miércoles, 10 de julio de 2013

Gold - die Geißel des Amazonas

Lima (KNA) Ein Kilogramm Quecksilber passt in eine Halbliter-Plastikflasche und ist in einigen Gegenden Südamerikas so einfach erhältlich wie Bier oder Cola. 480.000 Tonnen Quecksilber haben die Anrainerstaaten des Amazonasbeckens - Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien und Brasilien - 2012 gemeinsam eingeführt. Nur ein kleiner Bruchteil davon wird für Zahnfüllungen oder zur Herstellung von Batterien gebraucht. Der allergrößte Teil des hochgiftigen Metalls landet in den Camps illegaler Goldschürfer. Ohne Quecksilber können sie die Goldsteinchen nicht vom umliegenden Material trennen.

"Der illegale Goldabbau ist eine Geißel", sagte der peruanische Umweltminister Manuel Pulgar-Vidal bei einem Forum in der peruanischen Hauptstadt, das erstmals Experten aus den sechs Anrainerstaaten des Amazonasbeckens zusammenbrachte. Dabei wurde vor allem eines deutlich: Illegaler Goldabbau ist längst ein Problem aller Amazonasländer geworden. Gesicherte Zahlen sind bislang dürftig - eben weil es sich um Goldgräber handelt, die ihr Gewerbe nicht anmelden; die Realität ist dennoch erschreckend. In 21 von 24 peruanischen Provinzen schürfen Menschen ohne Genehmigung oder Einhaltung von Umweltvorschriften nach Gold.

Besonders schlimm ist es in der an Brasilien grenzenden Provinz Madre de Dios: Bevor der Flusssand nach Goldsand umgegraben werden kann, muss der Urwald gefällt werden. 18.000 Hektar Regenwald sind dort bereits dem Goldabbau zum Opfer gefallen. DiE armen Kleinschürfer werden dabei selten reich. "Die illegale Goldgräberei wird mit großen Flussbaggern und Schaufelbaggern betrieben. Das Kapital dazu stammt auch von mächtigen Investoren", sagt Ernesto Raez, Berater im peruanischen Umweltministerium.

In Kolumbien wird 63 Prozent allen geförderten Goldes ohne amtliche Genehmigung und damit auch ohne Umweltaufsicht geschürft. Goldproduktion ist lukrativ für Drogenbarone; aber auch die Guerilla kassiert Wegezoll für ihren Schutz der illegalen Goldminen, wie Leonardo Guiza von der Universidad del Rosario in Bogota berichtet. Mit 180 Tonnen eingeführten Quecksilbers jährlich führt Kolumbien die Statistik beim Verbrauch des hochtoxischen Metalls an. In Brasilien graben rund 75.000 Goldschürfer, dort "Garimpeiros" genannt; sie sind vor allem im Norden Brasiliens tätig, an der Grenze zu Venezuela. Aus Ecuador und Bolivien sind wenig gesicherte Zahlen erhältlich; aber das Problem nimmt auch dort zu.

Der Schaden durch den illegalen Goldabbau ist immens: Das Quecksilber gelangt unkontrolliert in die Nahrungskette der Anwohner und ins Grundwasser; die Goldschürfer selbst atmen hochgiftige Dämpfe ein. Prostitution und Gewalt begleiten das lukrative Geschäft des schnellen Goldes. Den Staatskassen entgehen Millionen an Steuergeldern. Nun hat Kolumbien Strafen verhängt. In Peru wird der Handel mit Quecksilber und Benzin - das für die Dieselmotoren und Bagger gebraucht wird - strenger als bisher kontrolliert.

Der Abbau im Regenwald steht ebenfalls unter Strafe. Doch kaum ein Goldgräber lässt sich durch die neuen Gesetze von dem lukrativen Geschäft abbringen. Allein in Peru leben 100.000 bis 200.000 Menschen vom illegalen Goldabbau. Minister Pulgar-Vidal will nun mit Polizei und Militär gegen die Goldgräber im Amazonasgebiet vorgehen: "Wir müssen die Gesetze durchsetzen", sagt er - "auch wenn die sozialen Kosten dafür hoch sind".

Der Hauptteil des illegal geförderten Goldes gelangt über Zwischenhändler ganz legal nach Europa. Wirksamer als alle gesetzlichen oder sogar militärischen Maßnahmen dürfte der Weltmarkt sein: Wenn der Goldpreis weiter sinkt, rentiert es sich irgendwann nicht mehr, den Amazonas abzuholzen, um im Flusssand nach Gold zu buddeln.
(Quelle: KNA - Katholische Nachrichtenagentur)

viernes, 5 de julio de 2013

Kein Respekt vor dem Paradies

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Den Tag im Januar diesen Jahres wird Marco Guillén nie vergessen:
mit seinem Team trug der junge peruanische Archäologe, wie jeden Tag, Sandschicht um Sandschicht ab in der vorinkaischen Tempelanlage “El Paraíso”.  Dabei legte er eine Feuerstelle frei, auf der die ersten Siedler Limas für ihre Gottheiten das heilige Feuer instand hielten. Auf bis zu 3000 Jahre vor Christus, also auf 5000 Jahre,  datierten die Archäologen den Fund, um 800 Jahre älter als erwartet – eine Sensation in archäologischen Kreisen. Denn bis jetzt kann nur die Ausgrabungsstätte Caral, ein paar Hundert Kilometer nördlich von Lima, mit diesem Alter aufwarten.Der erst 33-jährige Guillén hatte mit zwei noch jüngeren Assistenten und den Ausgrabungshelfern  mit viel Engagement und wenig Geld einen Fund gemacht, von dem viele Archäologen träumen dürften.

Die meisten Touristen kennen Macchu Picchu und nehmen Lima als notwendigen aber ungeliebten Zwischenstopp in Kauf, um in die Anden zu reisen. Dabei hat der 8-Millionen-Moloch Lima 500 vorinkaische archäologische Stätten vorzuweisen.  “Huaca”  nennt man in Peru die archäologischen Reste nicht nur der Inka sondern all der Völker vor ihnen, die die Anden und die Pazifikküste Südamerikas besiedelt hatten. Man findet die grauen Sandhügel allenthalben im Stadtgebiet von Lima: neben dem Armenviertel ebenso wie im heutigen Luxusviertel. Oft sind sie nicht mal durch einen Zaun geschützt. Die “Huaca El Paraiso” ist eine der grössten und unbekanntesten Huacas in Lima. Sie liegt am Ende des Stadtteils San Martin de Porras, vor 50 Jahren am Rande Limas gelegen, heute  mitten in der Stadt, an der Grenze zum Hafen-Distrikt Callao.

Grosse Pläne hat Marco Guillén mit der Huaca El Paraiso: ein Naherholungsziel soll die archäologische Stätte werden, die zudem einigen Menschen im ärmlichen Viertel San Martin de Porras Arbeit gibt. Denn die Huaca El Paraiso wird – im Gegensatz zu anderen Huacas -von einem lokalen Verein instand gehalten und bis heute für rituelle Veransaltungen genutzt. “Hermana Killa”, “Schwester Mond”, nennt sich Maria Rosales in Anlehnung an ihre indianische Herkunft aus den Anden. Jeden Tag sitzt sie an ihrem Stand vor der Huaca und informiert die wenigen Besucher über die einstigen Traditionen. Sie sieht sich als Erbin ihres Grossvaters, eines Schamanen aus dem nordperuanischen Huaraz. Jedes Jahr zur andinen Sonnwend (Inti Raymi) , organisiert sie zusammen mit dem Verein und Distriktsverwaltung ein Inti Raymi-Fest nach andinem Brauch.  (Hier ist ein Video vom diesjährigen Inti Raymi in der Huaca El Paraiso http://www.youtube.com/watch?v=jBDgSr8yU_o)

Es waren die Nachbarn der Huaca El Paraiso, die am 1. Juli nachmittags den Baggern Einhalt geboten, die eine noch nicht ausgegrabene Pyramide zerstört hatten und sich anmachten, die restlichen Erdhügel und damit auch die vorinkaischen Spuren zu beseitigen. Im Auftrag zweier Baufirmen waren die Arbeiter in die geschützte Zone eingedrungen. Im boomenden Lima ist Baugrund rar und die städtischen Beamten sind empfänglich für Bestechungsgelder. Von der Huaca El Paraiso wurden die Baufirmen nur dank der Wachheit der Anwohner vertrieben. Das ist nicht immer so.

Wieviele Huacas in Lima bereits einem Hochhaus zum Opfer gefallen sind ? Das weiss niemand genau. Dabei sind die archäologischen Ausgrabungsstätten neben den ausgewiesenen Naturschutzgebieten, die einzigen Zonen im Land, in denen per Gesetz nicht einfach eine Strasse, eine Mine oder ein Bohrloch gebaut werden kann. Jeder, der ein Grossprojekt vorhat, muss sich einen archäologischen Unbedenklichkeitsbescheid vorlegen. Ein Grossteil der peruanischen Archäologen – die auch hier sonst eher zur Gattung arbeitsloser Akademiker zählen -  arbeitet für den Staat oder für private Firmen in der Erstellung  dieser Gutachten . Das Kultusminsterium prüft sie dann und gibt die Zustimmung oder Ablehnung des Projektes – analog zu den Umweltgutachten.Für die meisten Firmen ist das CIRA  (certificado de inexistencia de restos arqueológicos) eine reine Formalität – die ihnen aber zulange dauert. Unter den jüngsten Massnahmen der peruanischen Regierung, um die Investitionen zu fördern, befindet sich auch eine neue Vorgabe für das Kultusministerium: wenn sie innerhalb von 20 Tagen die archäologischen Gutachten nicht geprüft haben, so tritt ihre Gültigkeit automatisch in Kraft.

Während um die Güte und Unparteilichkeit der Umweltgutachten in Peru wenigstens öffentlich debattiert wird, ist die Auslöschung des archäologischen Erbes zugunsten von Strassen,  Hochhäusern und Bergbauminen bisher lautlos vor sich gegangen.