lunes, 21 de noviembre de 2011

Ein gutes Leben, nicht ein besseres

Der Riss geht mitten durch Länder, Regierungen, Indigena-Gemeinschaften: bedeutet gutes, erstrebenswertes Leben, eine bessere Strasse zu haben und dafür Wald zu opfern ? Oder bedeutet gutes Leben den Wald zu erhalten und dafür einen Umweg in Kauf zu nehmen? In Bolivien ist die Frage zuerst mal zugunsten des Waldes entschieden. Staatspräsident Evo Morales musste aufgrund der Proteste den geplanten Bau der Strasse durch den Nationalpark Tipnis absagen.
Eine aus ihrer Spur geratene Moderne hat die westliche Zivilisation an ihre Grenzen geführt, sagt Josef Estermann, ein in Bolivien lebender Schweizer Philosoph. Er sieht in der andinen Philosophie, der „Pachasofia“, eine Korrektur zur übermächtigen westlichen Denkart. Der Mensch ist in der Kosmovision der andinen Völker nicht als Individuum, sondern nur in Beziehung zu anderen und zur Natur zu denken. Das andine „Buen Vivir“ hat als eigener Massstab für Entwicklung Einzug in die Verfassungen von Bolivien und Ecuador gehalten. In der Praxis stehen sich aber auch in Bolivien moderne und indigene Vorstellungen des „Guten Lebens“ gegenüber, wie das Beispiel des Tipnis-Nationalparks zeigt.
Wenn Vicente Alanoca vom „Guten Leben“ spricht, leuchten seine Augen. Er erzählt davon, wie in seinem Dorf am Titicaca-See alle Bewohner bei gemeinsamen Arbeiten oder Feiern mitmachen, niemand aussen vor bleibt. Wie auch noch die kleinste Kartoffel wertgeschätzt wird, denn „sie weint, wenn Du sie wegschmeisst“. Wie ihm als kleinen Jungen behutsam beigebracht wurde, die Natur, die Mutter Erde, zu schützen. Vicente Alanoca ist Ethnologe und selber Aymara. Er ist Bürgermeister in dem Dorf, in dem er geboren wurde. Das Gute Leben, das „Sumaq Jakanha“, wie es in Aymara heisst, hat aber auch mit dem Aufrechten Gang, mit einem Leben in Würde zu tun. Diese Würde wurde wurde den Indigenas 500 Jahre lang genommen, die Erinnerung daran ist noch sehr lebendig.
Werteentwicklung in den Großstädten
Taugen die andinen Vorschläge des „Guten Lebens“, die ihren Sitz im Landleben der Anden haben, auch für die Stadt ? Oder ist es etwa eine Romantisierung des ländlichen Lebens derer, die das Landleben geniessen, weil sie nach ein paar Tagen wieder in die Annehmlichkeiten der modernen Stadt zurückkehren ?
José Carlos Silva lebt in der Millionenstadt Lima. Der Volkswirt von der Universidad Ruiz de Montoya erntet keine Kartoffeln, hat aber sehr wohl eine Vorstellung, wie man in Lima gut lebt. Zum Beispiel, in dem er seine Wege mit dem Fahrrad zurücklegt. Oder indem er mit anderen in einer Wohngemeinschaft leben und damit Raum spart und Beziehungen lebt. Im wachstumsverrückten Peru schwimmt José Carlos Silva damit gegen den Strom, noch. „ Wir haben nicht nur materielle Bedürfnisse, sondern auch immaterielle Bedürfnisse, wie Zuneigung, Geselligkeit, Spiritualität, Musse – all das wird vom Markt nicht gedeckt“ , sagt der Ökonom.
In Peru macht sich die Auseinandersetzung zwischen den Entwicklungsmodellen vor allem am Gold fest. Mehr als die Hälfte der steigenden Staatseinnahmen kommen aus dem Goldexport. Präsident Humala will damit sein ehrgeiziges Sozialprogramm finanzieren. Der Preis dafür sind verschandelte Landschaften, tote Flüsse, zerstrittene Dorfgemeinschaften. Viele betroffene Dorfgemeinschaften protestieren deswegen gegen den Goldabbau. „Wir wollen beides, Gold und Wasser“, sagte Präsident Ollanta Humala dazu im peruanischen Fernsehen. „Und dass ein technologisch sauberer Bergbau möglich sei“.
Ressource Wasser
Vicente Alanoca, José Carlos Silva und Josef Estermann, alle drei Referenten bei einer Veranstaltung der Universität Ruiz de Montoya in Lima, stimmen überein, dass dies eine Illusion sein könnte. „An Mangel an Gold ist noch niemand gestorben“, sagt Vicente Alanoca, „wohl aber daran, dass es kein Wasser mehr gab“. José Carlos Silva hat einen viel radikaleren Vorschlag: anstatt das Gold in umweltschädigenden Verfahren aus der Erde zu holen, damit es letztlich wieder in einem Banktresor in der Schweiz landet, könnte man es in der Erde lassen, und die Investoren könnten eine Aktie des Fundortes kaufen. „Der Berg ist ein viel sicherer Ort für Gold als jeder Tresor“.
( Quelle: www.blickpunkt-lateinamerika.de)

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