viernes, 20 de mayo de 2011

Wie man in Peru Panik schürt



"Hugo Chávez bringt kleine Kinder um", mischt sich auf einmal die 8-jährige Leticia in das Gespräch ein, das ich mit ihren Eltern führe. Wir sprachen über die peruanischen Wahlen und dabei fiel der Name Ollanta Humalas, eines der Kandidaten. Worauf Leticia aufhörte, verträumt aus dem Fenster zu starren und Hugo Chávez ins Gespräch brachte. Denn das was der in Venezuela tut, nämlich Kinder umbringen, würde ihnen dann auch in Peru passieren, wenn Humala gewinnt. Wer ihr denn das gesagt habe, frage ich Leticia. "Unser Lehrer", antwortet Leticia. Leticia besucht eine englischsprachige, teure Privatschule, auf der die Kinder auf den globalen Wettbewerb vorbereitet werden sollen.

Was für die Deutschen ein Kernkraftwerk ist, das ist für die Peruaner Hugo Chávez: eine ungebändigte, destruktive Kraft, eine Katastrophe, die es unter absolut allen Mitteln abzuwenden gilt. So wie man ausserhalb Deutschlands kaum die Panik der Deutschen vor einem möglichen Kernkraftwerksunfall nachempfinden kann, so verstehe ich nicht, wie alle Peruanerinnen und Peruaner, ganz egal ob rechter oder linker Gesinnung, ihren abwägenden Intellekt abstellen und in Panik geraten, wenn nur der Name des venezolanischen Präsidenten fällt. Etwas ähnliches habe ich das letzte Mal vor 30 Jahren erlebt, als "der Russe" noch als Projektionsfläche für alles Böse der Welt herhalten musste.

Nun bin ich wahrlich keine Verteidigerin des venezolanischen Präsidenten: mit seinem Macho-Gehabe, seinem zunehmendem Autoritarismus, seinem polternden polarisierenden Stil und seinem Assistentialismus den er als lateinamerikanischen Sozialismus verkauft, hat er sich nicht nur meine sondern die Sympathien vieler Lateinamerikaner verscherzt. Der Stern des Hugo Chávez ist heute in Lateinamerika im Sinken. Dagegen strahlt der des Lula da Silva immer heller. Wer immer es in Lateinamerika als Politiker zu etwas bringen möchte, der stellt sich in die Nähe des Brasilianers.
Dennoch muss ich in Peru des öfteren Hugo Chávez verteidigen. Denn das, was hier als Panikmache über den Venezolaner gesagt wird, ist einfach falsch und volksverhetzend.

Der Linksnationalist Ollanta Humala wird von den meisten Medien des Landes in die Nähe von Hugo Chávez gerückt. Da kann sich Ollanta noch so viele blaue Anzüge anziehen und Krawatten umbinden, und sich mit noch so vielen Brasilianern umgeben, um als der peruanische Lula zu erscheinen. Die gegnerische Presse braucht nur zu sagen, dass Humalas Frau vor zwei Jahren mal ein Honorar von einer venezolanischen Tageszeitung erhalten hat, und jegliche "Lulisierung" wird zunichte gemacht.

Verrückt ist vor allem, weil die Fakten klar zeigen, dass Alberto Fujimori, der Vater der Kandidatin Keiko Fujimori, und Hugo Chávez sehr viel mehr gemeinsam haben, als die beiden Putschoffiziere Chávez und Humala. Als Chávez 1992 erstmals gegen Carlos Andrés Pérez putschte, fanden seine Mitstreiter Asyl im Peru Fujimori und des Montesinos. Vom Peruaner Fujimori hat sich Chávez auch abgeschaut, wie man das arme Volk zufrieden halten kann: indem man Lebensmittel verteilt. Und letztlich hat Fujimoris korrupter Chefberater Vladimiro Montesios in Venezuela Unterschlupf gefunden, als er vor 11 Jahren in einer Nacht- und Nebelaktion aus Peru flüchtete.
Unterschlagen werden auch Fakten wie die gross angelegten Meinungsumfragen des "Latinobarómetro", bei denen die Venezolaner bei fast allen Fragen nach wirtschaftlicher Zufriedenheit und Zufriedenheit mit der Demokratie besser abschneiden als die Peruaner. Das mag für viele, auch für mich, nicht nachvollziehbar sein, besagt aber, dass es einem Gutteil der Venezolaner im Chávez-Land anscheinend recht wohl ist.

Aufgrund dieser Fakten ist es geradezu absurd, dass die Tochter des Alberto Fujimori als das Allheilmittel gegen eine mögliche "Chavisierung" Perus dargestellt wird und Humala als der Zögling des Leibhaftigen (Chávez) persönlich.

Hugo Chávez ist Gift pur. Als die linksgerichtete Tageszeitung La República ein altes Foto ausgrub, auf dem die jugendliche Keiko Fujimori - dasmals First Lady ihres Präsidentenvaters - mit Hugo Chávez tanzte , sollen die Getreuen Fujimoris die Zeitung stapelweise aufgekauft haben, um ja nicht die engelhafte Keiko Fujimori in die Nähe des teuflischen Chávez zu bringen.

Warum aber funktioniert in Peru die Panikmache mit Hugo Chávez so gut ? Zwischen Peru und Venezuela liegen mehrere Länder, Tausende von Kilometern von Amazonas-Urwald und Andengebirge. Sie haben keine gemeinsamen Grenzen, haben nie gegeneinander Krieg geführt, die Kulturen der beiden Länder sind sehr verschieden. Irgendetwas in Hugo Chávez muss tiefliegende Ängste der Peruaner mobilisieren, sonst würde die Panikmache nicht funktionieren.
Dass die meisten peruanischen Medien bei dieser Volksverhetzung mitmachen, ist das Allertraurigste daran.

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