lunes, 28 de noviembre de 2011

Gold

Gold

  Ein Diskussionsbeitrag


Drei Meldungen, die erst mal nichts miteinander zu tun haben:

1) Die Raiffeisenbank in meinem Allgäuer Heimatdorf verkauft ihren Kunden normalerweise  solide Sparbriefe und finanziert die lokalen Betriebe oder den beliebten Häuslesbau. Gross war mein Erstaunen, als  der Bankangestellte bei meinem letzten Besuch einen  Prospekt hervorzog und meinte, da gäbe es auch noch sichere Anlagen in Minenprojekten in fernen Ländern….

2) Meldung in der peruanischen Wirtschaftszeitung “Gestion” vom 28. November 2011: Die USA  hat ihre Platz als zweites Hauptexportland für peruanische Produkte eingebüsst.  Die meisten peruanischen Ausfuhren gehen weiterhin nach China. Den zweiten Platz hat die kleine Schweiz den USA abgerungen.

3) Seit einer Woche tobt in Peru eine heftige Auseinandersetzung ob der Umweltgenehmigung für das geplante Grossabbauprojekt “Conga” in der nordperuanischen Provinz Cajamarca. Teile der lokalen Bevölkerung wehren sich mit Strassenprotesten und Blockaden gegen das Projekt. Für die seit Juli amtierende Regierung Humala steht die Entscheidung an, ob sie sich auf Seiten der Protestierenden stellen – die ursprünglichen Wähler Humalas – oder das Grossprojekt, das von der Vorgängerregierung genehmigt wurde, durchziehen werden.



Goldamalgam aus illegaler Goldproduktion in Nordperu

Was haben alle drei Meldungen gemein ? Es geht um´s Gold.  Ob der aktuelle Goldboom für Länder wie Peru eine Riesenchance oder ein Riesendesaster ist, hängt davon ab, wie sehr der peruanische Staat die Macht hat, regulierend einzugreifen, und die Umweltschäden auf ein Minimum zu reduzieren und andererseits die Gewinne fürs Allgemeinwohl zu maximieren.  Angesichts der dramatischen Meldungen über die Umweltschädes des Goldabbaus weltweit möchte ich hier das Augenmerk mal auf die Nachfrageseite richten:

- InPeru und anderswo ist das Goldfieber ausgebrochen, weil die Leute in Europa wie verrückt Gold kaufen wollen.  Die Antwort darauf, warum die kleine Schweiz die USA als zweites Exportland in Peru abgelöst hat, sind die Goldexporte in die Schweiz. Die bleiben nicht unbedingt in Schweizer Tresoren sondern werden von dort über ganz Europa verteilt. Wer kauft Gold  ? Schliesslich sind solide Mitteleuropäer wie die Deutschen keine Inder, die ihren Reichtum gerne mit goldbehängten Ehefrauen zur Schau stellen.  Nein, das Gold  ist die Sicherheits-Reserve für den deutschen Sparer, den kleinen wie den grossen, der angesichts der Euro-Krise meint, mit Gold seine Ersparnisse sichern zu können. Jeder, der heute Gold kauft oder Anteile an Goldminen oder Aktien in einem Anlagenfonds hat, der auch in Gold investiert, trägt dazu bei, dass in Ländern wie Peru das Goldfieber ausbricht – mit allen Vor- und Nachteilen.

- Nachdem ich zig Goldminen in Peru besucht habe, illegale wie legale, ein-quadratmeter-grosse Schächte wie kilometerlange Tagebauten, fairtraide-zertifizierte wie übel beleumdete, kann ich vor allem eines sagen: ökologisch unbedenkliches Gold ist ein Widerspruch in sich. Ich zumindest habe keines gefunden. Ohne Quecksilber oder Zyanid ist keine Goldproduktion möglich, alternative Technologien stecken in den Babyschuhen. Man kann die Beeinträchtigungen für die Umwelt mittels gewisser Technologien reduzieren und kontrollieren, aber nicht umweltneutral produzieren.  “Öko-Gold” ist so unsinnig wie ein “Öko-Auto”.
( Die einzige Ausnahme dürfte Recycling-Gold sein ).  Das muss jeder wissen, der – in welcher Form auch immer – Gold kauft.

Nicht immer sind die grossen multinationalen Unternehmen die grössten Umweltschänder. Sie haben die Mittel, neueste Technologien einzusetzen und haben das Risiko des Imageverlustes, wenn sie hier Pfusch betreiben. Andererseits stellen die Bergbauvorhaben der Multis schon aufgrund ihrer Grösse einen enormen Eingriff in ein komplexes Öko-System und die Langzeitfolgen sind, mangels Erfahrungswerten, nicht abzuschätzen. Wichtig wäre hier, dass der zuständige Staat im Vorfeld  mögliche Langzeitschäden in Rechnung stellt und unabhängige und umfassende Umweltgutachten für die Bewertung als Grundlage nimmt.

- Illegal oder informell hergestelltes Gold zerstört nicht nur die Umwelt in grossem Masse und bringt dem peruanischen Staat keine Steuer-Einnahmen. Es bringt auch – ähnlich wie das Koka-Geschäft – Zwist, kriminelle Strukturen und grosse Ungleichheiten in traditionelle Dorfgemeinschaften. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen, ob  die Bewohner eines Dorfes angesichts der hohen Gewinne im Goldabbau nun nach Gold schürfen statt Ziegen hüten sollen, ziehen sich mitten durch die Dörfer hindurch.

- Ist ein Kompromiss zwischen den Einnahmen aus der Goldproduktion und dem Verlust an Umweltqualität möglich ? Der peruanische Präsident Ollanta Humala sagt ja, er wolle “Wasser und Gold”. Leider haben diesen Spruch vor ihm schon die grossen Bergbaufirmen im Munde geführt, die sich mit ihrem einseitigen Gewinnstreben das Vertrauen der lokalen Bevölkerung verscherzt haben. Die Gegner des Bergbaus interpretieren Humalas Worte deswegen als Zugeständnis an die Unternehmerseite. Dennoch möchte ich glauben, dass ein solcher Kompromiss möglich ist. Die Polarisierung zwischen einerseits Modernisierung durch Einnahmen aus der Goldproduktion und intakter Natur anderseits führt ins Abseits. Aus einem ganz einfachen Grund: gerade Länder wie die Schweiz oder Deutschland sind das beste Beispiel dafür, dass man Industrie und Modernisierung mit Schutz der Umwelt in Ausgleich bringen kann. Billig ist das nicht, okay. Aber:  warum sollen nur die Schweizer oder Deutschen einerseits Strom, fliessendes Wasser, eine Strasse und eine Schule im Dorf haben und gleichzeitig den Wald vor ihrer Haustüre?


Ich habe das Angebot des Bankangestellten meiner Raiffeisenbank, in Gold zu “machen”,  übrigens ausgeschlagen.  Wenn jemand jedoch partout nicht vom Gold lassen möchte, weil er oder sie es als beste Sicherheit für die eigenen Ersparnisse ansieht, würde ich um folgende Informationen bitten:

- Gold- oder Goldaktien mit Herkunftssiegel, am besten ein Fairtrade-Siegel: dies bedeutet, dass das Gold von  legalisierten Kleinbergleuten gefördert wird, die die staatlichen Umweltauflagen  und Arbeitssicherheitsauflagen einhalten und die Steuern zahlen. Das alles tun grosse Unternehmen auch, aber warum sollen nicht gerade die Kleinschürfer vom Goldboom profitieren ? Eine Umweltabsolution ist mit dem Fairtrade-Siegel aber nicht verbunden!

- Die rechtlich bindende  Zusicherung, dass kein informell gefördertes Gold in meinen Gold-Aktien, -münzen oder -barren enthalten ist.

Ich nehme an, dass ich mit diesen beiden Fragen nicht nur meinen Bankberater ins Schwitzen bringen würde!

lunes, 21 de noviembre de 2011

Ein gutes Leben, nicht ein besseres

Der Riss geht mitten durch Länder, Regierungen, Indigena-Gemeinschaften: bedeutet gutes, erstrebenswertes Leben, eine bessere Strasse zu haben und dafür Wald zu opfern ? Oder bedeutet gutes Leben den Wald zu erhalten und dafür einen Umweg in Kauf zu nehmen? In Bolivien ist die Frage zuerst mal zugunsten des Waldes entschieden. Staatspräsident Evo Morales musste aufgrund der Proteste den geplanten Bau der Strasse durch den Nationalpark Tipnis absagen.
Eine aus ihrer Spur geratene Moderne hat die westliche Zivilisation an ihre Grenzen geführt, sagt Josef Estermann, ein in Bolivien lebender Schweizer Philosoph. Er sieht in der andinen Philosophie, der „Pachasofia“, eine Korrektur zur übermächtigen westlichen Denkart. Der Mensch ist in der Kosmovision der andinen Völker nicht als Individuum, sondern nur in Beziehung zu anderen und zur Natur zu denken. Das andine „Buen Vivir“ hat als eigener Massstab für Entwicklung Einzug in die Verfassungen von Bolivien und Ecuador gehalten. In der Praxis stehen sich aber auch in Bolivien moderne und indigene Vorstellungen des „Guten Lebens“ gegenüber, wie das Beispiel des Tipnis-Nationalparks zeigt.
Wenn Vicente Alanoca vom „Guten Leben“ spricht, leuchten seine Augen. Er erzählt davon, wie in seinem Dorf am Titicaca-See alle Bewohner bei gemeinsamen Arbeiten oder Feiern mitmachen, niemand aussen vor bleibt. Wie auch noch die kleinste Kartoffel wertgeschätzt wird, denn „sie weint, wenn Du sie wegschmeisst“. Wie ihm als kleinen Jungen behutsam beigebracht wurde, die Natur, die Mutter Erde, zu schützen. Vicente Alanoca ist Ethnologe und selber Aymara. Er ist Bürgermeister in dem Dorf, in dem er geboren wurde. Das Gute Leben, das „Sumaq Jakanha“, wie es in Aymara heisst, hat aber auch mit dem Aufrechten Gang, mit einem Leben in Würde zu tun. Diese Würde wurde wurde den Indigenas 500 Jahre lang genommen, die Erinnerung daran ist noch sehr lebendig.
Werteentwicklung in den Großstädten
Taugen die andinen Vorschläge des „Guten Lebens“, die ihren Sitz im Landleben der Anden haben, auch für die Stadt ? Oder ist es etwa eine Romantisierung des ländlichen Lebens derer, die das Landleben geniessen, weil sie nach ein paar Tagen wieder in die Annehmlichkeiten der modernen Stadt zurückkehren ?
José Carlos Silva lebt in der Millionenstadt Lima. Der Volkswirt von der Universidad Ruiz de Montoya erntet keine Kartoffeln, hat aber sehr wohl eine Vorstellung, wie man in Lima gut lebt. Zum Beispiel, in dem er seine Wege mit dem Fahrrad zurücklegt. Oder indem er mit anderen in einer Wohngemeinschaft leben und damit Raum spart und Beziehungen lebt. Im wachstumsverrückten Peru schwimmt José Carlos Silva damit gegen den Strom, noch. „ Wir haben nicht nur materielle Bedürfnisse, sondern auch immaterielle Bedürfnisse, wie Zuneigung, Geselligkeit, Spiritualität, Musse – all das wird vom Markt nicht gedeckt“ , sagt der Ökonom.
In Peru macht sich die Auseinandersetzung zwischen den Entwicklungsmodellen vor allem am Gold fest. Mehr als die Hälfte der steigenden Staatseinnahmen kommen aus dem Goldexport. Präsident Humala will damit sein ehrgeiziges Sozialprogramm finanzieren. Der Preis dafür sind verschandelte Landschaften, tote Flüsse, zerstrittene Dorfgemeinschaften. Viele betroffene Dorfgemeinschaften protestieren deswegen gegen den Goldabbau. „Wir wollen beides, Gold und Wasser“, sagte Präsident Ollanta Humala dazu im peruanischen Fernsehen. „Und dass ein technologisch sauberer Bergbau möglich sei“.
Ressource Wasser
Vicente Alanoca, José Carlos Silva und Josef Estermann, alle drei Referenten bei einer Veranstaltung der Universität Ruiz de Montoya in Lima, stimmen überein, dass dies eine Illusion sein könnte. „An Mangel an Gold ist noch niemand gestorben“, sagt Vicente Alanoca, „wohl aber daran, dass es kein Wasser mehr gab“. José Carlos Silva hat einen viel radikaleren Vorschlag: anstatt das Gold in umweltschädigenden Verfahren aus der Erde zu holen, damit es letztlich wieder in einem Banktresor in der Schweiz landet, könnte man es in der Erde lassen, und die Investoren könnten eine Aktie des Fundortes kaufen. „Der Berg ist ein viel sicherer Ort für Gold als jeder Tresor“.
( Quelle: www.blickpunkt-lateinamerika.de)

sábado, 5 de noviembre de 2011

Kein Gold ohne Einwilligung der Indianer

Neues Mitspracherecht für Indigene in Peru wird zum Zankapfel

Von Hildegard Willer (KNA)
Lima (KNA) "Bist Du ein Indigena", oder gar: "bist Du ein Indio?" Wer diese Frage einem Peruaner stellt, wird sehr wahrscheinlich ein empörtes "Nein" zur Antwort bekommen. Nur in der Touristikwerbung werden Peruaner als bezopfte, barfüßige Lamatreiber dargestellt, als stolze Nachfahren der Inka. Die Realität ist eine andere: Zwar gibt es kaum einen Peruaner, der nicht auch indigene Vorfahren hat; aber stolz darauf durfte er bislang nicht sein. Das könnte sich jedoch bald ändern.
Künftig muss der peruanische Staat die indigenen Völker befragen, bevor er auf ihrem Gebiet ein Projekt umsetzen will. Das Gesetz zur Konsultation hat der frisch amtierende Präsident Ollanta Humala Anfang September verkündet. Das Ziel: den sozialen Frieden im Land wiederherzustellen. Denn bislang werden indigene Dorfgemeinschaften in den Anden und im Amazonasgebiet vor vollendete Tatsachen gestellt, wenn ihr Terrain für ein Bergwerk, eine Erdölbohrung oder ein Wasserkraftwerk genutzt wurde. Das eigenmächtige Vorgehen der Regierungsbeamten aus der Hauptstadt Lima im Verbund mit privaten Investoren führte zu mehr als 200 teils gewaltsamen Protesten im ganzen Land.
Kein Wunder, dass bei den Umsetzungsbestimmungen des neuen Gesetzes jeder ein Wörtchen mitreden möchte: die Indigenas ebenso wie die Unternehmen oder die verschiedenen Ministerien. Betraut mit der Ausarbeitung wurde eine auch in Deutschland bekannte Peruanerin: die afroperuanische Sängerin und neue Kulturministerin Susana Baca. In ihrem Ministerium sind die Indigena-Behörde INDEPA wie auch das Staatssekretariat für interkulturelle Angelegenheiten angesiedelt. Deren Leitern, die mit der Erarbeitung der Ausführungsbestimmungen beauftragt waren, hat Baca vor einer Woche kurzerhand den Laufpass gegeben.
Die Gründe dafür sind vielfältig; die Maßnahme zeigt aber, wie sensibel das Thema in der peruanischen Öffentlichkeit ist, noch bevor das Gesetz überhaupt in Anwendung kommt. "Das Wichtigste ist, dass wir in Peru eine starke Indigena-Behörde schaffen", kommentiert Rocio Silva-Santisteben vom Dachverband der peruanischen Menschenrechtsgruppen. Diese setzen sich seit Jahren für die Rechte der Indigenas gegenüber den Bergbau- und Erdölfirmen ein - und feiern das neue Gesetz als eine wichtige Errungenschaft.
Eine der ersten Aufgaben wird sein, überhaupt ein Verzeichnis der Indigenas in Peru zu erstellen. Bislang gibt es etwas Ähnliches nicht. Denn vor 40 Jahren schaffte eine linke Militärregierung die Kategorie "Indigena" kurzerhand ab und erklärte alle Landbewohner zu sozialistischen Bauern.
Dabei sind die "Bauern" oder "Indigenas" in Peru äußerst vielfältig. Von rund 15 nicht kontaktierten Indigena-Völkern im Amazonas bis zu den Nachfahren der Ureinwohner im Norden Perus, die ihre ursprüngliche Sprache und viele Sitten längst verloren haben, reicht die ganze Bandbreite peruanischer "Indigenas", die mit dem neuen Gesetz ein wichtiges Machtinstrument in die Hand bekommen. Nicht nur die Indigenas, sondern auch Privatinvestoren warten ungeduldig darauf, wie es nun umgesetzt wird. Am 10. Januar will der neue Staatssekretär für interkulturelle Angelegenheiten die Umsetzungsbestimmungen vorlegen.
In Peru boomt die Wirtschaft - dank der Rohstoffexporte. Peru gehört zu den großen Goldförderländern und ist attraktiv für Investoren, denen Europa oder die USA inzwischen zuwenig Rendite bieten. 42 Milliarden US-Dollar internationales Kapital warteten darauf, so die peruanische Tageszeitung "La Republica", sich in einer peruanischen Gold- oder Kupfermine wundersam zu vermehren.
Die Indigenas, bislang Bürger zweiter oder dritter Klasse, haben es nun in der Hand, diese Investitionen wenn nicht zu kippen, so doch zumindest zu verzögern. Schon möglich, dass in einigen Monaten mehr Peruaner als bisher auf die Frage, ob sie Indigenas seien, mit einem stolzen "Ja" antworten.