Platz für die schönen Weißen
Asia, Zielort der Rallye Dakar, steht für Rassismus in Peru
Von Hildegard Willer (KNA)
Lima (KNA)
Nur noch dem Namen nach hat die Rallye Paris-Dakar mit Afrika zu
tun. Dieses Jahr führt das Autorennen von Argentiniens Metropole Buenos
Aires nach Lima in Peru und endet in Asia. In diesem Fall ist nicht der Kontinent gemeint, sondern ein mondäner Badeort rund 100 Kilometer südlich der peruanischen
Hauptstadt. Dort wird am Sonntag entschieden, wer am schnellsten die
Querfeldein-Strecke über die Anden und die Wüste am Pazifik bewältigt
hat. Danach wird die Karawane im Korso für die Siegerehrung auf den
Hauptplatz von Lima fahren.Endstation des Rennens ist aber Asia. Für viele Peruaner ist der Badeort keineswegs ein Symbol des Motorsports, sondern steht für jenen Rassismus, der das Andenland bis heute prägt. Vor fast genau vier Jahren erlebte Asia eine Invasion besonderer Art: Am 28. Januar 2007 besetzten Hunderte junger Menschen den Strand und mischten sich unter die gut betuchten Badegäste. Gekleidet waren die Frauen in dunkelblauem Drillich, aus dem üblicherweise die Arbeitskleidung peruanischer Hausangestellter geschneidert ist.
Damit wollten sie dagegen protestieren, dass Bediensteten in Asia das Baden im Meer verboten wurde - und dies, obwohl alle Strände kraft Gesetz in Peru öffentlich zugänglich sein müssen. Hausangestellte werden in Asia nicht gern am Strand gesehen. Sie sollen unsichtbar bleiben, obwohl sie unentbehrlich sind. Ohne sie, die sich um die Kinder und den Haushalt kümmern, könnten sich wesentlich weniger Frauen und Männer dem lässigen Strandleben hingeben.
Die Strandkundgebung mit dem Namen "Operation mutige Hausangestellte" fand ein großes Medienecho. Die Bürger von Asia mussten ihre Baderegeln ändern. Seitdem dürfen auch Hausangestellte ihre Arbeitskluft aus- und den Bikini anziehen und die Pazifikwellen genießen.
Auch wenn diese Benachteiligung beseitigt ist. Der zugrundeliegende Rassismus im Land schwelt weiter. Die reichen Badegäste Asias sind meist weißer Hautfarbe, während die Dienstboten, so wie die Mehrheit aller Peruaner, indigene Vorfahren haben. "In den vergangenen vier Jahren hat sich Einiges getan in Sachen Diskriminierung", berichtet Wilfredo Ardito.
Der Anwalt, Vorkämpfer für die Gleichberechtigung von Menschen aller Hautfarben, verweist darauf, dass in jüngerer Zeit mehrere Gemeinden Verordnungen gegen ethnische Diskriminierung erlassen haben. Seitdem dürfen Lokale nicht mehr den Zugang wegen der Abstammung verwehren, und auch Stellenausschreibungen dürfen die Anforderung "gutes Aussehen" - eine peruanische Umschreibung für "weißhäutig" - nicht mehr verwenden.
Dennoch ist es ein langwieriges Unterfangen, Vorbehalte zu ändern. Eine jüngste Studie der renommierten Wirtschaftsuniversität "Universidad del Pacifico" brachte ans Licht, dass auf dem peruanischen Arbeitsmarkt ethnische Diskriminierung weiter an der Tagesordnung ist. Vor allem indigen aussehende Frauen haben es schwer, einen qualifizierten Job zu finden. Bis heute verdienen dunkelhäutige Peruaner 50 Prozent weniger als ihre helleren Landsleute.
Nach Meinung von Wilfredo Ardito fehlt eine aktive Antidiskriminierungspolitik in den einzelnen Abteilungen der peruanischen Behörden. Bislang werde kein Beamter dahingehend geschult, offenen oder verdeckten Rassismus aufzudecken und zu ahnden. "Der Rassismus bei uns ist zwar nicht mehr so offen, aber er wird von ganz vielen noch als normal, als natürlich angesehen", so Ardito.
Wenn am Sonntag staubbedeckte Autos und Motorräder samt ihren müden, hoffentlich unverletzten Fahrern den Strand von Asia belagern, werden auf den Pressebildern vor allem weißhäutige Peruaner zu sehen sein. Und alle werden das für ganz normal halten.
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