lunes, 28 de noviembre de 2011

Gold

Gold

  Ein Diskussionsbeitrag


Drei Meldungen, die erst mal nichts miteinander zu tun haben:

1) Die Raiffeisenbank in meinem Allgäuer Heimatdorf verkauft ihren Kunden normalerweise  solide Sparbriefe und finanziert die lokalen Betriebe oder den beliebten Häuslesbau. Gross war mein Erstaunen, als  der Bankangestellte bei meinem letzten Besuch einen  Prospekt hervorzog und meinte, da gäbe es auch noch sichere Anlagen in Minenprojekten in fernen Ländern….

2) Meldung in der peruanischen Wirtschaftszeitung “Gestion” vom 28. November 2011: Die USA  hat ihre Platz als zweites Hauptexportland für peruanische Produkte eingebüsst.  Die meisten peruanischen Ausfuhren gehen weiterhin nach China. Den zweiten Platz hat die kleine Schweiz den USA abgerungen.

3) Seit einer Woche tobt in Peru eine heftige Auseinandersetzung ob der Umweltgenehmigung für das geplante Grossabbauprojekt “Conga” in der nordperuanischen Provinz Cajamarca. Teile der lokalen Bevölkerung wehren sich mit Strassenprotesten und Blockaden gegen das Projekt. Für die seit Juli amtierende Regierung Humala steht die Entscheidung an, ob sie sich auf Seiten der Protestierenden stellen – die ursprünglichen Wähler Humalas – oder das Grossprojekt, das von der Vorgängerregierung genehmigt wurde, durchziehen werden.



Goldamalgam aus illegaler Goldproduktion in Nordperu

Was haben alle drei Meldungen gemein ? Es geht um´s Gold.  Ob der aktuelle Goldboom für Länder wie Peru eine Riesenchance oder ein Riesendesaster ist, hängt davon ab, wie sehr der peruanische Staat die Macht hat, regulierend einzugreifen, und die Umweltschäden auf ein Minimum zu reduzieren und andererseits die Gewinne fürs Allgemeinwohl zu maximieren.  Angesichts der dramatischen Meldungen über die Umweltschädes des Goldabbaus weltweit möchte ich hier das Augenmerk mal auf die Nachfrageseite richten:

- InPeru und anderswo ist das Goldfieber ausgebrochen, weil die Leute in Europa wie verrückt Gold kaufen wollen.  Die Antwort darauf, warum die kleine Schweiz die USA als zweites Exportland in Peru abgelöst hat, sind die Goldexporte in die Schweiz. Die bleiben nicht unbedingt in Schweizer Tresoren sondern werden von dort über ganz Europa verteilt. Wer kauft Gold  ? Schliesslich sind solide Mitteleuropäer wie die Deutschen keine Inder, die ihren Reichtum gerne mit goldbehängten Ehefrauen zur Schau stellen.  Nein, das Gold  ist die Sicherheits-Reserve für den deutschen Sparer, den kleinen wie den grossen, der angesichts der Euro-Krise meint, mit Gold seine Ersparnisse sichern zu können. Jeder, der heute Gold kauft oder Anteile an Goldminen oder Aktien in einem Anlagenfonds hat, der auch in Gold investiert, trägt dazu bei, dass in Ländern wie Peru das Goldfieber ausbricht – mit allen Vor- und Nachteilen.

- Nachdem ich zig Goldminen in Peru besucht habe, illegale wie legale, ein-quadratmeter-grosse Schächte wie kilometerlange Tagebauten, fairtraide-zertifizierte wie übel beleumdete, kann ich vor allem eines sagen: ökologisch unbedenkliches Gold ist ein Widerspruch in sich. Ich zumindest habe keines gefunden. Ohne Quecksilber oder Zyanid ist keine Goldproduktion möglich, alternative Technologien stecken in den Babyschuhen. Man kann die Beeinträchtigungen für die Umwelt mittels gewisser Technologien reduzieren und kontrollieren, aber nicht umweltneutral produzieren.  “Öko-Gold” ist so unsinnig wie ein “Öko-Auto”.
( Die einzige Ausnahme dürfte Recycling-Gold sein ).  Das muss jeder wissen, der – in welcher Form auch immer – Gold kauft.

Nicht immer sind die grossen multinationalen Unternehmen die grössten Umweltschänder. Sie haben die Mittel, neueste Technologien einzusetzen und haben das Risiko des Imageverlustes, wenn sie hier Pfusch betreiben. Andererseits stellen die Bergbauvorhaben der Multis schon aufgrund ihrer Grösse einen enormen Eingriff in ein komplexes Öko-System und die Langzeitfolgen sind, mangels Erfahrungswerten, nicht abzuschätzen. Wichtig wäre hier, dass der zuständige Staat im Vorfeld  mögliche Langzeitschäden in Rechnung stellt und unabhängige und umfassende Umweltgutachten für die Bewertung als Grundlage nimmt.

- Illegal oder informell hergestelltes Gold zerstört nicht nur die Umwelt in grossem Masse und bringt dem peruanischen Staat keine Steuer-Einnahmen. Es bringt auch – ähnlich wie das Koka-Geschäft – Zwist, kriminelle Strukturen und grosse Ungleichheiten in traditionelle Dorfgemeinschaften. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen, ob  die Bewohner eines Dorfes angesichts der hohen Gewinne im Goldabbau nun nach Gold schürfen statt Ziegen hüten sollen, ziehen sich mitten durch die Dörfer hindurch.

- Ist ein Kompromiss zwischen den Einnahmen aus der Goldproduktion und dem Verlust an Umweltqualität möglich ? Der peruanische Präsident Ollanta Humala sagt ja, er wolle “Wasser und Gold”. Leider haben diesen Spruch vor ihm schon die grossen Bergbaufirmen im Munde geführt, die sich mit ihrem einseitigen Gewinnstreben das Vertrauen der lokalen Bevölkerung verscherzt haben. Die Gegner des Bergbaus interpretieren Humalas Worte deswegen als Zugeständnis an die Unternehmerseite. Dennoch möchte ich glauben, dass ein solcher Kompromiss möglich ist. Die Polarisierung zwischen einerseits Modernisierung durch Einnahmen aus der Goldproduktion und intakter Natur anderseits führt ins Abseits. Aus einem ganz einfachen Grund: gerade Länder wie die Schweiz oder Deutschland sind das beste Beispiel dafür, dass man Industrie und Modernisierung mit Schutz der Umwelt in Ausgleich bringen kann. Billig ist das nicht, okay. Aber:  warum sollen nur die Schweizer oder Deutschen einerseits Strom, fliessendes Wasser, eine Strasse und eine Schule im Dorf haben und gleichzeitig den Wald vor ihrer Haustüre?


Ich habe das Angebot des Bankangestellten meiner Raiffeisenbank, in Gold zu “machen”,  übrigens ausgeschlagen.  Wenn jemand jedoch partout nicht vom Gold lassen möchte, weil er oder sie es als beste Sicherheit für die eigenen Ersparnisse ansieht, würde ich um folgende Informationen bitten:

- Gold- oder Goldaktien mit Herkunftssiegel, am besten ein Fairtrade-Siegel: dies bedeutet, dass das Gold von  legalisierten Kleinbergleuten gefördert wird, die die staatlichen Umweltauflagen  und Arbeitssicherheitsauflagen einhalten und die Steuern zahlen. Das alles tun grosse Unternehmen auch, aber warum sollen nicht gerade die Kleinschürfer vom Goldboom profitieren ? Eine Umweltabsolution ist mit dem Fairtrade-Siegel aber nicht verbunden!

- Die rechtlich bindende  Zusicherung, dass kein informell gefördertes Gold in meinen Gold-Aktien, -münzen oder -barren enthalten ist.

Ich nehme an, dass ich mit diesen beiden Fragen nicht nur meinen Bankberater ins Schwitzen bringen würde!

lunes, 21 de noviembre de 2011

Ein gutes Leben, nicht ein besseres

Der Riss geht mitten durch Länder, Regierungen, Indigena-Gemeinschaften: bedeutet gutes, erstrebenswertes Leben, eine bessere Strasse zu haben und dafür Wald zu opfern ? Oder bedeutet gutes Leben den Wald zu erhalten und dafür einen Umweg in Kauf zu nehmen? In Bolivien ist die Frage zuerst mal zugunsten des Waldes entschieden. Staatspräsident Evo Morales musste aufgrund der Proteste den geplanten Bau der Strasse durch den Nationalpark Tipnis absagen.
Eine aus ihrer Spur geratene Moderne hat die westliche Zivilisation an ihre Grenzen geführt, sagt Josef Estermann, ein in Bolivien lebender Schweizer Philosoph. Er sieht in der andinen Philosophie, der „Pachasofia“, eine Korrektur zur übermächtigen westlichen Denkart. Der Mensch ist in der Kosmovision der andinen Völker nicht als Individuum, sondern nur in Beziehung zu anderen und zur Natur zu denken. Das andine „Buen Vivir“ hat als eigener Massstab für Entwicklung Einzug in die Verfassungen von Bolivien und Ecuador gehalten. In der Praxis stehen sich aber auch in Bolivien moderne und indigene Vorstellungen des „Guten Lebens“ gegenüber, wie das Beispiel des Tipnis-Nationalparks zeigt.
Wenn Vicente Alanoca vom „Guten Leben“ spricht, leuchten seine Augen. Er erzählt davon, wie in seinem Dorf am Titicaca-See alle Bewohner bei gemeinsamen Arbeiten oder Feiern mitmachen, niemand aussen vor bleibt. Wie auch noch die kleinste Kartoffel wertgeschätzt wird, denn „sie weint, wenn Du sie wegschmeisst“. Wie ihm als kleinen Jungen behutsam beigebracht wurde, die Natur, die Mutter Erde, zu schützen. Vicente Alanoca ist Ethnologe und selber Aymara. Er ist Bürgermeister in dem Dorf, in dem er geboren wurde. Das Gute Leben, das „Sumaq Jakanha“, wie es in Aymara heisst, hat aber auch mit dem Aufrechten Gang, mit einem Leben in Würde zu tun. Diese Würde wurde wurde den Indigenas 500 Jahre lang genommen, die Erinnerung daran ist noch sehr lebendig.
Werteentwicklung in den Großstädten
Taugen die andinen Vorschläge des „Guten Lebens“, die ihren Sitz im Landleben der Anden haben, auch für die Stadt ? Oder ist es etwa eine Romantisierung des ländlichen Lebens derer, die das Landleben geniessen, weil sie nach ein paar Tagen wieder in die Annehmlichkeiten der modernen Stadt zurückkehren ?
José Carlos Silva lebt in der Millionenstadt Lima. Der Volkswirt von der Universidad Ruiz de Montoya erntet keine Kartoffeln, hat aber sehr wohl eine Vorstellung, wie man in Lima gut lebt. Zum Beispiel, in dem er seine Wege mit dem Fahrrad zurücklegt. Oder indem er mit anderen in einer Wohngemeinschaft leben und damit Raum spart und Beziehungen lebt. Im wachstumsverrückten Peru schwimmt José Carlos Silva damit gegen den Strom, noch. „ Wir haben nicht nur materielle Bedürfnisse, sondern auch immaterielle Bedürfnisse, wie Zuneigung, Geselligkeit, Spiritualität, Musse – all das wird vom Markt nicht gedeckt“ , sagt der Ökonom.
In Peru macht sich die Auseinandersetzung zwischen den Entwicklungsmodellen vor allem am Gold fest. Mehr als die Hälfte der steigenden Staatseinnahmen kommen aus dem Goldexport. Präsident Humala will damit sein ehrgeiziges Sozialprogramm finanzieren. Der Preis dafür sind verschandelte Landschaften, tote Flüsse, zerstrittene Dorfgemeinschaften. Viele betroffene Dorfgemeinschaften protestieren deswegen gegen den Goldabbau. „Wir wollen beides, Gold und Wasser“, sagte Präsident Ollanta Humala dazu im peruanischen Fernsehen. „Und dass ein technologisch sauberer Bergbau möglich sei“.
Ressource Wasser
Vicente Alanoca, José Carlos Silva und Josef Estermann, alle drei Referenten bei einer Veranstaltung der Universität Ruiz de Montoya in Lima, stimmen überein, dass dies eine Illusion sein könnte. „An Mangel an Gold ist noch niemand gestorben“, sagt Vicente Alanoca, „wohl aber daran, dass es kein Wasser mehr gab“. José Carlos Silva hat einen viel radikaleren Vorschlag: anstatt das Gold in umweltschädigenden Verfahren aus der Erde zu holen, damit es letztlich wieder in einem Banktresor in der Schweiz landet, könnte man es in der Erde lassen, und die Investoren könnten eine Aktie des Fundortes kaufen. „Der Berg ist ein viel sicherer Ort für Gold als jeder Tresor“.
( Quelle: www.blickpunkt-lateinamerika.de)

sábado, 5 de noviembre de 2011

Kein Gold ohne Einwilligung der Indianer

Neues Mitspracherecht für Indigene in Peru wird zum Zankapfel

Von Hildegard Willer (KNA)
Lima (KNA) "Bist Du ein Indigena", oder gar: "bist Du ein Indio?" Wer diese Frage einem Peruaner stellt, wird sehr wahrscheinlich ein empörtes "Nein" zur Antwort bekommen. Nur in der Touristikwerbung werden Peruaner als bezopfte, barfüßige Lamatreiber dargestellt, als stolze Nachfahren der Inka. Die Realität ist eine andere: Zwar gibt es kaum einen Peruaner, der nicht auch indigene Vorfahren hat; aber stolz darauf durfte er bislang nicht sein. Das könnte sich jedoch bald ändern.
Künftig muss der peruanische Staat die indigenen Völker befragen, bevor er auf ihrem Gebiet ein Projekt umsetzen will. Das Gesetz zur Konsultation hat der frisch amtierende Präsident Ollanta Humala Anfang September verkündet. Das Ziel: den sozialen Frieden im Land wiederherzustellen. Denn bislang werden indigene Dorfgemeinschaften in den Anden und im Amazonasgebiet vor vollendete Tatsachen gestellt, wenn ihr Terrain für ein Bergwerk, eine Erdölbohrung oder ein Wasserkraftwerk genutzt wurde. Das eigenmächtige Vorgehen der Regierungsbeamten aus der Hauptstadt Lima im Verbund mit privaten Investoren führte zu mehr als 200 teils gewaltsamen Protesten im ganzen Land.
Kein Wunder, dass bei den Umsetzungsbestimmungen des neuen Gesetzes jeder ein Wörtchen mitreden möchte: die Indigenas ebenso wie die Unternehmen oder die verschiedenen Ministerien. Betraut mit der Ausarbeitung wurde eine auch in Deutschland bekannte Peruanerin: die afroperuanische Sängerin und neue Kulturministerin Susana Baca. In ihrem Ministerium sind die Indigena-Behörde INDEPA wie auch das Staatssekretariat für interkulturelle Angelegenheiten angesiedelt. Deren Leitern, die mit der Erarbeitung der Ausführungsbestimmungen beauftragt waren, hat Baca vor einer Woche kurzerhand den Laufpass gegeben.
Die Gründe dafür sind vielfältig; die Maßnahme zeigt aber, wie sensibel das Thema in der peruanischen Öffentlichkeit ist, noch bevor das Gesetz überhaupt in Anwendung kommt. "Das Wichtigste ist, dass wir in Peru eine starke Indigena-Behörde schaffen", kommentiert Rocio Silva-Santisteben vom Dachverband der peruanischen Menschenrechtsgruppen. Diese setzen sich seit Jahren für die Rechte der Indigenas gegenüber den Bergbau- und Erdölfirmen ein - und feiern das neue Gesetz als eine wichtige Errungenschaft.
Eine der ersten Aufgaben wird sein, überhaupt ein Verzeichnis der Indigenas in Peru zu erstellen. Bislang gibt es etwas Ähnliches nicht. Denn vor 40 Jahren schaffte eine linke Militärregierung die Kategorie "Indigena" kurzerhand ab und erklärte alle Landbewohner zu sozialistischen Bauern.
Dabei sind die "Bauern" oder "Indigenas" in Peru äußerst vielfältig. Von rund 15 nicht kontaktierten Indigena-Völkern im Amazonas bis zu den Nachfahren der Ureinwohner im Norden Perus, die ihre ursprüngliche Sprache und viele Sitten längst verloren haben, reicht die ganze Bandbreite peruanischer "Indigenas", die mit dem neuen Gesetz ein wichtiges Machtinstrument in die Hand bekommen. Nicht nur die Indigenas, sondern auch Privatinvestoren warten ungeduldig darauf, wie es nun umgesetzt wird. Am 10. Januar will der neue Staatssekretär für interkulturelle Angelegenheiten die Umsetzungsbestimmungen vorlegen.
In Peru boomt die Wirtschaft - dank der Rohstoffexporte. Peru gehört zu den großen Goldförderländern und ist attraktiv für Investoren, denen Europa oder die USA inzwischen zuwenig Rendite bieten. 42 Milliarden US-Dollar internationales Kapital warteten darauf, so die peruanische Tageszeitung "La Republica", sich in einer peruanischen Gold- oder Kupfermine wundersam zu vermehren.
Die Indigenas, bislang Bürger zweiter oder dritter Klasse, haben es nun in der Hand, diese Investitionen wenn nicht zu kippen, so doch zumindest zu verzögern. Schon möglich, dass in einigen Monaten mehr Peruaner als bisher auf die Frage, ob sie Indigenas seien, mit einem stolzen "Ja" antworten.

martes, 25 de octubre de 2011

Susana Baca als Kulturministerin

Madame Inklusion

Von Hildegard Willer (KNA)
Lima (KNA) Das Schlagwort von der "Inklusion" macht in Peru die Runde, seit der Linksnationalist Ollanta Humala Präsident ist. Die gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Einbeziehung bisher ausgegrenzter Bevölkerungsschichten soll ein Schwerpunkt seiner Regierung werden. Die Sängerin Susana Baca will ihm dabei helfen. Denn die Diskriminierung als schwarze Peruanerin hat die 67-Jährige am eigenen Leibe erlebt. "Kein Kind soll jemals wieder in Peru mit diesen Erfahrungen aufwachsen müssen", meint sie.
"Du bist die Inklusion in Person, du musst zusagen", habe der Präsident zu ihr gesagt - und Susana Baca sagte Ja. Seit Juli ist sie nun Kulturministerin ihres Landes. Die elegante Frau mit dem kurzen schwarzen Kraushaar ist damit die erste schwarze Ministerin Perus. Das ist für das immer noch von kolonialen und rassistischen Mentalitäten geprägte Andenland eine kleine Sensation.
Dabei ist Susana Baca die wohl bekannteste peruanische Sängerin der Gegenwart. Ihre Neukreationen traditioneller afro-peruanischer Rhythmen und Melodien haben ihr zu einem festen Platz in der Weltmusik-Szene verholfen; sie ist gern gesehener Konzertgast auch auf europäischen Bühnen. Das wurde ihr zu Beginn ihrer Amtszeit als Kultusministerin fast zum Verhängnis.
Obwohl sie das Amt unter der Bedingung antrat, ihre für Herbst zugesagten Konzertengagements im Ausland erfüllen zu können, nahm ihr die peruanische Öffentlichkeit ihre Abwesenheit übel. Die Opposition bemängelte über die Medien, Susana singe, statt ihre Arbeit zu machen. Ihre für November geplante Tournee hat sie nun abgesagt. Sie werde sich ab jetzt voll auf ihre Arbeit als Ministerin konzentrieren.
Und damit hat sie alle Hände voll zu tun. Das Ministerium ist erst ein Jahr alt und muss noch noch um Anerkennung und Budget kämpfen. So gehört zu Bacas neuen Aufgaben der Schutz von Ausgrabungsstätten. "Ganz Peru ist voll von prähispanischen Heiligtümern. Das ist unser Gedächtnis", begeistert sich die Neupolitikerin. Allzuoft sind die Denkmäler bereits von Grabräubern besucht worden, bevor sich der peruanische Staat um die Stätten kümmert. Eine weit heiklere Aufgabe steht ihr mit der Umsetzung des neuen Gesetzes zur Konsultation indigener Völker ins Haus.
Bacas Staatssekretariat für Interkulturalität soll den Dialogprozess zwischen Regierung und Investoren einerseits und indigenen Gemeinschaften andererseits führen. Im August hat der peuranische Kongress ein Gesetz verabschiedet, das die Regierung zwingt, die indigenen Völker vor der Durchführung von Projekten auf ihrem Territorium zu konsultieren. Damit soll den mehr als 200 sozialen Konflikten die Spitze genommen werden. Was denn vorgesehen sei, wenn sich die Indigenen und die Regierung nicht einigen könne? "Sie müssen sich einigen, es geht gar nichts anders", ruft Baca emphatisch. "Wir brauchen Wirtschaftswachstum, um die Armut bekämpfen zu können."
Im Januar will eine Komission aus mehreren Ministerien die Umsetzungsverordnung vorlegen. Darauf warten viele indigene Gemeinschaften im Amazonasgebiet und in den Anden, die erfahren, dass auf ihrem Land Gold, Kupfer oder Erdöl gefördert werden oder ein Wasserkraftwerk oder eine Straße gebaut werden soll.
Susana Bacas später Wechsel in die Politik hat ihr Leben umgekrempelt. "Vorher habe ich viermal in der Woche mit meinen Musikern geprobt", erzählt die Ministerin. Nun wird sie morgens vom Chauffeur abgeholt und arbeitet im achten Stock des bunkerartigen Nationalmuseums, einem architektonischen Erbe des Kalten Krieges. Etwas verloren wirkt die kleine Frau dort, umgeben von sechs Telefonen und mit der Aussicht auf die Skyline von Lima. Obwohl sie sich ganz ihrer neuen Aufgabe widmet, wie die Ministerin betont, werde die Musik ihr Leben bleiben. "Zwei Stunden pro Woche möchte ich mir irgendwie fürs Üben abzwacken. Das darf ich doch noch als Ministerin, oder?"
(Quelle: KNA)

miércoles, 19 de octubre de 2011

Mutige Fahrradfahrer im Verkehrsdschungel Limas

Verkehrsschild zur gegenseitiger Vorsicht in Lima / Carlos Caicedo, Flickr
Noch werden sie wie seltsame und unerwünschte Verkehrsteilnehmer betrachtet. Doch langsam wächst in Lima die Gruppe der Fahrradfahrer. Schließlich bietet die peruanische Hauptstadt gute Bedingungen dafür – gäbe es nicht die vielen Autos.
„Mir sagte ein Polizist, ich dürfe hier nicht Fahrradfahren auf der Straße, weil es keinen Fahrradweg gibt“, sagt José, ein rund 25-jähriger großgewachsener Mann. „Ich solle dafür ins Nachbarviertel Miraflores gehen“. Dubert Diaz, ein Biologie-Lehrer weiß von ähnlichem Unverständnis zu erzählen, wenn man in der peruanischen Hauptstadt mit dem Fahrrad unterwegs ist. Er machte einen Ausflug mit seiner Schulklasse zum etwas außerhalb von Lima gelegenen Heiligtum von Pachacamac. Die Schüler durften zwar die Inka-Stätte besuchen, ihre Fahrräder mussten sie allerdings draußen parken, obwohl der Auto-Parkplatz fast leer war.
Von Autofahrern abschirmen
Jeder, der in der peruanischen Hauptstadt mit dem Fahrrad unterwegs ist, kann von solchen Erlebnissen berichten. José, Dubert und acht weitere Vertreter der und 50 Fahrrad-Gruppen in Lima sind zum Treffen der Fahrrad-Aktivisten gekommen. Sie wollen eine Protestfahrt organisieren und der Oberbürgermeisterin ein Manifest überreichen. Zehn Leute sind nicht viel, aber vor fünf Jahren gab es in Lima noch gar keine Gruppen. Erst in jüngster Zeit bilden sich immer mehr Gruppen von Fahrradfahrern in Lima. Die meisten haben entweder sportliche Ambitionen, wie Dubert, der gerne mal mit dem Fahrrad an einem Wochenende 3.000 Höhenmeter überwindet. Oder sie benutzen das Fahrrad zum Freizeitvergnügen, organisieren gemeinsame Ausflüge. Bei denen fahren dann, wie bei einem Schulausflug, Lotsen mit, die die Fahrradfahrer vor den Autofahrern abschirmen.
Ideale Stadt zum Fahrradfahren
Die wenigsten sehen im Fahrrad ein alltägliches Verkehrsmittel ist, mit dem man in der Stadt einfach von A nach B gelangen kann. Dabei wäre Lima die ideale Stadt für Fahrradfahrer: Es regnet nie, die Stadt ist eben, der Wind vom nahen Pazifik hält sich in Grenzen, und die Temperaturen sind auch eher gemäßigt.
Carlos Caballero ist einer der wenigen Limenhos, die jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. 30 Kilometer legt er dabei jeden Tag zurück. Der größte Feind beim täglichen Fahrradfahren sind dabei die Autofahrer. „Mir haben sie schon alles mögliche gesagt, dass ich verrückt sei, dass ich zum Radfahren in den Park gehen soll, dass ich auf dem Gehweg fahren soll“. Der 42-jährige Softwareentwickler ist dennoch von den Vorteilen des Fahrrads als alltägliches Verkehrsmittel überzeugt.
Auf einer Website (www.cicloviasdelima.org) hat er die 125 Kilometer vorhandenen Fahrradwege in Lima aufgezeigt, und kämpft dafür, dass es mehr werden. 125 Kilometer sind viel zu wenig für eine Acht-Millionen-Stadt, in der sich im Zuge des Rohstoffbooms immer mehr Autos die Straße streitig machen.
Oberbürgermeisterin als Verbündete
Eine Verbündete haben die Fahrradaktivisten in der neuen Oberbürgermeisterin Susana Villarán. Die hat kurzerhand eine Hauptverkehrsstraße jeden Sonntagvormittag sperren lassen für den Autoverkehr, damit die Radler ungestört fahren können. Vorbild sind für Susana Villarán dabei Bogotá oder México D.F. , in denen das Fahrradfahren seit Jahren auch von offizieller Seite gefördert wird.
Die Hauptgefahr für Fahrradfahrer in Lima geht allerdings von den Autofahrern aus. Auf Limas Straßen gilt das Recht des Stärkeren, und stärker fühlt sich derjenige, der in einem möglichst großen Auto sitzt. Fahrradfahrer erhalten keinen Schutz von Seiten der Polizei, sie gelten immer noch als „seltene Vögel“ im Verkehrsdschungel von Lima.
Konkret heißt dies: Fahrradfahren in Lima ist lebensgefährlich. Dennoch gewinnt das gesunde und billige Verkehrsmittel gerade bei Jugendlichen der wachsenden Mittelschicht Limas an Attraktivität. Sehr zum Leidwesen ihrer Eltern , die – zurecht – um das Leben ihrer radfahrenden Kinder fürchten. Bis es soweit ist, dass die kleinen Peruaner mit dem Fahrrad in die Schule oder Uni fahren, werden noch einige Jahre ins Land gehen.
(publiziert in: www.blickpunkt-lateinamerika.de)

lunes, 17 de octubre de 2011

Kaffee mit Siegel

Kaffeebauer in Peru / Martin Steffen, Adveniat
Peruaner selbst trinken wenig davon, doch die Deutschen lieben peruanischen Kaffee. Am liebsten fair gehandelt. Über die zukünftigen Bedingungen des Fairen Handels diskutieren die Kaffeeproduzenten heftig.
Wenn man in einem traditionellen peruanischen Lokal eine Tasse Kaffee bestellt, so bekommt man entweder eine Art Parfümfläschchen mit einer dicken, kalten schwarzen Brühe vorgesetzt, die sogenannte Kaffee-Essenz, die man in aller Frühe aufgießt und die danach zu jeder Tageszeit mit heißem Wasser verdünnt werden kann. Oder aber es liegt ein Tütchen Instant-Kaffee von einer der weltweit bekannten Firmen auf der Untertasse. Nicht einmal ein Pfund Kaffee konsumiert ein Peruaner pro Jahr, und davon den größten Teil als Instant-Café. Ein Deutscher dagegen verbraucht pro Jahr elf Kilo Bohnenkaffee .
Auch wenn die Peruaner ihren Kaffee( noch) verschmähen – er ist inzwischen ihr wichtigstes Agrar-Exportprodukt, und Deutschland das wichtigste Exportland für peruanischen Kaffee. 35 Prozent aller peruanischen Kaffeeexporte enden in einer deutschen Tasse.
Für jeden Geschmack etwas
Peru ist vor allem für seinen organisch angebauten Kaffee bekannt, sagt Julián Aucca von der Kaffee-Kooperative „La Divisoria“ während der landesweiten Kaffee-Ausstellung „Expocafe Peru“, die im Oktober in Lima stattfand. Der Kaffeebauer ist auch gelernter Kaffee-Verkoster und erzählt, warum Peru mit seinen 35 Klimazonen besonders geeignet ist für den Kaffeeanbau am Ostabhang der Anden.
Peru ist führend bei der Produktion von Spezialkaffees, und davon gibt es jede Menge. Bei kaum einem Produkt herrscht ein solcher Wirrwarr an Labeln und Siegeln wie beim Kaffee. Organisch produzierter Kaffee ist nur ein Siegel unter vielen. Da gibt es das vogelfreundliche „birdwatch“ –Siegel, das Rainforest-Abzeichen für Kaffeeanbau, der den Regenwald schützt, dann die verschiedenen Abzeichen für die Güteklasse des Kaffees. Starbucks führt ein eigenes Siegel. Und natürlich das in Deutschland bekannte „Fair trade“-Siegel. All diese verschiedenen Kaffee-Sorten werden als Spezialkaffees oder Gourmet-Kaffees bezeichnet. Die meisten Kaffeebauern in Peru produzieren für mehrere Label.
Streit ums Fairtrade-Siegel
Der Kaffeeanbau liegt traditionell in den Händen von Kleinbauern. 150.000 Familien in ganz Peru leben vom Kaffeeanbau, rund 30 000 sind in Genossenschaften zusammengeschlossen. Einige Genossenschaften sind zu Exporteuren geworden, auch dank des Fairtrade-Labels. Denn dieses Label wird nur an Kleinproduzenten vergeben, schließlich sollen die vom Aufpreis profitieren, den der Käufer zahlt.
Dennoch zeigt sich auch in Peru eine zunehmende Konzentration von Kaffee-Exporteuren. Die zehn größten Kaffee-Trader exportieren 75 Prozent des peruanischen Kaffees. Und nur 20 Prozent der Exporte laufen über Genossenschaften, berichtet Aucca. Über die zukünftigen Bedingungen des Fairen Handels diskutieren die Kaffeeproduzenten heftig.
Gütezeichen „Kleinproduzent“
Um die große Nachfrage nach fair gehandeltem Kaffee in Europa bedienen zu können, hat die Fairtrade Label Organization FLO-Cert mit Hauptsitz Bonn, ihre Bedingungen aufgeweicht, so dass auch private Kaffee-Großhändler Kaffee als fair gehandelt anbieten können. Dagegen protestieren die peruanischen Kaffee-Genossenschaften. Das Fairtrade-Siegel werde damit entwertet und verbessere das Image der Firmen, für die Fairtrade-Kaffee nur ein Produkt unter anderen ist. Die Kaffee-Genossenschaften Lateinamerikas haben deswegen ihr eigenes Gütezeichen „Kleinproduzent“ eingerichtet, erzählt José Rojas, Geschäftsführer der Kooperative Cepicafé.
Wer in Deutschland peruanischen Kaffee trinkt, soll ihn sich nicht nur schmecken lassen, sondern auch nachfragen, wer ihn denn wirklich produziert hat.
(publiziert in: www.blickpunkt-lateinamerika.de)


miércoles, 5 de octubre de 2011

Der Tod der Heiler am Amazonas

Morde an Schamanen beschäftigen Peru

Von Hildegard Willer (KNA)
Lima (KNA) Ihr Amt ist, zu heilen. Und sie starben eines gewaltsamen Todes. Bis zu 14 Schamanen wurden seit 2010 in Peru ermordet, alle im Dorf Balsapuerto im Amazonas-Departament Loreto, drei Bootsstunden vom Städtchen Yurimaguas entfernt im Nordosten des Landes. Jetzt hat der peruanische Staatssekretär für Interkulturalität, Vicente Otta, in Lima eine rasche Aufklärung der Verbrechen angekündigt.
Rund 5.000 Mitglieder zählt das Volk der Shiwa, aus dem die Heiler stammten. Wie alle 13 indigenen Ethnien des peruanischen Amazonasgebietes leben sie unter ärmsten Bedingungen. Schamanen oder Medizinmänner gehören seit jeher zur Kultur Amazoniens, sie verfügen über uraltes medizinisches und spirituelles Wissen. In sieben Fällen wurden die verstümmelten Leichen gefunden, sieben weitere Medizinmänner sollen erschlagen und in den Fluss geworfen worden sein; er trug die Toten fort.
Für die Mordserie macht Staatssekretär Otta den Vorsteher des Dorfes und dessen Bruder verantwortlich. Als Mitglieder einer evangelikalen Gemeinschaft würden sie die traditionelle Kultur der Shiwa als Teufelswerk ansehen und zu deren Ausrottung aufrufen, erklärte Otta in der Hauptstadt Lima. Auslöser der Gewalt sei eine Ankündigung der Schamanen gewesen, sich zu einem Verein zusammenzuschließen.
Amazonas-Experte und UN-Berater Roger Rumrill ist überzeugt, dass eine neue Hexenjagd im Gange ist. "Mit jedem Schamanen, der stirbt, stirbt ein Jahrtausende altes Wissen", sagt er. Rumrill sieht nicht nur religiöse Differenzen als Ursache für die Mordwelle. Die Medizinmänner müssten auch als Sündenbock herhalten für die schlechten Lebensbedingungen.
"Die Kindersterblichkeit im Amazonasgebiet ist sehr hoch, viele Kinder haben Darm- und Bronchialinfekte. Die Schamanen werden spät gerufen, können aber gegen Infektionen nichts ausrichten, ihr Spezialgebiet sind psychosomatische Krankheiten" erklärt Rumrill. Wenn die Kinder stürben, werde den Schamanen die Schuld gegeben - ähnlich wie bei Anklagen gegen Hexen in Europa.
Cesar Llanco ist Pastor der methodistisch-evangelischen Kirche und arbeitet mit evangelikalen Gemeinden im Amazonasgebiet zusammen. Für diese sei "die Auseinandersetzung mit ihrer Herkunftskultur kein Thema". Es sei schwer, die Frage der kulturellen Identität unter evangelikalen Christen Amazoniens überhaupt zu erörtern, meint Llanco. Denn der Übergang zum neuen, christlichen Glauben werde ja gerade als totaler Bruch mit der alten Kultur vermittelt. Deshalb gälten auch traditionelle Riten wie das Kauen von Kokablättern oder der Konsum des halluzinogenen Ayahuasca-Gebräus als teuflisch, so der Theologe.
Dass es zwischen evangelikalen Neubekehrten und traditionellen Heilern zu Gewalt und Mord gekommen sei, hat Cesar Llanco nach eigenem Bekunden allerdings noch nie erfahren. Nur will er erlebt haben, wie Anhänger einer bibelfundamentalistischen Gruppierung zum Sturm gegen die Schamanen und Hexer aufgerufen hätten.
Bisher blieben die gewaltsamen Auseinandersetzungen unter den Bewohnern im fernen, weiten Amazonasgebiet von peruanischen Behörden mehr oder weniger unbeachtet. Dies soll sich unter der seit zwei Monaten amtierenden Regierung unter Staatspräsident Ollanta Humala ändern. "Es darf nicht sein, dass einige Peruaner keinen Schutz des Staates genießen", erklärte Humala. Mit Sonderermittlern in Balsapuerto und mobilen Eingreifteams soll der peruanische Staat nun auch für die Indigenas im Amazonas-Gebiet ein neues Gesicht bekommen.