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Bei der Stichwahl am 5. Juni haben die Peruaner den Linksnationalisten Ollanta Humala zu ihrem Präsidenten gewählt. Voraussichtlich erzielte er drei Prozentpunkte mehr als seine Gegnerin, Keiko Fujimori. Dieses deutliche Wahlergebnis hat nicht nur die Anhänger von Humalas Gegnerin, Keiko Fujimori, überrascht, sondern auch viele Anhänger Humalas selbst. So klar es seit Wochen war, dass die Peruaner in den südlichen Andengebieten mit großer Mehrheit Humala wählen würden, so klar schien auch, dass Keiko Fujimori in der Hauptstadt Lima überragend gewinnen würde. Und ohne Lima gewinnt man in Peru keine Wahlen.
Dass Fujimoris Sieg in Lima mit 57 Prozent wesentlich geringer ausfiel als erwartet - oder befürchtet - ist den Menschenrechtsgruppen und den sozialen Netzwerken zu verdanken.
Bloggen gegen Fujimori
„Der Marsch vom 26. Mai war ausschlaggebend dafür, dass die Kampagne Ollanta Humalas nochmal an Fahrt gewann“. Davon ist Roberto Bustamente überzeugt. Er ist Dozent und Forscher für neue Kommunikationstechnologien an der Jesuitenuniversität Ruiz de Montoya in Lima und hat selbst unter dem Pseudony www.elmorsa.pe gegen die Kandidatur Keiko Fujimoris gebloggt.
Zwei Wochen vor dem Wahlsonntag war selbst bei eingefleischten Humala-Anhängern in der Hauptstadt Depression angesagt. Zu übermächtig erschien die Pro- Fujimori-Koalition aus Wirtschaftselite, Mittelschicht und der großen Mehrzahl der Mainstream-Medien. Deren Angstkampagne, dass mit Humala ein peruanischer Hugo Chávez sich ihres Eigentums bemächtigen würde, hatte in Lima mächtig eingeschlagen. Schließlich hat die Hauptstadt, anders als das andine Hinterland und Amazonien, vom bisherigen Wirtschaftsmodell profitiert. Die Erinnerung an die Menschenrechtsverletzungen und die Korruption unter der Regierung des Vaters von Keiko Fujimori, Alberto Fujimori, schienen dagegen zu verblassen.
Erfolgreicher Protestmarsch
Dennoch rief der Dachverband der peruanischen Menschenrechtsgruppen zum Protestmarsch am 26. Mai auf. Und, was niemand für möglich gehalten hatte – an die Zehntausend Limenhos kamen und skandierten, dass ihnen Demokratie und Transparenz wichtiger seien als der eigene Geldbeutel. Unter ihnen waren viele Studierenden, die die 90-er Jahren nur aus Erzählungen kannten. „Die Straße ist die Straße“, meint dazu Roberto Bustamante, „den Effekt von Tausenden von friedlichen Demonstranten kann kein Internet ersetzen“.
„Memorex“ über soziale Netzwerke
Ebenso wichtig wie der Marsch selbst, war die Vorbereitung und die Nachbereitung in den sozialen Netzwerken. Via Twitter , Facebook und youtube machten die berüchtigten „Vladi-videos“, die 2000 zum Sturz Fujimoris geführt hatten, wieder die virtuelle Runde. Eine Dosis „Memorex“ , eine Pille gegen den gesellschaftlichen Gedächtnisschwund verabreichten die alternativen digitalen Medien. Sie übernahmen zum Teil auch die Nachrichtenfunktion, die von den großen Tageszeitungen und Fernsehsendern in ihrer Panikmache vor Humala nicht mehr wahrgenommen wurden.
Zwei Internet-Plattformen taten sich besonders hervor: „La Mula“ (www.lamula.pe) , eine Plattform für Bürgerjournalismus und verschiedene Blogs, die von der gemeinnützigen „Red Científica Peruana“ gesponsert wird. Das investigative Journalismus-Projekt „IDL-Reporteros“ (www.idl-reporteros.pe) unter Leitung von Gustavo Gorriti stellte seine Recherchen online zur Verfügung.
Kapitale Kommunikationsfehler
Langsam wurde aus der virtuellen No-Keiko-Bewegung eine Pro-Humala-Bewegung. Nicht ohne Vorbehalt, denn schließlich ist Humala ein ehemaliger Putschist und Militär, dessen Demokratiefestigkeit durchaus Zweifel zulässt. In der letzten Woche vor der Stichwahl machten jedoch Fujimoris Sprecher kapitale Fehler: Sie sagten Sätze wie „Wir haben weniger gemordet als andere Regierungen“ oder „Sie wurden nicht gegen ihren Willen sterilisiert, sondern ohne ihren Willen“ als Rechtfertigung für Tausende zwangssterilisierter Bäuerinnen während des Fujimori-Regimes.
„Diese Sätze fielen zuerst in den großen Medien, aber dank der digitalen Netzwerke der Fujimori-Gegner machten sie schnell die Runde und brachten bis dahin Unentschlossene dazu, gegen Fujimori zu stimmen“, erinnert sich Roberto Bustamante. Sein Post am Abend des Wahltages: „Ich glaube , dass die No-Keiko-Kampagne ihr Ziel erreicht hat. Glückwunsch!“(in: www.blickpunkt-lateinamerika.de)
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