chávez ins Gespräch brachte. Denn das was der in Venezuela tut, nämlich Kinder umbringen, würde ihnen dann auch in Peru passieren, wenn Humala gewinnt. Wer ihr denn das gesagt habe, frage ich Leticia. "Unser Lehrer", antwortet Leticia. Leticia besucht eine englischsprachige, teure Privatschule, auf der die Kinder auf den globalen Wettbewerb vorbereitet werden sollen.

Was für die Deutschen ein Kernkraftwerk ist, das ist für die Peruaner Hugo Chávez: eine ungebändigte, destruktive Kraft, eine Katastrophe, die es unter absolut allen Mitteln abzuwenden gilt. So wie man ausserhalb Deutschlands kaum die Panik der Deutschen vor einem möglichen Kernkraftwerksunfall nachempfinden kann, so verstehe ich nicht, wie alle Peruanerinnen und Peruaner, ganz egal ob rechter oder linker Gesinnung, ihren abwägenden Intellekt abstellen und in Panik geraten, wenn nur der Name des venezolanischen Präsidenten fällt. Etwas ähnliches habe ich das letzte Mal vor 30 Jahren erlebt, als "der Russe" noch als Projektionsfläche für alles Böse der Welt herhalten musste.

Nun bin ich wahrlich keine Verteidigerin des venezolanischen Präsidenten: mit seinem Macho-Gehabe, seinem zunehmendem Autoritarismus, seinem polternden polarisierenden Stil und seinem Assistentialismus den er als lateinamerikanischen Sozialismus verkauft, hat er sich nicht nur meine sondern die Sympathien vieler Lateinamerikaner verscherzt. Der Stern des Hugo Chávez ist heute in Lateinamerika im Sinken. Dagegen strahlt der des Lula da Silva immer heller. Wer immer es in Lateinamerika als Politiker zu etwas bringen möchte, der stellt sich in die Nähe des Brasilianers.
Dennoch muss ich in Peru des öfteren Hugo Chávez verteidigen. Denn das, was hier als Panikmache über den Venezolaner gesagt wird, ist einfach falsch und volksverhetzend.

Der Linksnationalist Ollanta Humala wird von den meisten Medien des Landes in die Nähe von Hugo Chávez gerückt. Da kann sich Ollanta noch so viele blaue Anzüge anziehen und Krawatten umbinden, und sich mit noch so vielen Brasilianern umgeben, um als der peruanische Lula zu erscheinen. Die gegnerische Presse braucht nur zu sagen, dass Humalas Frau vor zwei Jahren mal ein Honorar von einer venezolanischen Tageszeitung erhalten hat, und jegliche "Lulisierung" wird zunichte gemacht.

Verrückt ist vor allem, weil die Fakten klar zeigen, dass Alberto Fujimori, der Vater der Kandidatin Keiko Fujimori, und Hugo Chávez sehr viel mehr gemeinsam haben, als die beiden Putschoffiziere Chávez und Humala. Als Chávez 1992 erstmals gegen Carlos Andrés Pérez putschte, fanden seine Mitstreiter Asyl im Peru Fujimori und des Montesinos. Vom Peruaner Fujimori hat sich Chávez auch abgeschaut, wie man das arme Volk zufrieden halten kann: indem man Lebensmittel verteilt. Und letztlich hat Fujimoris korrupter Chefberater Vladimiro Montesios in Venezuela Unterschlupf gefunden, als er vor 11 Jahren in einer Nacht- und Nebelaktion aus Peru flüchtete.
Unterschlagen werden auch Fakten wie die gross angelegten Meinungsumfragen des "Latinobarómetro", bei denen die Venezolaner bei fast allen Fragen nach wirtschaftlicher Zufriedenheit und Zufriedenheit mit der Demokratie besser abschneiden als die Peruaner. Das mag für viele, auch für mich, nicht nachvollziehbar sein, besagt aber, dass es einem Gutteil der Venezolaner im Chávez-Land anscheinend recht wohl ist.

Aufgrund dieser Fakten ist es geradezu absurd, dass die Tochter des Alberto Fujimori als das Allheilmittel gegen eine mögliche "Chavisierung" Perus dargestellt wird und Humala als der Zögling des Leibhaftigen (Chávez) persönlich.

Hugo Chávez ist Gift pur. Als die linksgerichtete Tageszeitung La República ein altes Foto ausgrub, auf dem die jugendliche Keiko Fujimori - dasmals First Lady ihres Präsidentenvaters - mit Hugo Chávez tanzte , sollen die Getreuen Fujimoris die Zeitung stapelweise aufgekauft haben, um ja nicht die engelhafte Keiko Fujimori in die Nähe des teuflischen Chávez zu bringen.

Warum aber funktioniert in Peru die Panikmache mit Hugo Chávez so gut ? Zwischen Peru und Venezuela liegen mehrere Länder, Tausende von Kilometern von Amazonas-Urwald und Andengebirge. Sie haben keine gemeinsamen Grenzen, haben nie gegeneinander Krieg geführt, die Kulturen der beiden Länder sind sehr verschieden. Irgendetwas in Hugo Chávez muss tiefliegende Ängste der Peruaner mobilisieren, sonst würde die Panikmache nicht funktionieren.
Dass die meisten peruanischen Medien bei dieser Volksverhetzung mitmachen, ist das Allertraurigste daran.

Peruanische Trugbilder

Eine persönliche Wahlanalyse

Wenn ich gefragt werde, warum ich so gerne in Peru lebe, antworte ich schon mal, dass ich hier einfach nicht älter zu werden scheine. Vor 12 Jahren kam ich erstmals nach Peru, 1999, und protestierte auf den Strassen gegen die korrupten und anti-demokratischen Machenschaften des damaligen Präsidenten Alberto Fujimori. Als ich vor drei Monaten nun das zweite Mal zurück nach Peru kam, hätte ich mir nie träumen lassen, dass ich vielleicht bald wieder auf die Strasse gehen würde, um gegen seine Tochter Keiko Fujimori zu protestieren. Das Wahlergebnis der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen legt das nahe: der Linksnationalist und Ex-Offizier Ollanta Humala gewann mit knapp 32% . Seine Gegnerin in der Stichwahl am 5. Juni wird Keiko Fujimori sein, die Zweitplazierte mit 23% . Sie ist die Tochter eben jenes Alberto Fujimori, die im Wahlkampf offen sagte, wie stolz sie auf ihren Vater sei , und dass der alles richtig gemacht habe. Alberto Fujimori verbüsst derweil eine 25-jährige Gefängnisstrafe, weil seine Todesschwadronen Studierende und Festbesucher ermordet hatten.

Sollte sich Peru in den vergangenen 10 Jahren seit dem Sturz Fujimoris denn gar nicht verändert haben ? Gaukeln zwei ordentlich beendete demokratische Legislaturperioden unter den Präsidenten Alejandro Toledo und Alan García nur ein Trugbild eines modernen, prosperierenden Perus vor ?

Die Frage bringt meine tiefe Verwirrung zum Ausdruck. Denn ein Blick auf die Hauptstadt Lima macht klar, dass sich hier in den letzten 10 Jahren allerhand verändert hat. An jeder Ecke werden neue Hochhäuser gebaut, die Wohnungspreise haben sich verdreifacht. Die Strassen sind voll neuer Autos, in den Supermärkten muss man anstehen, wenn man ein neues Handy kaufen will. Und dies beileibe nicht nur in den als reich geltenden Vierteln, sondern auch in den neuen Einkaufszentren in den ehemaligen Armenvierteln. Das Bild wiederholt sich, wenn man in die nächst grösseren Städte Arequipa oder Trujillo kommt.

Vom neuen Selbstbewusstsein der Peruaner gar nicht zu reden: da ist der Boom ihrer Gastronomie; ein stetes Wirtschaftswachstum von bis zu 8% , das selbst Brasilien Konkurrenz zu machen droht; und seit kurzem zählt Peru mit Mario Vargas Llosa auch einen Nobelpreisträger in seinen Reihen. Warum um Gottes willen wollen die Peruaner zurück zum korrupten Fujimori oder aber sich einem ehemaligen Militär in die Hände begeben, von dem man nicht genau weiss, ob er Hugo Chávez oder Lula näher steht ?

Eine Antwort findet man, wenn man aufs Land fährt. Dort, im Hinterland von Cusco, Puno, Puerto Maldonado, Cajamarca wird der neue Reichtum Perus geschöpft: moderne Bergbauunternehmen, viele von ihnen in ausländischer Hand, bauen Gold, Kupfer und Silber ab. Die laendliche Bevölkerung wurde gar nicht nach ihrer Meinung gefragt, ihre Lebensbedingungen sind die gleichen, wie schon vor 10 Jahren, 20 Jahren, in einigen Fällen 50 Jahre. Hier im Hinterland finden die sozialen Konflikte zwischen Dorfgemeinschaften und der Zentralregierung im Verbund mit ausländischen Investoren statt. Es sind Verteilungskonflikte, die mit ungleichen Waffen geführt werden. Drei Tage vor der Wahl am 10. April wurden im Süden Perus drei Demonstranten von der Polizei erschossen. Sie hatten seit Wochen und Monaten gegen das geplante Projekt einer Kupfermine im Einflussgebiet ihres Bewässerungsgebietes protestiert. An die 200 solcher Konflikte zählt die staatliche Ombudsstelle in Peru, im ganzen Land verstreut. Zwar sind auch die Einnahmen der Lokal- und Regionalregierungen durch den Bergbau gestiegen, aber die Unfähigkeit zu effektivem Mitteleinsatz ist auf diesen Ebenen gross. Vielen Menschen vor Ort kommt es wie ein Affront vor, dass die Grossprojekte nicht direkt mit ihnen ausgehandelt werden. Das entsprechende „Gesetz zur Befragung“ wird auf Betreiben der Regierung immer noch zurückgehalten.

In diesen Gebieten im Süden des Landes findet Ollanta Humala vor allem seine Anhänger. Der heute 48-jährige ehemalige Offizier hatte 2000 zusammen mit seinem Bruder Antauro gegen den in den letzten (politischen) Zügen liegenden Fujimori geputscht, war 2005 nur knapp Alan García im Kampf um den Präsidentensessel unterlegen und hatte die letzten fünf Jahre damit verbracht, sein Häufchen getreuer Parlamentarier zusammenzuhalten. Als er sich im Januar in gewandelter Aufmachung – kein Hugo-Chávez T-Shirt, sondern bürgerlicher Anzug und Krawatte - und neuem gemässigten Diskurs als Präsidentschaftskandidat vorstellte, glaubt kaum jemand, dass ihm mehr als ein Achtungserfolg beschieden sein würde.

Der Sieg schien sicher für Alejandro Toledo, den Ex-Präsidenten aus dem Mitte-Links-Spektrum. Doch er und seine Mit-Konkurrenten aus dem bürgerlichen Lager, Pedro Pablo Kuczynski und Luis Castaneda, hatten verkannt, wieviele Bürger vom Wirtschaftswachstum ausgeschlossen waren und bekamen die Quittung. Humala zog an ihnen allen vorbei – und Keiko Fujimori auch.

Gemeinsam kamen Toledo, PPK und Castaneda, die Kandidaten des sogenannten bürgerlichen Lagers, auf 45% der Stimmen. Da sich die Stimmen jedoch auf drei Kandidaten mit recht ähnlichem Programm verteilten, profitierte Keiko Fujimori als Zweite davon. Der dritte wurde PPK mit 18% der Stimmen. Die bürgerliche Mitte hatte sich selbst ausgebootet.

Mario Vargas Llosa, der inzwischen sakrosankte Nobelpreisträger liberaler Praegung, tobte mit seiner Feder, weil sich die drei Kandidaten nicht auf eine Kandidatur geeinigt hatte. Und mit ihm die enttäuschten Anhänger des bürgerlichen Lagers. Vor allem bei den jugendlichen Vertretern der aufstrebenden Mittelschicht, die PPK gewählt hatten, kamen rassistische Parolen auf, im Sinne von „ich zahle meiner Hausangestellten lieber die 20 Dollar (in Peru ist Wahlpflicht, und wer ihr nicht nachkommt, muss ein Bussgeld zahlen) , damit sie zu Hause bleibt und nicht Humala wählen geht“ .

Das Wahlergebnis der Extreme – Humala gegen Fujimori – blendet aus, dass 45% der Wähler weder für Humala noch für Fujimori gestimmt haben. Dennoch muss man sich fragen, wie ein gutes Fünftel der Peruaner dazu kommt, die Tochter jenes Präsidenten zu wählen, der Peru den grössten bekannten Korruptionsskandal beschert hat. Die Antwort liegt im Klientelverhältnis, das Fujimori vor allem mit armen Stadtbewohnern aber auch auf dem Land aufbauen konnte. In nicht wenigen abgelegenen Orten erinnert man sich an Fujimori, weil er der einzige Präsident Perus war, der sie jemals besucht hat. Die Erinnerung, dass unter Fujimori die blutigen Angriffe des „Leuchtenden Pfades“ zu einem Ende kamen, ist bei vielen lebendig. Von daher sind die 23% für Keiko Fujimori keine grosse Überraschung.

Für wen aber werden sich in der Stichwahl die 45% der bürgerlichen Mitte entscheiden ? Humala und Fujimori haben schon angefangen sich gegenseitig an Wahlversprechen zu überbieten: Humala will auf keinem Fall dem ALBA beitreten und hat eine Reihe angesehener Intellektueller in seinen Beraterstab aufgenommen; Keiko hat erstmals zugegeben, dass ihr Vater Alberto Fehler gemacht habe. Sogar Zusatzsteuern moechte Keiko den Bergbauunternehmen abknoepfen, ein Vorschlag, der bisher unter allen Marktliberalen wuetende Ablehnung hervorgerufen hatte. Und der Wahlkampf beginnt erst. Die Frage ist, weniger, was die beiden Kandidaten sagen, sondern wem die bürgerliche Mitte den Wandel abnehmen wird. Mario Vargas Llosa ist bereits vorangegangen mit gutem Beispiel. Getreu dem Motto „Bei Humala hat man Grund zum Zweifeln, bei Fujimori weiss man, was man bekommt“, hat er kundgetan, dass er für Humala stimmen wird. Toledo und Kucynski zögern noch, gerade die Kuczynski-Anhänger dürften sich eher zu Keiko Fujimori hingezogen fühlen, die bereits angekündigt hat, dass sie nichts am Wirtschaftsmodell ändern möchte.

Humala sagt, dass er Lula nacheifern möchte, und nicht dem in Peru äusserst unbeliebten Hugo Chávez. Brasilianische Berater der PT hat er bereits in seinem Team, er kann auf die Unterstützung der brasilianischen Regierungspartei setzen. Angeblich soll sein Wahlkampf mit brasilianischen Geldern finanziert werden. José Dirceu, einflussreicher PT-Politiker frohlockt bereits in seiner Kolumne, dass der Linksruck in Lateinamerika nun in Peru weitergehe. Brasilien hat grosse geostrategische und wirtschaftliche Interessen im Andenland. Der Zugang Brasiliens zum Pazifik, und damit zum grossen chinesischen Markt, führt über Peru und seine neuen Amazonas-Highways. Fünf grosse Wasserkraftwerke am Ostabhang der Anden sollen zudem die brasilianische Stromversorgung gewährleisten. Die lokale Bevölkerung hat bereits ihren Widerstand gegen die Vorhaben angekündigt. Sollte Humala gewinnen, koennte er hier sein erstes Problem haben, denn er hat sich klar fuer ein Vetorecht der lokalen Bevoelkerung bei Grossprojekten ausgesprochen.

Trotz der Unterstützung Brasiliens für Humala, ist der Wahlausgang noch völlig offen. Die Panik der bürgerlichen Mitte, dass Humala sich als peruanischer Hugo Chávez entpuppen könnte, ist gross und wird von ihren Medien bewusst geschürt. Für sie erscheint Keiko als das kleinere Übel und sie warten nur auf ein Lippenbekenntnis Keikos, dass sie sich von ihrem wenig hoffaehigen Vater distanziert. Die Verfechter der demokratischen Institutionalität hoffen derweil, dass der ehemalige Offizier Humala sich an demokratische Spielregeln halten möge und keine Ambitionen zeigt, die Reihe lateinamerikanischer Militärdiktatoren zu erweitern.

Das Peru von 2011 ist beileibe nicht dasselbe wie vor 12 Jahren. Aber die erste Runde der Präsidentschaftswahlen hat alte Geister wieder auferstehen lassen, von denen viele irrtuemlich glaubten, sie gehoerten nach 10 Jahren Demokratie und Wirtschaftswachstum bereits der Vergangenheit an. Oder in den Worten eine Bloggers: „Dass die Leute jetzt Handys und Autos kaufen koennen, heisst noch lange nicht, dass ihnen Demokratie wichtig ist“.

(veröffentlicht in Ila Nor. 345, Mai 2011)

lunes, 9 de mayo de 2011

De Soto-Plag

("Glaubt mir, ich würde nie für Keiko arbeiten, wenn sie keine Demokratin wäre. Der Beweis ist, dass ich nur für demokratische Präsidenten gearbeitet habe, wie Keikos Vater, Mubarak und Gadaffi" - Karikatur von Carlin in "La República")

Auch Peru hat seinen Plagiatsskandal: der nach Mario Vargas Llosa wohl berühmteste lebende Peruaner, der Wirtschaftswissenschaftler Hernán de Soto, soll von seinem Doktoranden Michael Coppedge abgeschrieben haben. Das behauptet Gustavo Gorriti, einer der bekanntesten investigativen Journalisten Perus (http://idl-reporteros.pe/2011/04/28/calco-y-copia/).

Das Delikt geschah vor fast 20 Jahren. Der Verfasser der Bestseller "Der andere Weg" und "Das Mysterium des Kapitals" war damals Berater des frisch gewählten Präsidenten Alberto Fujimori. Dieser hatte keine Mehrheit im Kongress und löste das Parlament deshalb am 5. April 1992 kurzerhand auf. Eine Mehrheit der Peruaner fand diesen "autogolpe" (Selbst-Putsch) damals nicht besonders schlimm, die Reaktionen aus dem Ausland fielen umso heftiger aus. Die Gemeinschaft der Amerikanischen Staaten (OAS) rügte die Selbstermächtigung Fujimori und zitierte ihn auf die Versammlung der Aussenminister auf die Bahamas. Dort las Fujimori minutenlang eine Diatribe gegen die "Partidocracia", die zur Parteienklüngelei verkommene Demokratie, um die Auflösung des Parlaments zu rechtfertigen und kündigte eine verfassungsgebende Versammlung an. Geschrieben hatte ihm die Rede sein damaliger Chefberater, Hernan de Soto. Der wiederum sagt, er habe ganz legal Aufträge für das Verfassen der Rede vergeben, u.a. auch an den Politikwissenschaftler Michael Coppedge

Der heute an der Universität von Notre Dame in den USA lehrende Michael Coppedge bestreitet dies. Er habe zwar einen Auftragsstudie für de Soto gemacht, die Rede
Fujimoris vor der OAS stamme aber nicht aus dieser Studie, sondern aus seiner Dissertation über das Parteiensystem in Venezuela. " Es ist ein offensichtlichtes Plagiat", sagt Coppedge heute gegenüber IDL-Reporteros. " Am schlimmsten ist, dass ich ausdrücklich gesagt hatte, dass der Fall Peru ganz anders gelagert ist als der Fall Venezuela".

Nun würde dieses 20 Jahre alte Plagiat nicht plötzlich aus der Schublade gezogen, wenn es nicht im jetzigen Wahlkampf politische Brisanz entfalten könnte. Die Kandidatin Keiko Fujimori, Tochter eben des Alberto Fujimori, muss die bürgerliche Mitte von ihrem Programm überzeugen und hat deshalb Hernan de Soto als Chefberater für die Stichwahl angeheuert. Der verliess stante pede seinen momentanen Arbeitsort in der Mongolei, um dem Ruf Keikos zu folgen.

Hernan de Soto ist ein hoch geschätzter Berater in der Armutsbekämpfung. Er propagiert weltweit sein Allheilmittel gegen die Armut - nämlich, das illegale Land, auf dem die Armen wohnen, zu legalisieren und damit Kreditwürdigkeit zu erlangen - und wird von verschiedensten Regierungen beauftragt, Programme zur Armutsbekämpfung auszuarbeiten. Heikel ist er bei seinen Auftraggebern dabei nicht: bis vor kurzem gehörte auch der Lybier Gaddafi zu seinen Klienten.

Gustavo Gorriti wiederum hat als erster die korrupten Machenschaften des Fujimori-Regimes aufgedeckt und wurde deswegen kurze Zeit entführt und musste in den 90-er Jahren ins Exil gehen. Vor zwei Jahren führte seine Aussage vor Gericht mit zur Verurteilung von Alberto Fujimori, der heute eine 25-jährige Haftstrafe absitzt. Heute macht Gorriti offen Werbung für Keiko Fujimoris Konkurrenten um die Präsidentschaft, Ollanta Humala.

Das angebliche Plagiat de Sotos wird wohl eine Fussnote im peruanischen Wahlkampf bleiben. Im Gegensatz zu Deutschland, stürzt man mit einem Abschreibe-Skandal hier keine Minister und kratzt kaum am Image eines weltberühmten Wirtschaftswissenschaftlers. Der möchte seine Armutsrezeptur "Titulierung" auch für die Terrorismusbekämpfung anbieten: Bin Laden konnte nur geschnappt werden, so Hernán de Soto kürzlich im peruanischen Fernsehen, weil er in einem offiziell registrierten Haus gewohnt habe und nicht in einer nicht titulierten Höhle.