Ich glaube, es war der argentinische Chronist Martín Caparrós, der die Taxifahrer einst als den letzten Rekurs des mittelmässigen Journalisten bezeichnete. Sprich des Journalisten, der als einzige "Volkes Stimme" die des Taxifahrers vernimmt, der ihn vom Flughafen ins Luxushotel bringt. Mit anderen Worten: jede Journalistin, die etwas auf sich hält, sollte sich hüten, den Taxifahrer zu zitieren. Ich tue es dennoch. Denn die Taxifahrer in dieser Millionenstadt sind ein Grund, warum ich zurückgekehrt bin. Sie verlangen humane Preise, haben allen Langmut der Welt und sind unterhaltsamer als jede Telenovela.
Heute nahm ich gegen halb acht uhr abends ein Taxi in den weit entfernten Stadtteil Miraflores. Der erste Taxifahrer, den ich anhielt, ein älterer, rundlicher Mann, wollte nicht mit sich handeln lassen, wie es sonst üblich ist. Der Preis war aber vernünftig, und ich stieg ein. "Ach Senhorita, wenn Sie wüssten, wie ich diese Arbeit hasse", seufzte der Taxifahrer auf einmal. Seit 42 Jahren fahre er schon Taxi, und er hasse es; jeden Tag, von Sonntag bis Sonntag, sitze er 12 Stunden und mehr im Taxis. "Ich habe einfach keine anderen Talente", sagt er. Oder doch: "ein grosses Herz habe ich , ich kann niemandem böse sein". Dann erzäht er mir von seinem Missgeschick: vor zwei Jahren wurde ihm sein nagelneues Auto geklaut. Heute arbeitet er immer noch dafür, den Kredit abzubezahlen. 400 Dollar im Monat muss er noch ein Jahr lang dafür zusammenfahren.
Während wir im Feierabendstau stehen, erzählt er mir von seiner Frau, dass sie eine gute Ehe führten, dass sie aber etwas streng sei, dass sie schon 13 Operationen hinter sich habe, unter anderem eine Totaloperation, und dass er sie morgen zur Mammographie fahren wird.
Zwei Töchter hat er auch, sie sind sein ganzer Stolz. Weil das Geld nicht reichte, mussten sie mit dem Jurastudium aufhören, aber dafür hat die Älteste, eine 26-jährige, nun einen ernsthaften Heiratsanwärter gefunden. Einen Offizier. "Vor vier Wochen hat er mich ganz förmlich gefragt, ob er meine Tochter besuchen dürfe", und seitdem sind die beiden ein Paar.
Als wir endlich in Miraflores ankommen, kenne ich seine ganze Familiengeschichte, nur nicht seinen Namen. "Ach, wie ich diese Arbeit hasse", seufzt er nochmal, steckt meine 12 Soles ein und macht sich auf die Suche nach dem nächsten Kunden. Und ich bin immer noch gefangen von seiner Geschichte und es ist mir absolut egal, ob sie wahr ist oder nicht.
martes, 8 de febrero de 2011
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2 comentarios:
hola hildegard,
ni nombre es daniel. soy aleman y vivo aqui en lima ya por 8 anos. si quieres me pasas una llamada para intercambiar una historias. 999350039
saludos
dw
Über die mittelmäßigen Journalisten, die nur Taxifahrer zitieren, musste ich dann doch lachen. Auf meiner ersten Reise nach Lateinamerika habe ich dieses Prinzip auch angewandt, aber es ging tatsächlich auch um Taxifahrer und nicht die "Lage der Nation" ;)
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